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Grappa 10 - Zu bunt für Grappa

Grappa 10 - Zu bunt für Grappa

Titel: Grappa 10 - Zu bunt für Grappa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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Provokation. »Ich habe natürlich ebenfalls versucht, etwas herauszubekommen.«
    »Und? War der Versuch von Erfolg gekrönt?«
    »Ich bin zu dem Haus der beiden gefahren«, berichtete Thaler. »Dort war die Polizei. Es gab nichts Außergewöhnliches. Bis auf ...« Er stockte.
    »Bis auf ...?«
    »Vor dem Haus standen Kleidersäcke. Für die Altkleidersammlung.«
    »Und?« Ich wurde ungeduldig.
    »Ich wartete, bis die Polizei verschwunden war. Dann hab ich die Sachen durchsucht.«
    »Was haben Sie gefunden?«
    »Die Kleider waren fast ungebraucht. Es waren gute Sachen dabei. Dann hatte ich ein Herrenhemd und eine Hose in der Hand. Beides war voller Blut. Altes Blut, eingetrocknet und fast schwarz.«
    »Männerkleidung?«
    »Ja. Für einen kleineren Mann.«
    »Das könnten Kolatschkes Sachen gewesen sein, er war etwa einssiebzig«, erinnerte ich mich. »Was haben Sie gemacht? Die Polizei informiert?«
    »Nein. Ich habe den Hausmeister befragt, der die Wohnung immer betreut hat, wenn Kolatschke in Urlaub war. Er sagt, dass die Kleidersäcke schon seit Monaten im Keller gestanden hätten. Kolatschke habe ihn gebeten, auf die nächste Altkleidersammlung zu warten und die Sachen dann an die Straße zu stellen, damit sie abgeholt würden.«
    »Und nun haben sie längst den Weg durch den Reißwolf hinter sich«, mutmaßte ich. »Das war keine besondere Leistung, Herr Kollege. War eigentlich nur Blut an den Kleidern oder gab's auch Beschädigungen – durch Messerstiche vielleicht ... oder waren Risse zu sehen?«
    »Die Sachen waren schon in Ordnung«, erinnerte er sich. »Unversehrt. Nur ganz hart von dem vielen Blut. Es war ekelig. Ich hab die Teile wieder in den Sack zurückgesteckt und mir in der nächsten Kneipe die Hände gewaschen. Und erst mal einen gehoben.«
    »Etwa Bier?«
    »Ja. Und einen Korn. Wieso?«
    »Ich dachte, so was wie Sie trinkt nur Champagner.«
    »So kann man sich täuschen, Frau Grappa«, grinste Thaler. »Ich kann auch mit den Händen essen, wenn's sein muss. Oder in einer Strohhütte schlafen mit Wanzen und so.«
    »Wenn die armen Tiere Ihr Parfum riechen, nehmen die sowieso die Beine in die Krallen.«
    »Muss ein Mann Ihrer Meinung nach schlampig gekleidet sein und übel riechen?«
    »Keineswegs. Aber lassen wir das. Vielen Dank auf jeden Fall für die Auskunft.«
    »War mir ein Vergnügen«, lächelte Thaler charmant. »Kann ich sonst noch was für Sie tun?«
    »Nicht im Moment. Ich melde mich rechtzeitig, falls dieser Fall eintreten sollte.«
    »Das wäre nett. Heißt das, dass wir das Kriegsbeil jetzt begraben haben?«
    »Nennen wir es einen vorläufigen Waffenstillstand.«

Weißt Du, was das Gefängnis zum Verschwinden bringt? Jede tiefe, ernste Zuneigung. Freund sein, Bruder sein, lieben – das öffnet das Gefängnis mit Herrschermacht, durch einen mächtigen Zauber. Wer aber das nicht hat, der bleibt im Tod. Aber da, wo Liebe neu geboren wird, wird das Leben neu geboren.
    Würdevoll und stolz
    Kolatschkes Hütte war nicht schwer zu finden. Ich hatte meinen Arbeitstag früher als üblich beendet, nachdem ich mir die Adresse des Toten aus dem Telefonbuch herausgesucht hatte. Keine Ahnung, was ich mir von diesem Besuch erhoffte. Vielleicht einen Hinweis auf den Hintergrund der Tragödie. Aber wahrscheinlich war es nur die Neugier einer Journalistin, die eine heiße Story einer langweiligen Serie vorzog.
    Von diesem Besuch hängt alles ab, dachte ich. Wieder ergriff mich diese seltsame Unruhe, die mich in Frankreich erfasst hatte, als ich versteckt hinter Postkartenständern und an Nebentischen lauerte, um meinen Beobachtungen nachgehen zu können.
    Die Villa lag im Bierstädter Süden, war gepflegt und schick. Ich parkte mein Auto direkt vor dem Gartentor. Das Haus im Bauhaus-Stil war liebevoll getüncht worden, der Eingang wurde von zwei in Form gestutzten Buchsbäumen gesäumt, der Treppenaufgang war aus rosa Granit, der perfekt mit dem Rot der Ziegel harmonierte. Ich stieg aus und näherte mich dem Haus.
    Alles war verlassen. Die Rollläden verwehrten einen schnellen Blick durch die hohen Fenster, Zeitungen und Reklamesendungen verstopften den Briefkasten, die Gladiolen im Vorgarten brauchten Wasser, die Rosen zeigten Anzeichen von Verwilderung, der ehemals gepflegte Rasen gelbliche Flecken.
    Behutsam rüttelte ich am Tor. Es war natürlich verschlossen. Ein leichter, warmer Wind kam auf. Ich schloss die Augen, glaubte plötzlich den Geruch von blühendem Ginster in der Nase zu haben.

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