Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grappa 06 - Grappa und der Wolf

Grappa 06 - Grappa und der Wolf

Titel: Grappa 06 - Grappa und der Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
Vom Netzwerk:
leise.
    Es war wieder der unbekannte Mann.
    »Hallo«, begrüßte ich ihn, »nett, dass Sie noch mal anrufen. Haben Sie Lasotta eigentlich selbst umgebracht?«
    »So ist es.« Es klang kühl.
    »Sie stehen voll im Mittelpunkt des Geschehens«, sagte ich zu dem Mörder, »ich hoffe, Lasotta musste nicht extra sterben, weil Sie mir einen Gefallen tun wollten.«
    »Das war nicht der Hauptgrund für seinen Tod«, plauderte der Anrufer, »er musste sterben, weil er sich nicht an Vereinbarungen gehalten hat. Können Sie das verstehen?«
    »Eigentlich nicht. Um welche Dinge ging es denn?«
    Ein leises Lachen perlte durch die Muschel. Es klang nicht einmal unsympathisch. »Er war dem Rezept einer berühmten österreichischen Spezialität auf der Spur. Können Sie sich vorstellen, um was es sich da handeln könnte?«
    Todesmutig plapperte ich: »Um Sachertorten natürlich. Aber ich dachte immer, die kommen aus Moskau.«
    Der Anrufer schwieg für zwei oder drei Sekunden. Dann sagte die leise Stimme: »Der Tote im Wald war eine Warnung. Extra für Sie, Frau Grappa. Ich hoffe, Sie wissen zu würdigen, welche Umstände ich mir Ihretwegen gemacht habe.«
    »Also sind Sie wirklich der Mörder«, interpretierte ich seine Worte, »bis eben dachte ich noch, Sie machen einen Jux. Ich bekomme manchmal Anrufe von Leuten, die mit Dingen prahlen, die sie gern getan hätten. Meistens sind das arme Menschen mit schwachem Selbstbewusstsein, die im Leben alles verpasst haben.«
    »Halten Sie mich für so jemanden?« Der Mörder lächelte mit der Stimme.
    »Nein. Sie scheinen ein brutaler und skrupelloser Mensch zu sein. Erst schießen Sie Ihr Opfer in die Brust, und dann schneiden Sie dem armen Kerl noch ein Ohr ab. Warum tun Sie das?«
    »Aus purer Sentimentalität. Andere Leute nehmen von ihrem Arbeitsplatz einen Kugelschreiber mit nach Hause, noch andere ein Metallteil aus der Schlosserei, in der sie arbeiten. Ich brauche auch ein Souvenir von meiner Arbeit.«
    »Schöne Arbeit!«, meinte ich trocken. »Sie sind also ein Auftragskiller. Jemand, der für Geld mordet. Wie krank muss man eigentlich sein, um Leute abzumurksen?«
    »Mit Krankheit hat das überhaupt nichts zu tun«, belehrte er mich, »haben Sie sich noch nie den Tod eines anderen Menschen gewünscht? Vielen gefällt die Vorstellung vom Tod, nur den Gedanken an die Tat verabscheuen sie. Diesen Widerspruch habe ich überwunden.«
    »Sie sind ja ein echter Hobbypsychologe. Wie lange wollen Sie so weitermachen? Irgendwann geraten Sie an jemanden, der sich nicht so einfach umnieten lässt. Dann sind Sie dran. Jeder findet mal seinen Meister.«
    »Ich habe im Gegensatz zu den meisten Menschen einen Vorteil«, bekannte der Killer, »ich erhoffe nichts, ich fürchte nichts, also bin ich frei. So einfach ist das.«
    »Klingt gut, wenn's stimmt. Sagen Sie mir nur Bescheid, wenn ich Ihr nächstes Opfer bin. Damit ich mich drauf einstellen kann.«
    »Das brauche ich nicht zu tun. Sie haben von mir nichts zu befürchten. Ich vergaß von meinem Berufsethos zu sprechen. Keine Frauen, keine Kinder, keine Greise.«
    »Da hab ich ja Schwein gehabt.« Es sollte locker klingen, doch ich hatte einen Frosch im Hals.
    »Nicht unbedingt. Ich bin nicht der Einzige in dem Metier. In meiner Branche gibt es jede Menge Stümper, die alles machen, wofür sie Geld kriegen. Auch Frauen umbringen. Und sie vorher noch quälen.«
    Ich zuckte zusammen. »Tolle Aussichten. Und was soll dieser Anruf heute? Wollen Sie sich ein Lob für die gute Inszenierung abholen?«
    »Lassen Sie die Finger von der Sachertorte. Sie bekommt Ihnen nicht.«
    »Danke«, sagte ich, »ich mag sowieso keine Kalorienbomben. Ich werds mir überlegen.«
    »Überlegen Sie gut«, bat er, »und schnell. Auf Wiederhören – unser Gespräch hat mir viel Freude gemacht.«
    »Ich habe eine Schwäche für Auftragskiller«, bekannte ich, »da rinnt mir immer so ein Schauer den Rücken hinunter. Darauf fahre ich total ab.«
    »Das freut mich. Einen schönen Abend noch, und bleiben Sie nicht so lange auf.« Er lachte und legte auf.
    Ich ging zum Kühlschrank und holte ein Fläschchen Riesling heraus. Während ich die Hasche entkorkte, versuchte ich mir vorzustellen, wie dieser Mörder wohl aussah. Seine Stimme war ziemlich aufregend, kühl und sanft zugleich. Von wem bekam der Mann die Aufträge und sein Honorar?
    Eine halbe Stunde später hatte ich die Rieslingflasche geleert. Es war Zeit, mich flachzulegen. Ich hatte mir für morgen allerhand

Weitere Kostenlose Bücher