Grappa 07 - Killt Grappa
gefunden haben«, stellte ich klar. »Doch ich werde alles tun, um ihre Unschuld zu beweisen – wenn sie wirklich unschuldig ist.«
»Sie ist es, glauben Sie mir!« Else Ambrosius' Ton war flehentlich, sie hatte die beherrschte Maske fallen lassen.
»Ich kenne Eva wie meine Schwester. Sie kann niemandem etwas tun und schon gar nicht auf diese Art.« Frau Ambrosius hatte meinen Arm gepackt und fast wild auf mich eingeredet.
»Schön, eine treue Freundin wie Sie zu haben«, meinte ich mild. »Kennen Sie sich schon lange?«
»Wir waren zusammen auf einer Mannequin-Schule«, erzählte sie. »Eva hat Karriere gemacht, ich bin ins Rotlicht-Milieu abgerutscht. War anschaffen. Sie hat mich da rausgeholt. Das ist aber eine andere Geschichte.«
»Haben Sie einen Verdacht, wer Grid ermordet hat?«
»Vielleicht ein Racheakt.«
»Rache? Wieso?«
»Grid hat mehrere Operationen verpfuscht. Eva sagte mir, dass einige Kunstfehlerprozesse gegen ihn laufen würden. Mehr wusste sie auch nicht. Er soll auch Verhältnisse mit seinen Patientinnen gehabt haben.«
»Das war ein wertvoller Tipp«, murmelte ich. »Und jetzt will ich wissen, wo ich Eva finden kann! Haben Sie denn überhaupt keinen Anhaltspunkt?«
»Kommen Sie!« Else Ambrosius erhob sich. Turkey und ich folgten.
Wir gingen in den ersten Stock des Hauses. Else Ambrosius drückte eine Tür auf: »Das ist Evas Reich!«
Ich gab Turkey ein Zeichen. Er verstand und machte die Kamera schussbereit. »Sie haben doch nichts dagegen, wenn wir ein paar Bilder machen?«, fragte ich schnell.
Da keine abschlägige Antwort kam, begann Turkey mit seiner Arbeit. Das Zimmer hatte etwas Kleinmädchenhaftes an sich. Alles war in pastellenen Farben gehalten, unwirklich, filigran und heiter. Die Fensterbank quoll über von Grünzeug, Fotos von Evas Modelkarriere hingen an der Wand. Turkey knipste: Eva als Vamp, Eva im Hochzeitskleid, im Badeanzug und in Unterwäsche. Selbst mit schwarzen Strapsen und knappem BH wirkte sie weniger verrucht als ihre Freundin Else es im Wintermantel getan hätte.
»Eine schöne Frau«, stellte ich fest.
»Schauen Sie, hier könnte sie sein.« Else Ambrosius deutete auf ein Foto, das an den Frisierspiegel geklebt war.
Es zeigte einen alten Bauernhof, der von vielen Birken umgeben war. Das Haus war mächtig, der rote Backstein und die schwarzen Stützbalken harmonierten mit dem blauen Himmel und den zerrissenen Wolken im Hintergrund. In dem großen Eingangstor war die verschwommene Gestalt eines Mannes zu erkennen.
»Wo liegt dieser Hof?«
»Ich weiß nicht.«
»Wissen Sie es nicht, oder wollen Sie es nicht sagen?«, ließ ich nicht locker.
»Mir geht zu viel im Kopf herum«, behauptete die Hausdame, »lassen Sie mir ein bisschen Zeit. Ich muss über all das nachdenken.«
»Der Mann? Wer ist er?«
»Ihm gehört das Anwesen. Ich weiß nur, dass dieser Hof für Eva eine Art Zuflucht ist.«
»Sein Name?« Ich war das Fragespiel leid.
»Ich kann Ihnen nicht helfen«, behauptete Else. »Noch nicht.«
»Wie Sie meinen. Darf ich das Foto haben?«
Else Ambrosius zögerte.
»Frau Ambrosius«, versuchte ich sie zu überzeugen, »ich will Eva helfen! Sie können Vertrauen zu mir haben!«
»Na gut.« Mit spitzen Fingern löste sie das Foto vom Spiegel und reichte es mir. »Aber Sie müssen selbst herausbekommen, wo der Hof ist. Eva würde mir nie verzeihen, wenn ich ...« Gram verschleierte ihren Blick. Schmierentheater, dachte ich.
»Machen Sie sich keine Sorgen«, tröstete ich sie. Ihr Blick war noch immer voller Qual. »Wir schaukeln das Kind schon. Können wir jetzt noch einen Blick ins eheliche Schlafzimmer werfen?«
Sie nickte, ging los, und wir folgten ihr. In dem großen Zimmer, das im hinteren Teil der Villa lag, standen die Fenster sperrangelweit offen.
»Der Blutgeruch«, erklärte Else Ambrosius. »Unerträglich, dieser süßliche Duft. Ich musste mit einem scharfen Putzmittel ran.«
Das Bett war bereits abgezogen worden, die Matratzen entsorgt, nichts deutete mehr auf ein Blutbad hin.
»Das Foto kannst du dir sparen, Turkey«, meinte ich. »Hier gibt es nichts, was die Fantasie unserer geneigten Leserschaft noch zusätzlich anregen könnte.«
Else Ambrosius schloss die Fenster.
»Was haben Sie eigentlich gedacht, als Sie Dr. Grid in seinem Blut fanden?«, wollte ich wissen.
Sie hielt meinem Blick stand. »Das kann ich Ihnen sagen. Mein erster Gedanke war: Gut, dass das Schwein tot ist. Dann habe ich einen Lachkrampf bekommen.«
Auf
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