Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grappa 02 - Grappas Treibjagd

Grappa 02 - Grappas Treibjagd

Titel: Grappa 02 - Grappas Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
Vom Netzwerk:
Dollar, ist wieder frei und kann weitermachen. In Manila gibt es Schlepper, die seit Jahren denselben Kundenstamm mit immer ›frischer Ware‹ beliefern. Und was aus der ›alten Ware‹ wird oder geworden ist – das weiß niemand, und es interessiert auch keinen.«
    »Aber die Philippinen sind ein katholisches Land mit einer demokratisch gewählten Regierung. Was macht die Kirche? Was macht die Politik?«
    »Natürlich gibt es dort auch Initiativen der Kirche. Und es gibt auch Gesetze. Im Strafgesetz der Philippinen ist sexueller Kontakt mit Kindern unter zwölf Jahren verboten. Ist das nicht zynisch? Bis zu 30 Jahre Haft kann es dafür geben. Aber – wird jemand erwischt, dann zahlt er Schmiergeld und kann das Land verlassen. Und bei der nächsten Reise ist alles vergessen.«
    Ich schüttelte ungläubig den Kopf. Das war mehr als organisierte Kriminalität, das war staatlich sanktionierte Menschenvernichtung. »Und noch nie ist ein Tourist vor Gericht gestellt und verurteilt worden?«
    »Doch – aber die meisten kommen leider davon. Ab und zu wird aus kosmetischen Gründen ein Exempel statuiert. Vor zwei Jahren, da gab es eine Verurteilung und zwar gleich zu lebenslanger Haft. Ein Zahnarzt aus Österreich hatte ein elfjähriges Mädchen mit einem Vibrator so gequält, dass es daran elend zugrunde ging. Der Mann sitzt noch heute in einem Gefängnis in Manila.«
    »Ein Arzt?«, fragte ich. »Also nicht nur ein Ferienhobby für Billigtouristen, denen der Missbrauch weißer Kinder zu gefährlich ist, und die deshalb lieber verreisen?«
    »Pädophile Gewalttäter gibt es in allen sozialen Schichten. Ob Studienräte, Richter oder Ärzte wie in dem erwähnten Fall – der einzige Unterschied besteht darin, dass sich die Akademiker nicht so schnell fassen lassen oder … dass sie vielleicht mehr Schmiergeld zahlen können.«
    »Und wenn jemand in Asien Kinder missbraucht und wieder nach Hause kommt? Kann er dann belangt werden?«
    »Ja. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen: Von einer befreundeten kirchlichen Organisation in Manila wurden uns vor zwei Jahren Fotos geschickt, auf denen ein Deutscher abgebildet war, der Analverkehr mit mehreren Jungen durchgeführt hatte. Er hatte die Bilder mit Selbstauslöser aufgenommen und musste flüchten, weil eine Razzia ihn überraschte. Den Film ließ er liegen und flog nach Hause. Als ich den Film sah, erkannte ich den Mann. Aber – das war wirklich nur reiner Zufall. Ich bin dann mit der Polizei zu ihm hingegangen. Er war Unternehmensberater. Wir zeigten ihm die Bilder, er brach zusammen und legte ein Geständnis ab. Ein Jahr Gefängnis hat er bekommen. Inzwischen führt er seine Firma weiter.«
    Ich blickte Frau Gerner an. Sie redete lebhaft und unterstrich ihre Worte mit ständigen Bewegungen ihrer Hände. Ich konnte mir kaum vorstellen, wie diese schmale, unscheinbare Frau vor einen renommierten Geschäftsmann trat und ihm ins Gesicht sagte, dass es aus sei mit dem bürgerlichen Leben und dem Versteckspiel. »Darf ich das, was Sie mir erzählt haben, in einem Artikel verwenden?«
    »Aber natürlich. Nur – stellen Sie bitte die Sache, um die es mir geht, in den Vordergrund und nicht mich. Ich mache meine Arbeit lieber ohne Aufsehen und ohne dass mich gleich jeder kennt.«
    »Das verstehe ich. Sie sind eine ganz außergewöhnliche Frau! Ich bewundere Sie! Warum machen Sie das?«
    »Ich habe ein kleines Mädchen, eine Adoptivtochter. Als ich in Manila war, um meine Freunde von der Kirche zu besuchen, brachte man die kleine Theresa gerade auf einer Bahre in die Unfallambulanz. Das Kind war misshandelt, zusammengeschlagen und vergewaltigt worden. Der jovial dicke weiße Mann, der sie in sein Hotelzimmer geschmuggelt hatte, hatte ihr das angetan. Die Hotelangestellten fanden sie am Morgen. Der Mann war Hals über Kopf abgereist. Theresa war schwer verletzt und verstört. Sie fing an zu schreien, wenn sich ihr jemand näherte. Ich kümmerte mich um sie und durfte sie dann mit nach Deutschland nehmen. Nach langen Wochen im Krankenhaus stellte ich einen Adoptionsantrag. Das ist die ganze Geschichte. Seitdem lässt mich dieses Thema nicht wieder los.«
    Sie lächelte und zeigte mir das Foto eines hübschen Mädchens mit sichtbar schiefer Nase.
    »Das Nasenbein war mehrfach gebrochen«, erklärte Anna Gerner, »die nächste Operation wird ihr helfen, so sagen die Arzte.«
    Ich trank die halbe Tasse Hagebuttentee aus. Kalt schmeckte er noch schlechter. Nun wollte ich zur Sache

Weitere Kostenlose Bücher