Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden
Spruch.
»Ich würde Ihnen gern helfen«, behauptete der Mann. »Aber ich habe keine Unterlagen hier. Ich weiß nur, dass er ein guter Kollege war, der seine Arbeit sehr ernst genommen hat. Er hat vielen Menschen, die in Not waren, geholfen – ohne dabei an sich zu denken.«
Das war eindeutig Heldenverehrung. »Können Sie mir etwas über die Stationen seines segenreichen Wirkens sagen? Über den Beginn seiner Laufbahn – zum Beispiel?«
»Tut mir Leid – darüber weiß ich nicht viel. Rufen Sie doch mal bei ihm zu Hause an.«
Ich ließ mir die Telefonnummer geben.
Fünfmal verheiratet. Ich würde wohl an das letzte Modell der Freudenreich-Gattinnen geraten. Ein Gespräch von Frau und Frau zu führen, nein, darauf hatte ich keine Lust. Nikoll Mahler sollte sich darum kümmern.
Sie saß wieder an ihrem Hospitantenplatz, noch leicht errötet von dem Date mit dem Traumprinzen Kosmo.
Ich erteilte ihr den Auftrag, sich um Freudenreichs Vita zu kümmern. Sie nickte. Ihr Gesicht leuchtete von innen.
»Und? Wie lief's?«, fragte ich. »Ist Kosmo nicht sehr charmant?«
»Ja, das ist er«, schwärmte sie.
»Wie geht es weiter mit euch?«
»Er hat mich zu einem Konzert eingeladen. Die Kulturredakteurin hat ihm zwei Karten geschenkt.«
Mir schwante etwas. »Was wird denn gespielt?«, fragte ich.
»Schönberger oder so, und dann noch zwei andere ... ein Mann namens Weber – oder so ähnlich. Aus Wien kommen die wohl, sagt Kosmo. Von irgendeiner berühmten Schule.«
»Oh, Mann«, sagte ich. »Tut euch das nicht an. Schönberg, Berg und Webern sind nichts für Verliebte. Diese verdammte Wiener Schule erstickt jedes romantische Gefühl im Keim.«
»In echt?«
»In echt!«
Ich machte mich wieder auf den Weg zu meinem PC. Der Artikel über die neuesten Entwicklungen schrieb sich nicht allein.
Jansen hatte mir nur fünfzig Zeilen zugedacht. Ich motzte das Wenige, das ich über den Psychologen wusste, ein bisschen auf und versprach, die geneigten Leser des Bierstädter Tageblattes auch weiterhin über die Ermittlungen im Fall ›Todsündenmorde‹ auf dem Laufenden zu halten.
Katerspiele
Eberhard hatte den Tag damit verbracht, die Wäschestücke aus meinem Wäschepuff herauszuzerren und in der Wohnung zu verteilen. Auf einigen hatte er geruht, andere hatte er mit seinen Krallen bearbeitet. Meine Kaschmirstrickjacke, die ich während meines Urlaubs in Florenz erstanden hatte, sah nicht mehr so aus, wie ich sie in Erinnerung hatte. Die zart gestaltete Bordüre mit den winzig weißen Perlen um den Ausschnitt – sie betonten mein Dekolleté auf exquisiteste Weise, wie mir mal ein Verehrer gesagt hatte, dessen Gesicht ich vergessen hatte – war verschwunden. Die Perlen lagen verstreut auf den Terrakottafliesen.
Eberhard benutzte die Kügelchen als Spielzeug, schlug mit der Pfote nach ihnen, damit sie über den Boden rollen und er hinter ihnen herjagen konnte.
»Oh, nein!«, jammerte ich. »Verdammtes Saubiest!«
Der Kater unterbrach sein Spiel, stolzierte maunzend in die Küche und platzierte sich vor dem Napf. Die gähnende Leere in seiner kleinen Schüssel war eine einzige Anklage, sein empörter Blick die Bestrafung.
»Ab morgen gibt es nur noch Aldi-Fraß«, kündigte ich an. »Und zwar so lange, bis ich die Jacke wieder drinhabe, die du ruiniert hast.«
Der Kater warf einen Blick auf die goldenen Futterschachteln.
»Glaub bloß nicht, dass ich mich von dir tyrannisieren lasse.«
Eberhard guckte mich an, als würde er mir genau das nicht abnehmen.
»Und wenn du dich an meinen Dessous vergreifst, mache ich eine Rheumadecke aus dir. Kapiert?«
Würde ich niemals tun, sagte sein Gletscherseenblick, die Dessous einer Dame sind mir heilig.
»Du lügst, ohne rot zu werden, Eberhard«, widersprach ich. »Du wärst kein Mann, wenn dich Dessous nicht interessieren würden.«
Um Himmels willen, dachte ich, so fängt es an mit dem Wahnsinn: Gespräche mit einem schwarzen Kater, der alles darauf anlegt, mein ordentliches Leben durcheinander zu bringen.
Ich füllte die Goldfutterhäppchen in den Glasnapf, aus dem der Kater sein Mahl zu nehmen pflegte. Plastikschüsseln führten bei ihm zu Nasenrümpfen und einem indignierten Gesichtsausdruck.
»Für einen ehemaligen Streuner stellst du verdammt hohe Ansprüche, mein Lieber«, sagte ich und sah ihm eine Weile zu, wie er sich – zugegebenermaßen possierlich – über die Bröckchen hermachte.
Jetzt war mein Abendmahl dran. Ich öffnete eine Flasche roten Rioja,
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