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Grappa 14 - Grappa im Netz

Grappa 14 - Grappa im Netz

Titel: Grappa 14 - Grappa im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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Eberhard mehr als einmal auf dem Balkon gelandet war. Leider war Aydin in die Türkei zurückgegangen.
    Es wurde Zeit, den Rechner hochzufahren und mir Urbans Dateien anzusehen. Um die Sache etwas lockerer zu gestalten, schnappte ich mir noch ein Glas italienischen Rosé.
    Zuerst schaute ich in meine Mailbox. Sie enthielt keine Nachricht des Strammen Hengstes. Jetzt, wo ich den Kerl brauche, meldet er sich nicht, fluchte ich. Der Explorer öffnete die Dokumente auf der Diskette. Zunächst sah ich mir die gespeicherten Frauenprofile an. Na ja, Frauen waren auch nicht fantasievoller als Männer, wenn es um Pseudonyme ging. Quincy hatte mit folgenden Damen einen regen Mailverkehr gehabt: Sugarhoneybird, Fungirl, Sinnlich, Edelschnepfe, SCUM und SexyHexy.
    Wo sollte ich anfangen? Und wie? Ich loggte mich in den Singleservice unter Urbans Spitznamen und dem Passwort Zausel ein. Dann schaute ich, wer von Quincys Bekanntschaften online war, um mit ihr zu chatten. Pech, keine der Damen war da.
    Ich sah mir die Profile im Einzelnen an. Nichts sagend, mit inflationären Mottos: Lebe deine Träume und träume nicht dein Leben, Ein Tag ohne Lächeln ist ein verlorener Tag, Man sieht nur mit dem Herzen gut und das unsägliche Carpe diem.
    Als Letztes rief ich das Profil SCUM auf. Hier waren die Angaben so spärlich, dass es schon merkwürdig war. Und was bedeutete dieses Kürzel?
    Eine Suchmaschine im Internet würde mir vielleicht weiterhelfen.
    Eberhard hatte den Kampf mit dem Gouda endlich für sich entschieden und lag inzwischen eingerollt auf dem Schreibtisch. Mit vollem Bauch war er immer am friedlichsten, verzichtete auf dumme Fragen oder impertinente Bemerkungen.
    Ich tippte die vier Buchstaben in die Suchzeile: SCUM, und wartete. Nach wenigen Augenblicken warf die Maschine mehrere Seiten Dokumente aus. SCUM war eine Rockband, die Musik spielte, die ich bestimmt nicht mochte ... aber es gab auch ein Dokument mit der Überschrift: Wer hat Angst vor Valerie Solanas? Ich schaute es mir genauer an und erfuhr, was die vier Großbuchstaben bedeuteten: Sie waren die Abkürzung für Society for Cutting Up Men ... einer Gesellschaft zu Vernichtung der Männer.
    Der Name Valerie Solanas kam mir bekannt vor. Als ich vor vielen Jahren die Ochsentour durch verschiedene feministische Gruppen absolviert hatte, hatte ich mal etwas über sie gelesen.
    Ich holte mir das Manifest auf den Schirm:
    Das Leben in dieser Gesellschaft ist ein einziger Stumpfsinn, kein Aspekt der Gesellschaft vermag die Frau zu interessieren. Daher bleibt den aufgeklärten, verantwortungsbewussten und sensationsgierigen Frauen nichts anderes übrig, als die Regierung zu stürzen, das Geldsystem abzuschaffen, die umfassende Automation einzuführen und das männliche Geschlecht zu vernichten.
    Heute ist es technisch möglich, sich ohne Hilfe der Männer zu reproduzieren und ausschließlich Frauen zu produzieren. Wir müssen sofort damit beginnen. Der Mann ist eine biologische Katastrophe: das (männliche) Y-Gen ist ein unvollständiges (weibliches) X-Gen, das heißt, es hat eine unvollständige Chromosomenstruktur. Mit anderen Worten, der Mann ist eine unvollständige Frau, eine wandelnde Fehlgeburt, die schon im Genstadium verkümmert ist.
    Solanas war heutzutage fast völlig vergessen ... und sie wäre wohl auch nie als Feministin berühmt geworden, wenn sie nicht 1968 ein Attentat auf den Popart-Künstler Andy Warhol ausgeführt hätte. Sie schoss ihn nieder und Warhol wurde schwer verletzt.
    War dies eine erste Spur? Ich war unsicher. Wieso sollte Urban ausgerechnet mit einer Frau chatten, die die Ansichten der Solanas vertrat? Ich durchsuchte sein Postfach nach irgendwelchen Mails von SCUM, doch da war nichts. Irgendein dumpfes Gefühl sagte mir, dass ich auf der richtigen Spur war, auch wenn sie zunächst ins virtuelle Nichts des World Wide Web führte. Ich fand eine Seite, die das Leben der Frau schilderte.
    VALERIE: Gib mir 15 Cent und ich gebe dir ein dreckiges Wort.
    MAURICE GIRODIAS: Wie heißt das Wort?
    VALERIE: Männer.
    Dies war ein überlieferter Witz zwischen Solanas und ihrem Verleger Girodias. Gib mir 15 Cent und ich gebe dir ein dreckiges Wort.
    Bei dem Wort Dreck zuckte etwas in meinem Hirn, doch ich konnte mir die Irritation nicht erklären. In dem Manifest hieß es weiter:
    SCUM wird alle Männer töten, die nicht Mitglieder der SCUM-Männerhilfsgruppe sind. Mitglieder der Männerhilfsgruppe sind diejenigen, die fleißig daran arbeiten, sich

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