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Grappa 05 - Grappa faengt Feuer

Grappa 05 - Grappa faengt Feuer

Titel: Grappa 05 - Grappa faengt Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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von Pater Benedikt. »Stieglitz oder Distelfink.«
    »Der arme Vogel. Warum lässt man ihn hier langsam sterben?« Almuth Traunich schaute den Gottesmann an, als erwarte sie von ihm eine endgültige Antwort.
    »Nun komm endlich zurück, du alte Heulsuse!«, bölkte Alfred Traunich über die Terrasse. »Dein Essen wird kalt!«
    Sie warf noch einen Blick auf den Vogel und gehorchte.
    »Eine zerstörte Ehe«, murmelte Pater Benedikt.
    »Sie sollte ihn in die Wüste schicken. 25 Jahre sind die beiden verheiratet. Ein Beweis dafür, dass Hass Menschen fester aneinander bindet als Liebe«, behauptete ich.
    »Hass hat seinen Ursprung in der Liebe. Doch diese Frau ist nicht dumm. Irgendwann wird sie sich befreien.«
    »Ihr Wort in Gottes Ohr, Pater«, wünschte ich.
    »Er hat mir schon oft sein Ohr geliehen, meine Liebe!«
    In diesem Augenblick sprang Daphne Laurenz vom Tisch auf und stürzte in Richtung Toilette. Irgendetwas war geschehen. Ich folgte ihr.
    Ich fand sie über das Waschbecken gebeugt. Sie würgte.
    »Daphne! Was ist mit Ihnen?« Ich umfasste ihre zuckenden Schultern und hielt sie fest.
    »Der Geruch!«, brach es aus ihr heraus.
    »Welcher Geruch?«
    »Die Minze. Über dem Lammragout. Ich kann diesen Geruch nicht mehr ertragen.« Sie begann zu schluchzen.
    »Sie sollten die Reise abbrechen und endlich zur Polizei gehen!«
    Sie schüttelte wild den Kopf. Ihre blonden Haare waren verschwitzt, ihre Hände zitterten, und sie war weiß wie ein Bettuch.
    »Daphne«, redete ich auf sie ein, »Sie sind krank! Wollen Sie noch zwei Wochen in diesem Zustand die fröhliche Reiseleiterin spielen?«
    Es hatte keinen Sinn. Ich wartete, bis sie sich das Gesicht gewaschen und sich gekämmt hatte.
    Als wir auf die Terrasse zurückkamen, spürte ich den prüfenden Blick von Kondis. Ich schaute schnell in eine andere Richtung.
    Ich kehrte zu meinem Platz zurück. Meine Nerven flatterten.
    Das Unheil schien aus dieser Reise nicht mehr verschwinden zu wollen. Lustlos stocherte ich in meiner Moussaka herum.
    Neben mir versuchte Ajax Unbill, mit der Gabel eine Olive zu erlegen. Immer wieder rutschte sie ihm unter den Zinken weg.
    Auch so ein Fall, dachte ich. Die penetrante Allmacht und Besserwisserei seines Vaters machten ihm zu schaffen. Sein Vater, der mal wieder neben ihm saß, stand auf in Richtung Toilette. Ich nutzte die Gelegenheit, Ajax Unbill zu einem Gespräch zu nötigen.
    »Was studieren Sie?«, fragte ich.
    Er schreckte auf. »Na… na… türlich Ar… Ar…chäologie«, kam es dann. Sein Kopf war in rote Farbe getaucht. Hastig trank er einen Schluck, so als hoffe er, sein Stottern ersäufen zu können.
    »Mich stört Ihr Sprachfehler nicht«, beruhigte ich ihn, »niemand ist perfekt. Je peinlicher es Ihnen ist, umso schlimmer wird es. Also ganz locker bleiben! Wohnen Sie noch zu Hause?«
    Er nickte, um nicht reden zu müssen.
    »Warum ist Ihre Mutter nicht mitgefahren?«
    »Mu… Mu… Mutter ist t… tot.«
    »Das tut mir leid.« Ich meinte es wirklich so. Meist werden Kinder mit kleinen Defiziten von ihren Müttern besonders geliebt, dachte ich. Meine burschikose Ansprache kam bei ihm an, denn er entspannte sich.
    »Haben Sie eine Freundin?«, wollte ich wissen.
    »Warum fragen Sie meinen Sohn aus?«, fragte eine scharfe Stimme hinter mir. Er gab sich noch nicht einmal Mühe, seinen Unwillen zu verbergen.
    »Ich frage niemanden aus. Wir führen nur ein kleines Gespräch zwischen Leuten, die das Schicksal zusammenschmiedet«, entgegnete ich.
    »Schicksal? Welches meinen Sie?«, wollte er wissen.
    Unbill zog den Stuhl zurück und setzte sich. Er griff zum Bier und trank. Schaum klebte an seinem Mund.
    »Das traurige Schicksal, eine Bildungsreise gebucht zu haben!«, erklärte ich.
    Unbill lachte. Jeder Lacher war wie ein Einschlag in eine Betonmauer. Mir lief ein Schauer den Rücken hinunter.
    »Warum sind Sie eigentlich hier?«, fragte ich. »Sie kennen die griechische Antike doch wie Ihre Westentasche. Warum haben Sie ausgerechnet diese Anfängerreise gebucht? Für Ihren Sohn ja wohl kaum, denn er erzählte mir gerade, dass er Archäologie studiert.«
    »Ich habe meine Gründe, und die sind den Ihren nicht unähnlich.«
    Er war eitel und wollte hofiert werden. So konnte ich ihn kriegen.
    »Das hört sich ja nach einem Geheimnis an«, flüsterte ich verstohlen. »Vielleicht können wir zusammenarbeiten. Ein Mann wie Sie, mit seinem umfassenden Wissen und seiner humanistischen Bildung, verdient in meiner Reportage

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