Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grappa 10 - Zu bunt für Grappa

Grappa 10 - Zu bunt für Grappa

Titel: Grappa 10 - Zu bunt für Grappa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
Vom Netzwerk:
du Stenzel umgebracht und Kolatschke und seine Frau in den Selbstmord getrieben. Er behauptet, dass du das Van-Gogh-Bild stehlen willst, um die Millionen einzustecken.«
    Antonio Cortez lachte auf. »So ein Blödsinn! Und wem glaubst du?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte ich traurig. »Sag mir, wo das Bild ist, zeig es mir und lass mich meine Story schreiben. Dann sehen wir weiter.«
    »Du vertraust mir also nicht?«
    »Nein.«
    »Schade.«
    Schweigend schlenderten wir nebeneinander her. Er war wieder ein Fremder für mich, den es zu beobachten und zu bekämpfen galt.
    Wie gern hätte ich ihm vertraut, mich bedingungslos auf ihn eingelassen. Doch da war bei mir immer dieser verdammte Stachel, dass es so etwas wie grenzenloses Vertrauen nicht geben kann in dieser hohlen Welt, in der jeder nur den eigenen Vorteil sucht, nur danach trachtet, den anderen auszutricksen, um ihn für den Rest seines Lebens fertig zu machen.
    »Bevor dich jemand verletzt, ergreifst du lieber die Flucht, nicht wahr?«, fragte Cortez.
    Ich wollte nicht zugeben, dass er damit den Nagel auf den Kopf getroffen hatte, und bemerkte: »Wir haben eine geschäftliche Beziehung – etwas anderes interessiert mich nicht mehr. Wann kann ich das Bild sehen?«
    »Ich werde mich bald bei dir melden«, sagte Cortez kühl. »A bientôt.«
    Er ließ mich stehen, lief in eine andere Richtung, sah sich nicht mehr um.

Die Zypressen beschäftigen mich dauernd, ich möchte so was Ähnliches wie die Sonnenblumenbilder daraus machen, denn es wundert mich, dass man sie noch nicht gemalt hat, wie ich sie sehe. In den Linien und in den Proportionen sind sie schön wie ein ägyptischer Obelisk. Und das Grün ist ein so ganz besonders feiner Ton. Es ist der schwarze Fleck in einer sonnenbeschienenen Landschaft, aber es ist einer der interessantesten schwarzen Töne, doch ich kann mir keinen denken, der schwieriger zu treffen wäre. Man muss die Zypressen hier gegen das Blau sehen, in dem Blau, richtiger gesagt.
    Sternennacht
    Ein schreckliches Gefühl der Einsamkeit befiel mich auf der Rückfahrt von Arles nach Saignon. Die ewige Sonne ging mir auf die Nerven, die Hitze erschien mir unerträglich stark, der Wind zu läppisch, die Landschaft zu kitschig.
    Erst als ich ein gelbes Weizenfeld mit Zypressen sah, atmete ich wieder auf. Das dunkle Grün der schlanken Bäume – van Gogh hatte sie häufig mit wild flackernden Pinselstrichen gemalt – brachte Hoffnung auf erlösende Kühle.
    Ich stellte mein Auto am Straßenrand ab und stieg aus. Die Zypressengruppe war etwa fünfhundert Meter entfernt. Ich wollte mich unter ihr niederlassen, ein wenig entspannen, nachdenken, meinen Gedanken nachhängen.
    Vincent war fasziniert von diesen immergrünen Pflanzen, sah in ihnen bloße Natur, vitales Wachstum und immer währende Bewegung.
    Für mich waren sie Metapher für den Süden und seine Leichtigkeit. Ich dachte an das Bild Die Sternennacht : Da war eine Zypresse im Vordergrund, dahinter ein Dorf kurz vor der Nachtruhe, über ihm ein Himmel, an dem sich ein regelrechtes Drama abspielte. Zwei wilde Spiralnebel vereinigten sich, riesenhaft vergrößerte Sterne durchbrachen mit ihrem Licht den dunklen Himmel, ein mystischer, orangefarbener Mond wand sich am Rand des Bildes, ein breites Lichtband trennte schließlich den Schatten der Hügel vom aufgebrachten Himmel.
    Jetzt stand ich unter solchen Bäumen. Hier war es erfrischend kühl, das Licht gedämpft. Ich nahm die Sonnenbrille ab, ließ mich unter den Baum fallen und schloss die Augen. Wie lange ich da vor mich hindöste – ich weiß es nicht.
    Das Klingeln meines Handys riss mich aus den Gedanken.
    »Ja?« Es war Cortez.
    »Où es-tu?«, fragte er atemlos.
    »Auf irgendeiner Straße«, antwortete ich.
    »Tu es toute seule?«
    »Sicher. Wer sollte denn bei mir sein?« Ich verstand seine aufgeregte Stimme nicht.
    »Maria! Hör mir genau zu. Stell dein Auto irgendwo ab und verstecke dich. Der Wagen aus Arles verfolgt dich.«
    »Wieso?« Meine Leitung war nicht eben kurz.
    »Tu, was ich dir sage.«
    »Ich hab den Wagen bereits geparkt. Er steht an der Straße. Ich gehe gerade spazieren.«
    Ich blickte zu dem Fahrzeug hin. Es stand dort völlig allein und glänzte in der Sonne. Ab und zu fuhr ein Wagen vorbei und verschwand wieder.
    »C'est bien«, hörte ich Cortez sagen. »Wo bist du genau?«
    »Irgendwo hinter St. Rémy auf der N 99.«
    »Ich schicke dir einen Polizeiwagen vorbei. Fahr auf keinen Fall weiter. Ne bouge pas! Hast

Weitere Kostenlose Bücher