Grappa 10 - Zu bunt für Grappa
Angeberschlitten!«
Sterner hatte das Wasserglas auf einen Zug geleert. Er riss Cortez die Flasche aus der Hand und goss sich noch einen ein.
»Und was machen wir jetzt mit dem da?«, fragte ich Cortez mit Blick auf den gebügelten Sterner.
»Keine Ahnung.«
»Ich weiß! Wir benutzen ihn als Rammbock, um die Tür zu öffnen«, schlug ich vor. »Vor dem Gesicht haben sogar Holztüren Angst.«
Erschrocken sah mich Sterner an. Er traute mir mittlerweile wohl alles zu. Cortez grinste hinter seinem Rücken. Er schien sich an meinen rustikalen Charme gewöhnt zu haben.
»Und wenn er richtig gut aussieht, bringen wir ihn zur Polizei«, fuhr ich fort und deutete mit dem gespitzten Zeigefinger auf Sterner, der zusammenzuckte. »Immerhin ist er beteiligt an einem gemeinen Diebstahl, der die Welt erschüttern wird.«
»Das können Sie nicht machen«, klagte Sterner. »Ich bin genauso betrogen worden wie Sie beide.«
»Hören Sie auf zu jammern«, forderte ich. »Ich hätte wirklich Lust, Sie über die Terrasse da hinten in die Schluchten des Lubéron-Gebirges zu werfen ...«
»Hör auf, Maria!«, unterbrach Cortez. »Sterner hat genug. Hier! Trinken Sie noch einen!« Cortez goss Sterner erneut das Glas voll.
»Danke!« Der Jammerlappen griff mit zitternder Hand danach.
»Wir müssen überlegen, was wir jetzt tun«, sagte Cortez leise, aber bestimmt. »Haben Sie keine Idee, Sterner?«
»Ich mache Ihnen einen Vorschlag«, lallte Sterner. »Ich ziehe meine Expertise zurück. Gleich morgen früh.«
»Wie wollen Sie das machen?«, wunderte ich mich.
»Ich behaupte einfach, Thaler habe mich gezwungen, einen falschen Van-Gogh als echt zu beschreiben. Mit Waffengewalt. Dann ist das Bild keinen Pfifferling mehr wert.«
Wenn Sterner wüsste, dass der Van-Gogh sowieso falsch ist, dachte ich.
»Ich habe eine andere Idee, wie Sie Ihren Fehler wieder gut machen und Ihren Ruf als Kunstexperte retten können«, sagte Cortez.
»Und wie soll das gehen?« In Sterners Blick tauchte ein Hoffnungsschimmer auf.
»Attendez quelques instants!«
Cortez trat zu einer Nische in der Wand und kam mit einem Paket in den Händen zu uns hin. Es war in ein Leintuch eingewickelt. Cortez entblätterte den Gegenstand.
»Mich trifft der Schlag«, sagte ich entgeistert.
Cortez hielt den Bauern im Melonenfeld in den Händen. Das Gemälde schien eine exakte Kopie von dem zu sein, das Thaler vor einer halben Stunde weggeschleppt hatte.
Joe Sterner bekam den Mund ebenfalls nicht wieder zu.
»Dies hier ist der echte Van-Gogh«, behauptete Cortez. »Das Bild, das Thaler in die Hände gefallen ist, ist eine Kopie. Ich habe sie angefertigt, um Dieben ein Schnippchen zu schlagen. Jeder, der nur ein bisschen Ahnung von Kunst hat, wird sofort feststellen, dass das Bild nicht echt ist. Thaler hat also doch kein so gutes Geschäft gemacht. Eine prima Idee, nicht wahr?«
Die Liebe eines Paares auszudrücken durch die Vermählung von zwei Komplementärfarben, durch ihre Mischung und ihre Kontraste, durch das geheimnisvolle Vibrieren einander angenäherter Töne. Das Geistige einer Stirn auszudrücken durch das Leuchten eines hellen Tones auf einem dunklen Untergrund. Die Hoffnung durch einen Stern auszudrücken. Die Leidenschaft eines Menschen durch einen leuchtenden Sonnenuntergang.
Saftiges Herz
»Du bist ziemlich gerissen«, sagte ich, als ich mit Cortez allein war. Er hatte die von Thaler verriegelte Tür mit einigen geschickten Griffen geöffnet.
Wir hatten Sterner hinunter ins Dorf geschickt, wo er in einem Café warten sollte, bis ich ihn abholen würde. Er hatte nicht mal gemurrt – so sehr hatten ihn die Vorfälle geschockt.
»Findest du wirklich, dass ich gerissen bin?«, lächelte Cortez. Er kam näher und küsste mich auf den Hals.
»Nicht ablenken«, bat ich. »Wie viele echte Van-Goghs hast du noch in petto? Das zweite Bild ist natürlich auch eine Fälschung, oder?«
»Keineswegs«, behauptete er. »Hast du dir die Kapelle mal genau angesehen?«
Ich hob das Bild hoch.
»Kein Anbau«, stellte ich fest. »Diesmal hast du darauf geachtet.«
»Es ist wirklich echt.«
»Ich glaube dir kein Wort mehr.«
»Ich sage die Wahrheit.«
»Und warum hast du dieses merkwürdige Spiel gespielt?«
»Ich liebe es, Betrüger zu betrügen.«
»Nur zu betrügen – oder auch zu ermorden?«
»Um Gottes willen, nein!« Seine Stimme war wütend. »Ich habe mit den Morden nichts zu tun.«
»Mit dem Mord an Stenzel nicht«, gab ich zu. »Der ist
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