Grappa 06 - Grappa und der Wolf
So wäscht man Geld blütenrein. Die klassische Methode! Leider hab ich noch nicht rausgekriegt, wem die Sotrans gehört, aber ich arbeite dran. Wann kommt dein Artikel? Ich habe heute eigentlich damit gerechnet. Wir müssen die Sache auf kleiner Flamme am Kochen halten.«
Ich überlegte. Ein bisschen was würde ich schreiben können, um das Interesse der Öffentlichkeit an dem Fall aufrecht zu erhalten. Auch wenn noch nicht viel passiert war, im Aufbauschen war ich nicht schlecht.
»Ich muss gleich zum grauen Haus«, berichtete ich, »wenn da alles glatt läuft, schreibe ich dir ein paar Zeilen. Im Hotel gibt es einen Modem-Anschluss für meinen Laptop. Wir müssen die Typen so durcheinanderwirbeln, dass sie Fehler machen.«
»Sei vorsichtig, Grappa«, bat Jansen, »die Kerle kennen keinen Spaß. Ich kann dich nicht aus Spanien rausholen. Wie klappt's eigentlich mit deinem Bodyguard? Taugt er was?«
»Kann ich noch nicht sagen. Meinen Koffer trage ich selbst, weil er einen Hexenschuss hat, Autofahren kann er auch nicht – die Anzeige in unserem Blatt war also ein voller Erfolg!«
»Du hast aber auch immer Pech mit Männern«, lachte er, »ich hätte dir ein erotisches Abenteuer mit einem knackigen Schwarzenegger-Verschnitt gegönnt! Sex, Gefahr, Sonne und Abenteuer. Das ist doch ein Cocktail, an dem du gerne mal nippst?«
»Schön, dass du dir Sorgen um mein Gefühlsleben machst«, entgegnete ich trocken, »ich habe den Männern ein für alle Mal abgeschworen. Der Aufwand lohnt nicht. Vielleicht ist es auch nur das fortschreitende Alter, das mich weise gemacht hat. Und sonst? Wie läuft's in der Redaktion?«
»Prächtig. WC Knall moderiert seit neuestem eine Fernsehsendung für den WDR. Gegen Honorar natürlich. Das hindert ihn daran, sich ins Blatt einzumischen.«
»Die Öffentlich-Rechtlichen lassen auch keine Chance verstreichen, ihr Programm am Zuschauer vorbei zu gestalten. Wann kriegt Knall denn eigentlich den Bundesnebenverdienstorden?«
Jansen prustete los. »Kann nicht mehr lange dauern. Seinen Beratervertrag mit der Brauerei hat er verlängert, bei der Stadtsparkasse ist er auch gut im Geschäft, von den Jubiläumsveranstaltungen, auf denen er auftritt, ganz zu schweigen. Da klingelt's in der Kasse!«
»Und wie geht es dir?«
»Wenn du wissen willst, ob ich wieder rückfällig geworden bin, dann kann ich mit einem klaren Nein, antworten.«
»Prima. Du siehst, mit etwas gutem Willen und Durchhaltevermögen lässt sich viel schaffen.«
Jansen schwieg ein paar Augenblicke. »Deine unglaubliche Sensibilität, mit schwierigen Problemen umzugehen, hat mich schon immer fasziniert, Grappa. Ich danke dir herzlich für deinen Zuspruch.«
»Hab ich was Falsches gesagt?« Ich war verdutzt.
»Nein, Grappa. Du doch nicht!« Es klang ironisch. »Und jetzt mach dich an die Arbeit. Mit den rustikalen Dingen des Lebens wirst du besser fertig. Ich warte auf deinen Artikel.«
Der Postmann kommt
Rocky postierte sich vor dem grauen Haus an der Eingangstür. Sie war nur angelehnt. Ich war hinterrücks über den verwilderten Garten in das Gebäude eingestiegen. Wir hatten vereinbart, dass Rocky zweimal die Autohupe drücken sollte, falls sich Stäubli nähern würde.
Und so stand ich mit beiden Beinen in dem Papiermüll hinter dem Treppenaufgang und verbarg mich. Den Briefkastenschlüssel hielt ich in der Hand.
Zum Glück arbeiten die spanischen Briefträger genauso gewissenhaft wie ihre deutschen Kollegen – sie sehen zu, dass sie möglichst schnell mit dem Austragen der Post fertig sind. Die Tür wurde aufgedrückt, ich lugte um die Ecke. Der Postmann steckte einiges an Papier in den Kasten der Firma Puerta del Sol – Im- und Export. So schnell wie er aufgetaucht war, verschwand er wieder. Die Tür fiel zu, dann herrschte wieder Stille im Hausflur.
Auf Zehenspitzen tapste ich zum Kasten, steckte den Schüssel ins Schloss und griff zu. Da hörte ich über mir ein Geräusch. Es war ein Treppenknarren. Mit dem Bündel Post in der rechten Hand stolperte ich zur Hintertür. Nichts wie weg!
Ich sah einen Schatten in meinem Rücken, der im Halbdunkel des Flures näher kam. Meine Hand öffnete sich, und die Briefumschläge samt Schlüssel fielen zu Boden zwischen den Müll und die Plastiktüten unter dem Treppenaufgang. Jemand griff meine Schulter und drehte mich zu sich um. »Adelante, Señora!«
Die Stimme von Urs Stäubli ließ keinen Widerspruch zu.
»Perdone«, stammelte ich, »conoce usted la ciudad?
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