Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grappa 05 - Grappa faengt Feuer

Grappa 05 - Grappa faengt Feuer

Titel: Grappa 05 - Grappa faengt Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
Vom Netzwerk:
endlich gehen«, mischte sich Martha Maus ein.
    Sie hatte sich übernommen. Schwer prustend hing sie an Daphnes Arm. »Mein Asthma«, keuchte sie. Kondis hakte sie an der anderen Seite unter.
    Gerlinde von Vischering hatte dem munteren Dialog stumm gelauscht. Ihr Blick schweifte über die Berge. Sie sah einer Schwalbe nach, die blitzschnell Insekten aus der Luft griff.
    Jetzt kam wieder Bewegung in die Gruppe. Alfred Traunich schäkerte noch immer mit der Italienerin.
    »Alfred!«, brüllte seine Frau. Ich sah, wie er einen Zettel einsteckte und sich von der Italienerin verabschiedete. Bei uns angekommen, betitelte er seine Gattin als »Dämliche Kuh!« und blies ihr den Rauch seiner Zigarre ins Gesicht. Gerlinde von Vischering war sein nächstes Opfer. Er verwickelte sie geschickt in ein Gespräch über die Architektur von Baumärkten und Großmarkthallen. Die arme Frau ließ es über sich ergehen.
    »Den hätte ich längst abgemurkst«, murmelte ich in Richtung Almuth.
    »Er war nicht immer so«, meinte sie entschuldigend. In ihrem Blick war jedoch Hass. Mich fröstelte. In dieser Gruppe lief vieles nicht so, wie es sollte. Ich musste Stein für Stein umdrehen, um die Kröte darunter zu finden. Dabei wollte ich doch nur eine nette Radioreportage machen!
    Der Abstieg war rasch bewältigt. Noch immer kamen die Besucher in Scharen, das Brummen der Busse erfüllte die Luft. »Die lassen die Motoren laufen, damit die Klimaanlagen in Betrieb bleiben«, bemerkte Unbill senior. Auch in elektronischen Fragen kannte er sich bestens aus.
    Aris öffnete uns die Türen des Busses. Kühle Luft schlug uns entgegen. Ich stieg zuerst ein und ließ mich in den Sitz fallen. Meine Haut klebte an den Plastikteilen des Sitzes fest. Eine Niedergeschlagenheit ergriff mich. Ich spürte förmlich, wie das Unheil heraufzog. Da gab es Gefühlsregungen von Abneigung bis zum tödlichen Hass. Opfer und Täter nahmen langsam die ihnen zugedachten Rollen an.
    Daphne, Almuth Traunich, Ajax Unbill waren die Opfer. Waldemar Unbill und Alfred Traunich entwickelten dagegen Täterprofile. Jason Kondis war vermutlich beides. Martha Maus, Pater Benedikt und Gerlinde von Vischering hatten sich noch nicht entschieden.
    Kondis' Stimme holte mich in die Gegenwart zurück: »Wir fahren jetzt ins Hotel, machen uns frisch und gehen zum Mittagessen in eine kleine Taverne. Seien Sie bitte pünktlich um halb zwei im Foyer des Hotels.«

Ein Mittagsmahl mit Giftbeimischung
    Die griechische Küche ist vielseitig und gesund. Es gibt viel Gemüse und Obst, die Milchprodukte sind überaus köstlich. Griechischer Schafsmilchjoghurt, Yaourti probeio, ist das Allergrößte. Er wird in Tonschalen verkauft, hat eine dicke gelbliche Haut und lässt sich schneiden. Sein Aroma ist leicht säuerlich, der Geschmack nach fetter, sahniger Schafsmilch kümmert sich weder um rechts- oder linksdrehende Milchsäuren noch um Gelatinebeimischungen oder Fruchtaromen.
    Als beim Mittagessen meine Zunge darin lustwandelte, hatte ich noch nicht einmal Gewissensbisse ob meiner hemmungslosen Genusssucht. Ich frönte ihr mit halbgeschlossenen Augen.
    Die Sonne stand schon hoch über dem Pleistostal. Die Terrasse der Taverne war kühn über den Abgrund gebaut und zum Glück mit einer Sonnenmarkise versehen. Die Haut auf meinen Schultern kündigte mir den ersten Sonnenbrand dieser Reise an.
    An der gemauerten Seite des Freiluftrestaurants hing ein Vogelkäfig, in dem ein Distelfinkmännchen seine traurigen Bewegungsübungen machte. Von der rechten Stange auf die linke, umdrehen, von der linken auf die rechte, immer und immer wieder.
    Almuth Traunich stand vor dem kleinen Gefängnis und sah dem Vogel zu. Ich stand auf und ging zu ihr.
    »Sehen Sie«, meinte sie leise, und Mitleid war in ihrer Stimme, »die Füße des Vogels sind ganz wund vom Herumspringen im Käfig.«
    Jetzt sah ich es auch. Die Beinchen des zarten Distelfinks waren gerade mal zwei Millimeter stark, die dünne Haut der vier Zehen war gerötet und an einigen Stellen eingerissen. Die schwarzen Schwanzfedern waren angestoßen. Ich redete leise auf den Vogel ein. Seine Brust war hell, die Maske rot mit dunklen Augenringen.
    Das kleine Tier stoppte die närrischen Sprünge und klammerte sich am Käfiggitter fest. Der dreieckige Finkenschnabel öffnete sich, die schwarzen Augen waren blank. Er schaute nicht auf uns, sondern sein Blick schien sich in der Weite der Parnassos-Berge zu verlieren.
    »Carduelis carduelis!«, es war die Stimme

Weitere Kostenlose Bücher