Grappa 02 - Grappas Treibjagd
weit bin ich noch nicht. Würden Sie den Namen an Ihren Freund in Manila durchgeben? Und zwar schnell! Ich habe das Gefühl, dass bald etwas passiert, dass er durchdreht. Ich bin ihm jetzt seit Wochen auf den Fersen, und das hält er nicht mehr lange durch. Und er weiß, dass ich von seinen Reisen nach Asien erfahren habe.«
»Ich werde tun, was Sie sagen, aber ich hoffe trotzdem, dass Sie unrecht haben. Etwa 20.000 Mark hat er in den letzten drei Jahren gespendet! Das hat unserer Arbeit sehr geholfen … und nun war es vielleicht das dreckige Geld eines Verbrechers!«
»Wie können wir Ihren Freund, diesen Pater, so schnell wie möglich informieren?«
»Ich schicke ihm ein Telefax. Noch heute Nacht. Ich werde ihn um Eile bitten.«
»Ich danke Ihnen, Frau Gerner. Es tut mir leid, dass Sie so aufgeregt und enttäuscht sind. Aber vielleicht habe ich mich ja wirklich geirrt.«
Hoffentlich nicht, dachte ich. Dafür hatte ich den Kerl zu lange verfolgt. Ich lechzte nach einem Erfolg. Seit Wochen stocherte ich in einem Tümpel von Schmutz, Heuchelei und Gewalt – ohne den geringsten Treffer.
Endlich ein Volltreffer!
Pater Rico aus Manila musste 100 Dollar hinlegen, dann hatte er bekommen, wonach er gefragt hatte. Ein Vernehmungsprotokoll in englischer Sprache über einen Vorfall, der anderthalb Jahre zurücklag. Im Motel Olongapos hatte die Polizei, vermutlich um ein bisschen Geld von Touristen zu erpressen, einige Hotelzimmer geöffnet und einen Mann beim Geschlechtsverkehr mit einem zehnjährigen Mädchen namens Rosario erwischt.
Der Mann wurde sogar fotografiert, halbnackt, nur in ein Bettuch eingewickelt. Das Kind war als Prostituierte bekannt und wurde laufengelassen, der Mann vernommen. Um der Forderung nach einem ganz besonders hohen Bestechungsgeld Nachdruck zu verleihen, ließen ihn die Polizisten eine Nacht lang in einer kleinen, schmutzigen Zelle schmoren.
Auf Befragen lehnte es der Mann ab, die deutsche Botschaft zu informieren. Einen Tag später wurde er freigelassen. Über die Höhe des »Bußgeldes« stand in den Akten nichts, dafür aber der Name und die Nationalität. Der Name des deutschen Touristen war Dr. Christian Ellenbogen.
»Die 100 Dollar kriegt Ihr Freund wieder«, versprach ich Frau Gerner. Ich packte die Beweise in meine Tasche. Ich hatte ihn. Endlich.
»Was wollen Sie jetzt mit den Informationen tun?«, fragte Frau Gerner.
»Wenn ich das nur wüsste«, murmelte ich, »ich werde zuerst mit einem Kollegen beratschlagen, was zu tun ist. Am liebsten würde ich das ganze Zeug abfotografieren und morgen veröffentlichen. Aber dann türmt er vielleicht, der saubere Herr. Denn aus Fairness-Gründen müsste ich eine Stellungnahme bei ihm einholen, bevor ich es ins Blatt bringe. Schreiben werde ich darüber, das ist klar. Ich muss nur überlegen, wann und wie. Ich muss nachdenken.«
»Machen Sie, was Sie für richtig halten. Nur … erwähnen Sie meinen Namen nicht.«
Ich versprach es. Die wochenlange Treibjagd auf Ellenbogen zeigte endlich Erfolg. Vermutungen konnten nun durch handfeste Beweise ersetzt werden.
Pater Rico hatte das richtige Material beschafft. Das Polizeiprotokoll, eigenhändig unterschrieben von Ellenbogen, und sogar das Foto des festgenommenen deutschen Touristen. Die Fax-Qualität war zwar nicht sehr gut, doch er war eindeutig zu identifizieren. Jeder Blinde würde das erkennen!
Die 100 Dollar bekommt Pater Rico zurück und noch viel mehr, nahm ich mir vor, die Geschichte wird sich gut verkaufen lassen, und ich werde bei den Geiern der eigenen Zunft ordentlich abkassieren und das Geld nach Manila schicken.
Die Bombe wird gebastelt
Die Telefaxblätter machten Peter Jansen kurze Zeit später genauso viel Freude wie mir. Also waren wir schon zwei. Und wir würden dafür sorgen, dass sich diese Zahl erhöhen würde!
Morgen sollte die Bombe hochgehen, so hatten wir beschlossen. Warum noch warten? Ich tippte wie eine Bekloppte in den Computer. Ich musste an keiner Formulierung feilen, sie saßen alle wie eine Eins. Die passenden Metaphern, die juristisch unangreifbaren Wertungen und die knallharten Tatsachenbehauptungen flossen mir aus dem Kopf direkt ins Text-System. Der dramaturgische Aufbau der Story lag mir im Blut, die Spannungskurve saß stramm wie ein Flitzebogen, ich fühlte mich reif für alle Journalistenpreise dieser Welt. Und vor allen Dingen die Freude, Edles und Gutes zu tun, einem bösen Menschen das Handwerk zu legen und ihn für immer auszuschalten. Ich
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