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Grappa 06 - Grappa und der Wolf

Grappa 06 - Grappa und der Wolf

Titel: Grappa 06 - Grappa und der Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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meinen Pumps auf dem lockeren Kiesweg nur mühsam vorwärts. Als ich am Parkplatz ankam, war der Rolls Royce verschwunden. Verdammtes Pech! Immerhin habe ich das Foto, tröstete ich mich, über meine Kontakte bei der Polizei würde ich den Halter des Wagens ermitteln können.
    Ich schleuderte die unbequemen Pumps von den Füßen und schlüpfte in meine flachen Slipper. Die Kostümjacke platzierte ich auf dem Beifahrersitz. Ich hatte sie nur angezogen, weil der enge Rock klemmte. Die nächste Diät warf ihre Schatten bereits auf mein freudloses Dasein.
    Die Rückfahrt verlief ohne Zwischenfälle. Morgen besuche ich Frau Lasotta, nahm ich mir vor. Irgendwo musste ich ja anfangen.
    In der Redaktion war alles wie immer. Chefredakteur WC Knall erklärte zwanzig Studenten und Studentinnen das A und O des aktuellen Zeitungsjournalismus, nachdem er einen Artikel über einen Kochwettbewerb auf der Bierstädter Spielbank ins Blatt befohlen hatte. Amadeus Viep war wieder mal frustriert. Auch heute hatte er sich mit einem eigenen Vorschlag nicht durchsetzen können und hatte die Kochorgie aufs Auge gedrückt bekommen. Er tat mir für einige Sekunden sehr leid.
    Der Bericht über die gelungene Grablegung von Hermann Lasotta war schnell geschrieben.
    Bierstadt trauert: Abschied von einem großen Mann stand da. Eigentlich ein bisschen übertrieben. Aber er war ja wirklich groß gewesen, schoss es mir durch den Kopf, mindestens 1,85 m.
    Pro forma fragte ich, ob ich noch etwas für das Tageblatt tun könnte. Als aus dem leeren Zimmer des Chefs vom Dienst keine spontane Antwort kam, machte ich mich auf den Weg nach Hause.
    Ich hatte gerade die Henna-Paste für die neue Haarfarbe angerührt und wollte das Eigelb in die Masse werfen, als das Telefon mal wieder klingelte.
    »Hallo, Frau Grappa«, begrüßte mich der Killer freundlich, »es war nett, Sie auf der Beerdigung zu sehen.«
    »Was?«, rief ich aus. »Sie waren da?«
    »Natürlich. Erst jetzt ist mein Werk vollendet.«
    »Machen Sie das bei allen Ihren Opfern?«
    »Nein, das ist nicht immer möglich. Manchmal bin ich verhindert oder muss plötzlich verreisen.« Er lachte leise.
    »Ich verstehe. Ihr Job frisst Sie auf. Wie wär's mit einer halben Stelle?«
    »Seien Sie nicht kindisch.« Er schien ärgerlich. »Meinen Job betreibe ich auf hohem Niveau. Ein professioneller Mord bereitet sich in der Stille des Herzens vor, wie ein bedeutendes Werk.«
    » Si, Maestro. Wie ein Gedicht oder eine Komposition?«
    »Ich wusste, dass Sie mich verstehen.«
    »Warum nennt man Sie eigentlich El Lobo?«
    »Ich merke, dass Sie Kontakt zur Polizei aufgenommen haben«, stellte er fest. »Nicht, dass ich Ihnen deshalb böse bin. Für den Namen kann ich nun wirklich nichts.«
    »Dann sagen Sie mir doch, warum Sie mich ständig anrufen. Was wollen Sie? Ein bisschen angeben mit Ihren Taten? Medienstar werden?« Ich hatte die Nase voll von dem Spiel.
    »Überschätzen Sie Ihre Rolle in dem Geschehen nicht«, riet er, »ich brauche keine Publizität, ganz im Gegenteil. Ich scheue die Öffentlichkeit, und das aus gutem Grund, wie Sie sich sicher vorstellen können. Aber es macht mir Spaß, mich mit jemandem auszutauschen.«
    »Wäre ein Psychiater da nicht geeigneter?«
    »Sie halten mich also tatsächlich für verrückt?« El Lobo lachte.
    »Man sollte Sie nicht Wolf nennen, sondern ›Hai‹. Sie schnappen zu wie eine tödliche Fressmaschine.«
    »Menschen fressen Haie häufiger als umgekehrt.« Da hatte er recht. Der Mann war nicht dumm.
    »Richten Sie Ihrem Kollegen doch bitte etwas aus«, forderte der Killer nach ein paar Sekunden des gegenseitigen Anschweigens, »er soll sich gut überlegen, wen er ungefragt filmt.«
    »Heißt das, dass Willi Sie heute Morgen auf dem Friedhof abgelichtet hat?« Ich jubelte innerlich.
    »Fast. Ich konnte mich gerade noch zur Seite drehen. Das nächste Mal werde ich nicht so gelassen reagieren.«
    »Warum erzählen Sie mir das? Sie wissen genau, dass die Polizei das Drehmaterial jetzt millimeterweise überprüfen lässt. Ich werde den Kommissar sofort anrufen.«
    »Sie sind eine Spielverderberin, Frau Grappa.« Warum nur war seine Stimme so sanft?
    »Ein Spiel, dessen Regeln ein anderer bestimmt, verderbe ich gern«, entgegnete ich. »War's das, oder kommt noch mehr?«
    »Das war's«, meinte er, »ach nein – da wäre doch noch was. Wenn Sie einen Lkw überholen, dann sollten Sie Ihre Geschwindigkeit erhöhen und nicht senken. Sie scheinen eine recht störrische

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