Grappa 17 - Grappa und die Nackenbeisser
aufzaubern können. Ene, mene, muh und auf gehst du.«
»Du glaubst ja wirklich an den Kram, Grappa. Ich werde das Ding der Polizei überlassen.«
»Schade. Können wir nicht zuerst mal reingucken?«
»Nein. Ich habe die Nase voll von Lügen und Geheimnissen.«
Ich seufzte. »Okay. Brinkhoff kommt ja gleich. Na, der wird sich freuen.«
Bier und Brötchen
Salomon Wachlin hatte ein ernstes und feierliches Gesicht aufgesetzt. Er war ganz in Schwarz gekleidet, trug einen kaftanähnlichen Mantel, dessen Kanten mit blutrotem Samtband umnäht waren. Auf der Brust prangte eine silberne Halbmondbrosche mit einem rubinroten Stein und in der Hand hielt der Magier einen flachen Koffer.
Er begrüßte uns und fragte nach unserer seelischen Verfassung.
»Zwei bis drei auf der nach oben offenen Gemütsskala«, meinte ich.
»Nachdem die Sache mit dem Erbe endlich geregelt ist und ich nicht mehr unter Mordverdacht stehe«, sagte Jansen, »geht es mir auch gut.«
Wachlin zuckte nicht mit der Wimper. »Das sind doch erfreuliche Entwicklungen.« Er öffnete seinen Koffer. »Ich werde den Raum jetzt vorbereiten«, kündigte er an und verschwand im Esszimmer.
Ich zog Jansen in die Küche. »Der hat sich aber gut im Griff«, raunte ich. »Immerhin sind ihm fette zehn Millionen knapp durch die Lappen gegangen.«
»Ein seltsamer Mann«, nickte Jansen. »Hoffentlich machen wir keinen Fehler.«
»Wir sind ja nicht allein mit ihm. Und das Einzige, was passieren kann, ist, dass überhaupt nichts passiert«, sagte ich. »Das Haus wird schon nicht in sich zusammenfallen.«
Es klingelte – Brinkhoff und Bluthund Pöppelbaum schoben sich in den Flur.
»Tag zusammen. Wehe, das spricht sich im Präsidium herum, dass ich bei einer Teufelsaustreibung mitmache«, grinste der Hauptkommissar.
»Geisterbeschwörung«, korrigierte ich ihn. »Außerdem sollen Sie nur aufpassen, dass nichts Kriminelles passiert.«
»Und ich filme alles«, kündigte Pöppelbaum an. »Wo ist der Zauberer denn?«
»Der macht den Raum schon mal nett«, erklärte ich. »Geister brauchen ein bestimmtes kuscheliges Ambiente, sonst bleiben sie, wo sie sind.«
Es schellte erneut. Simon Harras und Anneliese Schmitz.
»Dann sind wir ja komplett.« Ich musterte Harras. »Beim Anblick deines Pullovers wird sich kein Geist aus seiner Ecke trauen.«
Das Teil war grob gestrickt, auf den Schultern und quer über die Brust waren Zöpfe eingeklöppelt, die Farbgebung war – wie üblich – gewagt: lila und gelb.
»Wo kann ich die Schnittchen hinstellen?«, fragte Frau Schmitz. Sie schleppte zwei große Taschen mit sich.
»Folgen Sie mir unauffällig in die Küche«, schlug ich vor.
Derweil bat Jansen Brinkhoff in den Keller zur Hausbesichtigung.
»Ich hab auch Pappteller mitgebracht«, enthüllte die Bäckerin. »Für alle Fälle.« Sie öffnete einen Hängeschrank. »Aber es is ja alles da.«
»Und ich hab einen Kasten Bier im Wagen«, sagte Harras. »Auch für alle Fälle.«
»Leute! Wir veranstalten kein Picknick, sondern eine Geisterbeschwörung. Das ist eine todernste Sache. Wir können doch kein Bier saufen, Kniften mümmeln und mit vollen Mund die Geister aus dem Jenseits beschwören«, empörte ich mich. »Euch fehlt die sittliche Reife für eine solche Show!«
Jansen und Brinkhoff kehrten zurück.
»Und? Was sagt er?«, fragte ich Jansen leise.
»Er findet es interessant«, flüsterte er.
»Wie nett«, sagte der Hauptkommissar, »es gibt sogar was auf die Gabel. Frau Grappa, Sie haben aber wirklich an alles gedacht. Ich nehm mir schon mal was, ja?«
Ich stellte klar, dass Frau Schmitz die Urheberin der Schnittchen war, und sie strahlte.
»Ich wäre dann so weit«, verkündete Salomon Wachlin. »In wenigen Minuten hat der Mond seine volle Größe erreicht.«
Lass dich überraschen!
Der Raum wirkte im Kerzenlicht noch größer, weil die Wände sich im Dunkel verloren. Die Kerzen flackerten und warfen tanzende Schatten unter das Gewölbe des Rabenhügels. Weihrauchähnlicher Duft waberte durch das Zimmer. Auf dem Holztisch lagen einige Utensilien, von denen ich ahnte, um was es sich handelte: persönliche Gegenstände des Geistes, der aus dem Totenreich beschworen werden sollte. Salomon Wachlin, alias Zauberer Johann Faust, arbeitete nach der reinen Lehre der Zunft.
»Setzen Sie sich bitte«, begann Wachlin. »Der Mond steht bereits über dem Haus.«
»Ich bleibe im Hintergrund«, kündigte Brinkhoff an.
»Das werden die Geister nicht dulden«, unkte
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