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Grappa 10 - Zu bunt für Grappa

Grappa 10 - Zu bunt für Grappa

Titel: Grappa 10 - Zu bunt für Grappa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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mich. »Für eine Frau schon. So – ab jetzt geht's bergauf.«
    In der Tat. Hinter dem Dorf waren Stufen und verfallene Häuser an den Berg geklebt. Fast alle Gebäude schienen verlassen. In den kompliziert angelegten Gärten hatten Unkräuter alle Schmuckblumen überwuchert – sogar den Lavendel, für den es aber auch hier nicht sonnig genug gewesen wäre.
    »Wo sind wir hier?« Es war wie der Aufstieg zu einem Dornröschenschloss, in dem Hunderte von Jahren die Zeit stehen geblieben war.
    »Der Ort heißt Oppède-le-Vieux«, erklärte Cortez. »Ein ungewöhnliches Dorf – aber ich mag es sehr. Es hat in seinem Rücken nur Wald und Felsen und es öffnet sich zum Norden hin – also genau in die Richtung, aus der der Mistral bläst. Es scheint so, als hätten die Bewohner den Naturgewalten trotzen wollen.«
    »Ist wohl doch schief gegangen. Alle Häuser sind verlassen und sie verfallen langsam.«
    Ich deutete auf das Mauerwerk, das sich über mir erhob. Steile Treppen führten zu den Gebäuden, deren glaslose Fenster von steinernen Verzierungen umrankt waren. Ich sah Blumen, kleine gotische Teufelchen, in sich verschlungene Bänder und viele Wappen.
    »Die Bewohner müssen mal sehr reich gewesen sein«, vermutete ich. »Schau dir an, wie prätentiös alles ausgeführt worden ist. All das erinnert mich an italienische Patrizierhäuser aus der Renaissancezeit.«
    »Diese Häuser sind zum Teil älter«, erklärte Cortez. »Die Geschichte des Ortes ist mit der Kirchengeschichte Frankreichs eng verbunden – hier lebte Jean Meynier d'Oppède, der für die Ermordung der Waldenser mitverantwortlich war. Der Boden ringsum ist blutgetränkt.«
    »Warum restauriert niemand die Häuser?«
    »Einige Gebäude sind doch schon wieder bewohnbar. So – jetzt noch diese Treppe hinauf und wir sind da.«
    Die Stufen waren bröckelig und ziemlich steil. Gut, dass ich flache Schuhe angelegt hatte. Oben angelangt standen wir auf einem Plateau, das einen herrlichen Blick auf die wilden Berge des Lubéron freigab.
    »Oh, ist das wunderbar! Nie hätte ich einen solchen Ausblick erwartet.«
    »Schön, dass du Sinn für solche Dinge hast«, meinte Cortez zärtlich. »Komm – ich bin so gespannt, wie dir das Bild gefällt!«
    Er zog mich fort, noch weiter in die Höhe, dann standen wir vor einem Haus, eingezäunt mit einer hohen Mauer. Hinter einem riesigen Holunderbusch befand sich eine Tür.
    Cortez öffnete sie und wir befanden uns in einem besonnten Innenhof.
    »Hier entlang.«
    Ich folgte ihm ins Innere des Gebäudes.
    »Möchtest du ein Glas Wein?«, fragte er, als wir in einer kleinen, doch sehr komfortablen Küche standen.
    »Wein will ich zwar immer. Aber ein Kaffee wäre auch nicht schlecht.«
    Er entkorkte eine Flasche Roten, füllte zwei alte Kristallgläser und gab mir eins davon. Dann warf er die Kaffeemaschine an.
    »Auf dich – und darauf, dass alles gut wird«, prostete er mir zu.
    Der Wein hatte die richtige Temperatur – etwas kühl, aber nicht zu sehr.
    »Und jetzt?« Ich war ungeduldig.
    »Komm!« Er stellte das Glas ab. Ich nahm noch einen großen Schluck und folgte ihm.
    Es ging ein paar Stufen in die Tiefe, in ziemliches Dunkel, dann gelangten wir vor eine Tür aus schwerem Holz mit einem komplizierten Schloss, das an Schließvorrichtungen von Safes erinnerte.
    Cortez begann die Tür zu öffnen und es dauerte. Meine Nervosität wurde größer und plötzlich war es wieder da, dieses Misstrauen. Was, wenn alles eine Lüge war? Wenn er mich aus dem Verkehr ziehen wollte? Niemand würde mich je finden, denn niemand wusste, wo er mich hin gebracht hatte.
    Ich dachte an den Ort Lacoste ganz in der Nähe – mit dem Schloss des verrufenen Marquis de Sade. Ihm wurden sexuelle Folterorgien nachgesagt, reihenweise soll er Jungfrauen geschändet und gequält haben.
    »Was geht dir durch den hübschen Kopf?«, lächelte Cortez.
    »Nichts weiter«, log ich und wurde rot. Ich war wohl außer Gefahr und auch keine Jungfrau mehr.
    Der Raum war riesengroß und fast leer. Eine labende Kühle umhüllte mich. Ich sah mich genauer um. Schwere Vorhänge verbargen ein breites Fenster aus dickem, modernen Glas. An der Wand stand ein schlichtes breites Bett aus Holz, auf dem mehrere Decken und bunte Kissen lagen. In der Mitte des Raumes befanden sich ein Tisch aus polierter Kastanie und vier alte Stühle; auf dem Tisch eine bemalte Fayence-Schale mit honigfarbenen Melonen, roten Tomaten und tiefgelben Orangen.
    »Ich sehe kein Bild?«,

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