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Grappa 10 - Zu bunt für Grappa

Grappa 10 - Zu bunt für Grappa

Titel: Grappa 10 - Zu bunt für Grappa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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fragte er verwundert. »Sie hätten getötet werden können!«
    »Dann hätte Peter Jansen meine Katze adoptieren müssen. Wollen Sie Wein?«
    »Wein will ich immer«, meinte Thaler. »Und jetzt erzählen Sie!«
    »Da gibt's nicht viel zu erzählen. Ich saß dort, ein Wagen fuhr vor, ein Mann stieg aus und begann herumzuballern. Ich warf mich zu Boden.«
    »Hat er gezielt auf Sie geschossen?« Thaler goss sich Wein ein und ließ mich dabei nicht aus den Augen.
    »Keine Ahnung.«
    »Waren Sie allein in dem Café?«
    »Nein. Da saßen bestimmt noch zwanzig andere Touristen herum.«
    »Sie wissen genau, was ich meine!« Thaler legte die Füße auf den Tisch. »Waren Sie mit Cortez zusammen?«
    »Er ist nicht gekommen.«
    »Natürlich nicht!« Thaler lachte verächtlich. »Vielleicht war Cortez der Attentäter. Er hat Sie extra ins Café bestellt, damit er Sie in Ruhe abknallen lassen konnte, Frau Grappa.«
    »Das kann ich mir nicht vorstellen«, widersprach ich lächelnd. »Und ich weiß, dass es so nicht war.«
    »Die Polizei hat den Wagen gefunden, in dem der Mann saß. Ein paar Kilometer von Arles entfernt auf der N 99.«
    »Na so was!« Thaler erzählte mir nichts Neues.
    »Der Mann konnte flüchten. Die Polizei sucht aber eine deutsche Touristin, die ein Golf-Cabrio fährt. Sie hat die Bullen auf die Spur des Wagens gebracht. Die Mietwagenfirma hat den Namen der Fahrerin zwar rausgerückt, doch niemand weiß, wo sich die Frau aufhält.«
    »Dabei sollte es auch bleiben«, sagte ich.
    »Kein Problem«, meinte Thaler. »Ich weiß von nichts. Aber nur, wenn Sie mir endlich sagen, was Sie herausgefunden haben. Was hat Cortez Ihnen erzählt? Was wollte er?«
    »Ich bin müde«, wehrte ich ab. Es galt, Zeit zu gewinnen. »Lassen Sie uns über alles sprechen, wenn morgen früh die Sonne aufgegangen und der Tag noch jung ist.«
    Ich stand auf und ging. Im Rahmen der Küchentür drehte ich mich noch einmal um. Thaler goss sich ein Glas Wein ein. Und ich wusste noch immer nicht, ob ich ihm vertrauen sollte.

Ich bin ein leidenschaftlicher Mensch, dazu imstande und geneigt, mehr oder weniger unsinnige Dinge zu tun, die ich zuweilen mehr oder weniger bereue. Es passiert mir oft, dass ich ein wenig zu schnell spreche und handle, wenn es besser wäre, mit mehr Geduld zu warten.
    Entscheidung
    Es war Vollmond in jener Nacht. Ich lehnte im geöffneten Fenster, starrte ins dubiose Licht, sah die Linien der Dächer, hörte einen Hund bellen und rollige Katzen kreischen. Erschöpft hatte ich mich ins Bett gelegt, um festzustellen, dass mich meine Gedanken nicht zur Ruhe kommen ließen.
    Ich versuchte, mir das Van-Gogh-Bild vorzustellen. Es zeigte angeblich einen Bauern in einem Melonenfeld. Welche Tageszeit hatte der Maler wohl gewählt? Die gleißende Mittagssonne, die fast keinen Schatten wirft, oder das milde Abendlicht? Waren die Pinselstriche leidenschaftlich-wild oder diszipliniert gesetzt?
    Ich dachte an eines der letzten Bilder van Goghs, das einen Monat vor seinem Tod entstanden ist: Getreidefeld mit Raben . Es drückte Wahnsinn und Verzweiflung, aber auch Einsamkeit und Einfachheit aus. Die Pinselstriche waren wie Narben auf die Leinwand gebracht, die kurz davor stehen, wieder aufzureißen. Die angedeuteten Raben im turbulenten violett-schwarzen Himmel, die Bewegung des reifen Getreides und die Neigung des wenigen Grüns bringen ein unglaubliches Tempo in das Bild – so, als sähe man eine filmische Naturstudie, die über Stunden dauert, in Bruchteilen von Sekunden. Ich musste den Bauern im Melonenfeld so bald wie möglich sehen.
    Irgendwann fielen mir vor Müdigkeit die Augen zu. Doch mein Schlaf dauerte nur bis gegen sechs Uhr, denn das Handy gab einen ärgerlichen Ton von sich. Völlig benommen drückte ich die Annahmetaste.
    »Kannst du in einer Viertelstunde fertig sein?«, fragte Cortez.
    »Oh Mann, kannst du nicht später anrufen? Es ist noch keine sechs.«
    »Willst du das Bild sehen, oder nicht?«
    »Sicher. Aber warum muss das in aller Herrgottsfrühe sein?«
    »Tut mir Leid«, meinte Cortez zerknirscht. »Ich hätte auch gern länger geschlafen. Aber ich will sicher sein, dass du nicht verfolgt wirst.«
    »Und wer sollte mich verfolgen?«
    »Thaler.«
    »Der pennt doch immer bis mittags.«
    »Gut.«
    Langsam wurde ich wach. »Ich muss duschen und will wenigstens noch einen Kaffee trinken. In einer halben Stunde, sagst du? Ich brauche mehr Zeit.«
    »Kein Frühstück und keine Dusche. Das macht zu viel

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