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Grappa 10 - Zu bunt für Grappa

Grappa 10 - Zu bunt für Grappa

Titel: Grappa 10 - Zu bunt für Grappa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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sind verrückt nach diesem Mann«, höhnte Thaler. »Ja, ja – wenn die Hormone verrückt spielen. Und das in Ihrem Alter.«
    »Sie haben – wie immer – Recht. Ich bin wirklich verrückt nach Cortez. Bevor ich ins Grab sinke, will ich wenigstens meinen Spaß gehabt haben«, gab ich zurück. »Und Cortez macht mir viel Freude. Und jetzt treffe mich mit ihm.«
    Ich erhob mich.
    »Ich will mit!«, forderte Boris Thaler.
    »Pas de chance!«
    »Und wenn er Sie umbringt?«
    »Mir passiert schon nichts.«
    »Werden Sie das Bild sehen?«, fragte Sterner aufgeregt.
    »Vielleicht.«
    »Reden Sie mit ihm!«, beschwor mich der Maler. »Ich muss den Bauern im Melonenfeld sehen, ihn berühren, ihn in mich aufsaugen.«
    »Sehen Sie!«, sagte ich zu Thaler gewandt. »Dieser Mann weiß, was Kunst bedeutet.«
    »Endzeitgejammer eines Verrückten«, meinte Thaler abschätzig. »Sie sollten mir trotzdem sagen, wo Sie hinfahren, damit ich Sie gegebenenfalls retten kann.«
    »Mich retten? Sie?« Ich lachte. »Darauf habe ich gerade gewartet! Wer sich von Ihnen retten lässt, kriegt irgendwann die Rechnung präsentiert.«
    »Das Bild!« Sterner baute sich vor mir auf. »Ich muss es sehen. Nehmen Sie mich mit, ich flehe Sie an!«
    Ich ging zu meinem Auto, ohne mich noch mal umzudrehen.

Ich möchte gern Bildnisse malen, die in hundert Jahren als Offenbarung erscheinen. Ich möchte das nicht durch fotografische Treue erreichen, sondern durch meine leidenschaftliche Betrachtungsweise, durch Verwertung unserer Kenntnisse und unseres heutigen Farbgeschmacks als Mittel des Ausdrucks und der Übersteigerung des Charakters.
    Glaube und Lüge
    Immer wieder schaute ich in den Rückspiegel, doch kein Sportwagen folgte mir, die Straße war ziemlich leer. Sollte ich Cortez sagen, dass ich wusste, dass der Van-Gogh gefälscht war? Ich hatte mal wieder keine Ahnung, was richtig war.
    Der Weg nach Oppède-le-Vieux war einfach zu finden – langsam lernte ich, Straßenkarten zu lesen und ihnen zu folgen. Merkwürdig, heute kamen mir die blühenden Ebenen der Provence zu grell vor, die Sonne blendete meine Augen trotz Sonnenbrille, die Luft war stickig und sehr trocken. Meine Zunge klebte am Gaumen, das Make-up war verrutscht – aber es war mir egal. Ich hatte das Gefühl, mit Cortez endlich Tacheles reden zu müssen.
    Er wartete auf dem Parkplatz auf mich und war sehr zurückhaltend, was ich unserem Telefongespräch zuschrieb. Immerhin hatte ich ihn des Mordes verdächtigt.
    Schweigend lief ich hinter ihm den Berg hinauf, über die steilen Gässchen, vorbei an verfallenen Bürgerhäusern und verwilderten Gärten.
    Cortez blieb stehen, drehte sich zu mir um. »Was ist los? Was willst du von mir?«
    »Rien!« , wehrte ich müde ab.
    Er wollte mich in die Arme nehmen, doch ich stieß ihn von mir.
    »Laisse-moi tranquille« , murmelte ich. Mein Vorsatz, es ihm richtig zu zeigen, war auf ein Minimum zusammengeschrumpft. Ich fühlte mich gar nicht mehr entschlossen, sondern nur elend.
    Sein Gesicht hatte sich verfinstert, er drehte sich wieder um und seine Schritte wurden länger, so dass ich Mühe hatte, ihm zu folgen.
    Schließlich standen wir vor dem unscheinbaren Holztor, das sein komfortables Atelier vor den Blicken Neugieriger schützte.
    Er stieß die Tür auf und im Inneren empfing uns labende Kühle.
    »Möchtest du einen Wein?«, fragte Cortez. Er war noch immer distanziert.
    »Nein – ich brauche einen klaren Kopf. Hast du Wasser?«
    Er nickte und verschwand. Die Wand, die den Bauern im Melonenfeld verbarg, war nicht geöffnet, nichts wies darauf hin, dass sich hinter dem Gemäuer das Objekt der Begierde befand – das in Wirklichkeit eine Fälschung war.
    »Dein Wasser.« Cortez hielt mir das Glas hin.
    »Danke.«
    Ich trank.
    »Zeig es mir!«, forderte ich.
    »Das Bild?«
    »Natürlich.«
    Er holte die Fernbedienung und drückte sie. Die Wand schob sich wie von Geisterhand beiseite.
    Das Gemälde war noch immer so schön, so echt, so voller Seele.
    »Wie ist deine Mutter eigentlich an das Bild gekommen?«, fragte ich.
    »Das ist eine merkwürdige Geschichte«, behauptete er.
    »Erzähl sie mir«, forderte ich ihn auf.
    »Als Mutter und Vater von Argentinien nach Frankreich kamen, fanden sie zunächst Unterschlupf bei einem alten Onkel. Er lebte hier in der Provence. Seine Vorfahren stammten aus Arles – und sie haben Vincent van Gogh gekannt.«
    »Und dieser Onkel besaß das Bild?«
    »Ja. Und die Skizzen, von denen ich dir erzählt habe. Die

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