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Grappa 06 - Grappa und der Wolf

Grappa 06 - Grappa und der Wolf

Titel: Grappa 06 - Grappa und der Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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bekommen, müssen wir in Madrid noch einmal übernachten«, erklärte ich. »Ich kenne ein gemütliches Hotel in der Nähe des Flughafens. Die Zimmer sind zwar klein, aber das Restaurant ist spitze. Ich kann Tapas im Moment nicht mehr sehen. Heute Abend ist mir nach Lammkeule zumute.«
    »Du willst das Leben wohl noch genießen, bevor die Bombe fällt«, mutmaßte Rocky mit Grabesstimme. Das Wissen um die Konsistenz der Sachertorte hatte ihm die Petersilie verhagelt. Ich hatte ihn nicht für so sensibel gehalten.
    Ich bog auf einen Autobahnrastplatz ab, suchte einen Parkplatz weit weg vom Restaurant und stoppte. »Lass uns endlich sehen, was in dem Briefkasten war.«
    Rocky reichte mir die eine Hälfte der Post, ich öffnete die Umschläge. Auf den ersten Blick war's ein voller Flop. Rechnungen und Bestellungen.
    »Was heißt articulos de piel? «
    »Lederzeugs«, antwortete Rocky. »Spanien exportiert Lederartikel in alle Welt. Bei mir sind auch nur Rechnungen oder Bestellungen. Hier … das könnte interessant sein!«
    Er reichte mir einen Umschlag, auf dem ein Foto lag. Es zeigte einen Mann mit grau meliertem Haar, außergewöhnlich prägnanten Gesichtszügen und dunklen Samtaugen.
    »Irgendwoher kenn ich den Typ«, grübelte Rocky, »aber mir fällt's nicht ein.«
    »Ich kann dir sagen, wer das ist«, sagte ich mit belegter Stimme, »der Mann heißt Max Lidor, ist Literaturprofessor und sitzt im Rollstuhl.«
    »Woher weißt du das?«
    »Er hat im Flugzeug neben mir gesessen. Ich habe nett mit ihm geplaudert.«
    »Genau! Jetzt weiß ich wieder! Der BKA-Bulle hat seine Papiere kontrolliert! Wie kommt sein Foto in den Briefkasten von Puerta del Sol? «
    »Das würde ich auch gern wissen.«
    Ich drehte das Foto um. Max Lidor stand dort in Druckbuchstaben und darunter eine Zahl: 50.000 $.
    Mir wurde heiß. In meinem Kopf verknüpfte ich einige Fäden miteinander.
    »Was hast du?«, fragte Rocky. »Du guckst so komisch.«
    »Sie wollen Max Lidor umbringen. Und der Killer kriegt 50.000 Dollar dafür.«
    »Und warum?«
    »Irgendwie hängt er mit drin«, versuchte ich zu erklären. »Ich weiß nicht wie, aber ich werde es rauskriegen.«
    »Der Mann kann noch nicht mal laufen!«
    »Und wenn schon? Intelligenz kann für manche Leute gefährlicher sein als intakte Beine. Zum Glück kann der Killer seinen Auftrag nicht ausführen, weil wir das Bild haben. Max Lidor hat also noch einen kleinen Aufschub.«
    »Wir müssen ihn warnen!«
    »Daran habe ich auch schon gedacht. Doch – ich kenne seine Adresse nicht. Er hält sich irgendwo im Gebirge auf, in den Sierra de Gredos, in einem Haus. Er macht Urlaub. Mit seiner Familie. Wenn alles stimmt, was er mir während des Fluges erzählt hat.«
    Meine Hände zitterten, als ich den Wagen vom Parkplatz lenkte und ihn in den Autostrom einfädelte. Endlich wusste ich, wer El Lobo war.

Wolf und Lamm
    Die Maschine, die abends ab Madrid nach Düsseldorf flog, war ausgebucht. Wir kamen in dem kleinen Hotel unter und nutzten den letzten Abend zu einem fürstlichen Mahl, ganz wie ich es geplant hatte. Die Spanier verstehen die exzellente Zubereitung von Lamm. In guten Restaurants gibt es Backöfen aus Stein, die mit Holzkohle vorgeheizt werden. Das Stück vom Lamm – meist Schulter oder Keule – braucht dann nur noch gewürzt und hineingeschoben werden, nachdem die Holzkohle ausgeräumt worden ist. Das Ergebnis ist sensationell.
    Das Fleisch war so zart, dass es von den Knochen fiel. Dazu Weißbrot und Tomatensalat mit dicken weißen Bohnen. Klar, dass über dem Ganzen eine Wolke von Knoblauch schwebte. Der rote Rioja war süffig mit jenem eigenartigen Holzton, der je nach Qualität des Weines im Gaumen kratzt oder ihn liebevoll streichelt.
    »Wie soll es jetzt weitergehen?«, unterbrach Rocky meine Gedanken. Er hatte sich ein mächtiges Stück Lamm auf seinen Teller geladen und kaute voller Inbrunst. Nach jedem Bissen nahm er einen Schluck Wein, spülte sich den Mund damit aus und schluckte alles runter. Ich konnte mich kaum von dem grauenvollen Anblick, jenseits aller bürgerlichen Tischsitten, losreißen.
    »Die Sachertorte ist in Bierstadt«, antwortete ich, »und irgendwann wird sie auf Reisen gehen. Hilfe ohne Grenzen hängt da mit drin. Mir bleibt nichts anderes übrig, als meine Informationen ans Bundeskriminalamt weiterzugeben.«
    »Und was willst du erzählen?« Rocky leerte das Glas, schenkte sich ein neues ein und holte sich das nächste Stück Lamm von der Platte.
    »Dass die

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