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Grappa 17 - Grappa und die Nackenbeisser

Grappa 17 - Grappa und die Nackenbeisser

Titel: Grappa 17 - Grappa und die Nackenbeisser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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war leicht und sie schien zu schweben ...
    Graf Gero war in diesem Fall ich. Die Frau, die sich meinem Tisch näherte, war sehr attraktiv, und zwar von einer etwas altertümlichen Schönheit – weder durch Kleidung noch durch Make-up besonders betont. Sie strahlte eine ungewöhnlich starke Melancholie aus.
    »Hallo, Frau Wunsch«, lächelte ich. »Schön, dass Sie gekommen sind. Nehmen Sie doch bitte Platz.«
    »Sie haben da einen Krümel am Mund«, sagte sie langsam.
    Verwirrt strich ich mir mit dem Handrücken über die Lippen und entfernte das Mandelstück.
    »Jetzt klebt noch etwas Schokolade an Ihrer Wange.«
    Verunsichert feudelte ich mit der Papierserviette in meinem Gesicht herum. »Gut so? Bin ich jetzt gesellschaftsfähig?«, fragte ich.
    »Ich wollte doch nur ...« Sie brach ab.
    Voll da war diese Frau nicht. Sie hatte vergrößerte Pupillen, die Hände zitterten leicht und sie schien lange nicht in der Sonne gewesen zu sein.
    Ich hatte mich wieder gefangen. »Bitte, setzen Sie sich doch.«
    Sie tastete nach dem Stuhl. Ihre Aktionen schienen in Slow Motion abzulaufen.
    »Was ist mit meiner Kleinen?«, flüsterte sie. »Haben Sie sie gesehen?«
    »Nein.« Ich musste ihr reinen Wein einschenken. »Mein Name ist Grappa. Maria Grappa. Ich bin Journalistin.«
    Sabine Wunsch sagte nichts.
    »Ich versuche, den Tod von Lilo von Berghofen aufzuklären. Verstehen Sie? Die Hexe Melencolia. Sie ist vor einer guten Woche ermordet in ihrem Haus aufgefunden worden. Vergiftet. Haben Sie das mitbekommen?«
    »Sie ist tot?«
    »Ja. Ich schreibe über den Fall für meine Zeitung.«
    »Ich lese keine Zeitungen.«
    Unser Gespräch wurde unterbrochen. Die Bedienung fragte nach Sabine Wunschs Bestellung. Die trinkt bestimmt ein Mineralwasser, überlegte ich, vermutlich auch noch ohne Kohlensäure – damit die Modelfigur nicht versaut wird.
    »Ein Tasse Kakao mit viel Schlagsahne«, antwortete sie. »Und ein Stück Mohntorte.«
    Endlich mal eine normale Reaktion, dachte ich.
    »Sie haben die Hexe doch oft besucht«, nahm ich den Faden wieder auf. »Weil Sie mit Ihrer Tochter Luna sprechen wollten. Nicht wahr?«
    Sabine Wunsch nickte.
    »Es tut mir so leid für Sie.« Ich nahm ihre Hand. »Es muss schrecklich gewesen sein.«
    »Sie lag einfach so da. Im Bettchen. Ich hab's erst gar nicht gemerkt. Sie lächelte sogar und war trotzdem tot. Einfach so.«
    »Hat Melencolia Ihnen geholfen? Ist Ihre Tochter aufgetaucht? Konnten Sie mit ihr reden?«
    Sabine Wunsch trank einen Schluck Kakao und holte sich einen Bart.
    »Sie haben Sahne im Gesicht«, revanchierte ich mich.
    Mit einer fahrigen Bewegung griff sie nach der Serviette und tupfte sich die Lippen ab.
    »Es hat lange gedauert«, murmelte sie. »Doch dann war sie da.«
    »Und wie war das?«
    »Ich hab mit Luna geredet.«
    »Aber Ihre Tochter war erst zwei Monate alt«, warf ich ein. »Sie konnte doch noch gar nicht sprechen.«
    »Ihr Geist war da. Und mit dem konnte ich reden.«
    »Durch das Medium?«
    »Ja. Der Geist war in ihr.«
    »Wie konnten Sie da so sicher sein? Lilo von Berghofen hätte Ihnen alles auftischen können!«
    »Sie hat aber das Lied gesummt«, antwortete Sabine Wunsch. »Das alte Kinderlied. Niemand hat es gekannt. Nur Luna und ich.«
    »Sie haben Luna immer ein bestimmtes Lied vorgesungen?«
    »Das Lied vom Dornröschen.«
    »Und Sie haben es der Hexe nie erzählt?«
    »Nein. Niemand wusste es.«
    »Und Ihr Mann?«
    »Mike hat das nicht interessiert.« Sabine Wunsch erhob die Stimme und sang:
    Dornröschen war ein schönes Kind,
    schönes Kind, schönes Kind,
    Dornröschen war ein schönes Kind, schönes Kind.
    Dornröschen, nimm dich ja in Acht,
    ja in Acht, ja in Acht,
    Dornröschen, nimm dich ja in Acht.
    Da kam die böse Fee herein,
    Fee herein, Fee herein,
    Da kam die böse Fee herein und rief ihr zu:
    Dornröschen, schlafe hundert Jahr!
    hundert Jahr, hundert Jahr,
    Dornröschen, schlafe hundert Jahr ...
    Die anderen Gäste schauten neugierig zu uns. Doch da die Vorstellung zu Ende schien, wandten sie sich wieder ihren Gebäckstücken und Kaffeekännchen zu.
    Der Papagei reagierte allerdings auf das Kinderlied. Er begann wild durch den Käfig zu turnen und mit den Flügeln zu schlagen.
    »Röschen, Röschen ...«, krächzte er.
    Die Leute lachten. Endlich kam Stimmung in die Bude. »Was hat der Geist Ihrer Tochter gesagt?«, bohrte ich nach.
    »Luna hat schrecklich geweint«, berichtete Sabine Wunsch. »Sie war so allein. Und traurig und

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