Grappa 07 - Killt Grappa
rabenschwarzer Kurzhaarfrisur und großer Oberweite. Ein Domina-Typ. Turkey wurde ganz zappelig. Er hatte wohl ein mittelalterliches Pflegetier mit Dutt und weißer Rüschenschürze erwartet – genau wie ich.
»Kommen Sie bitte ins Haus.« Ihre Stimme passte zum Aussehen, sie war samtig und rau zugleich. Die ausladenden Hüften schwebten vor uns in die gute Stube.
»Sie sehen gar nicht wie eine Haushälterin aus«, entfuhr es mir.
»Ich weiß«, lächelte Else. »Ich bin auch eher eine Freundin – der Ehefrau und nicht des Hausherrn. Damit das klar ist. Darf ich Ihnen etwas anbieten?«
»Einen Kaffee, wenn Sie haben?«
»Und der junge Mann?« Sie warf die Augen auf Turkey, der unruhig auf dem Sofa hin und her rutschte. In seinen Mundwinkeln hatte sich Speichel gebildet.
»Auch Kaffee«, krächzte er. Else dampfte auf ihren Stöckeln in die Küche ab. Turkey starrte ihr nach. Er hatte feuchte Lippen.
»Nun reiß dich zusammen und mach nicht solche Stielaugen«, fuhr ich ihn an. »Du bist hier in keiner Sado-Maso-Bude, sondern in einer großbürgerlichen Villa. Wenn du von ihr ausgepeitscht werden willst, dann lass dir einen Termin nach Feierabend geben.«
»Du bist ein verdammtes Ekel, Grappa!«, blaffte er zurück. Er bekam einen roten Kopf, doch meine Predigt hatte geholfen. Als Else Ambrosius mit zwei Porzellantässchen zurückkehrte, hatte sich Turkey wieder entspannt.
»Also, wo fangen wir an?«, lächelte die schöne Else. Sie platzierte sich neben Turkey auf das Sofa, die langen Beine mit den dunklen Strümpfen weit nach vorne gestreckt und übereinandergeschlagen. Mit der linken Fußspitze berührte sie Turkeys Hosenbein. Der fing schon wieder an zu zappeln. Ich warf ihm einen warnenden Blick zu.
»Wie war die Ehe der Grids?«, begann ich.
»Sie stand kurz vor dem Ende. Eva wollte sich endlich scheiden lassen. Sie war seine Gewalttätigkeiten leid, seine Affären, seine Beleidigungen. Warten Sie, ich zeige Ihnen was!«
Else Ambrosius sprang auf, ging zu einem Nussbaumsekretär und holte etwas aus der Schublade. »Da! Sehen Sie selbst!«
Ich blickte auf die Fotos in meinen Händen. Auf ihnen war der Oberkörper einer Frau zu sehen, nackt, über und über mit Wunden und Hämatomen übersät. Das rechte Auge war zugequollen, die Lippen aufgerissen und durch verkrustetes Blut entstellt.
»Eva Grid?«, fragte ich.
Else Ambrosius nickte.
»Wer hat die Fotos gemacht?«
»Das war ich. Eva durfte nie zum Arzt gehen, er hat sie selbst behandelt.«
»Weiß die Polizei davon?«
»Sicher.« Else lachte heftig auf und warf den Kopf in den Nacken. »Ein prima Motiv für einen Mord – hat einer der Beamten gesagt.«
»Wann haben Sie Eva Grid zum letzten Mal gesehen?«
»Am Abend vor dem Mord. Sie hat das Haus verlassen – gegen 20 Uhr. Oktavio ist erst zwischen zwei und vier Uhr morgens umgebracht worden. Sie kann es also nicht gewesen sein.«
»Und wenn sie noch mal zurückgekommen ist, um sich zu rächen? Sie wohnen doch nicht in diesem Haus, können also nicht definitiv sagen, dass Frau Grid nicht wiedergekommen ist.«
»Woher wissen Sie das?«
»Von der Staatsanwaltschaft. Sie hat es auf der Pressekonferenz mitgeteilt.«
»Sie ist nicht zurückgekommen – da bin ich sicher. Er hat sie aus dem Haus geworfen. Es war nicht das erste Mal.«
»Aber sie ist doch immer wieder zu ihm zurückgekehrt«, wandte ich ein, »also kann es ja wohl nicht so schlimm gewesen sein, oder?«
Else Ambrosius zog die Stirn kraus. »Eva ist ein bisschen labil«, gab sie zu. »Sie hat sich zwar immer wieder vorgenommen, Grid endgültig zu verlassen, doch er hat sie genauso oft mit Versprechungen wieder herumgekriegt. Aber in der letzten Zeit schien sie entschlossen, ihn wirklich zu verlassen.«
»Und wo könnte sie an dem Mordabend hingegangen sein?« Ich hob die Porzellantasse und wartete ab.
»Ich habe keine Ahnung.«
Ich nahm einen Schluck Kaffee und sagte dann: »Das glaube ich Ihnen nicht. Sie sind Ihre beste Freundin.«
Wir schwiegen eine Weile. Turkey hatte sich in das äußerste Eck des Sofas gedrückt, als fürchte er, von den heißen Schenkeln der Ambrosius verbrannt zu werden.
»Ich habe wenigstens eine vage Ahnung, wo Eva jetzt sein könnte«, räumte die Hausdame ein. »Aber ich muss sicher sein, dass Sie Eva helfen wollen. Kann ich das?«
»Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort.«
»An diesem Satz sind schon manche erstickt«, sagte sie rau.
»Natürlich muss sich Eva der Polizei stellen, wenn wir sie
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