Grappa 17 - Grappa und die Nackenbeisser
ein Blödsinn!«
»Sie brauchen ja nicht mitzumachen«, meinte ich. »Sie setzen sich still in eine Ecke, beobachten uns und retten uns, wenn die Geister frech werden.«
»Na schön«, sagte Brinkhoff. »Lass ich meinen Sparclub mal ausfallen.«
»Sparclub? Ich hätte Sie nicht für so spießig gehalten.«
»Einmal Spießer, immer Spießer.«
»Verraten Sie mir was Neues zum Fall Arno Wunsch«, bat ich schnell. »Und verweisen Sie mich nicht an die Pressestelle.«
Ich spürte, wie er mit sich kämpfte. »Gut. Wir haben in der Wohnung von Wunsch zehntausend Euro gefunden.«
»Wie bitte? Der Kerl lebte doch von der Stütze!«
»Ja. Und die Scheine lagen offen herum. Der Mörder war also nicht auf Geld aus. Außerdem ...«
»Ja?«, sprach ich in die Pause hinein.
»Rizinus. Wir haben Rizinusfrüchte gefunden.«
»Auch zermahlenes Pulver?«
»Nein. Die Dinger waren Bestandteil eines verstaubten Blumenstraußes.«
»Schade.«
»Stimmt. Das bedeutet leider gar nichts. Ich habe auch Rizinus zu Hause – ohne davon gewusst zu haben. In dem Trockengemüse, das meine Frau vor hundert Jahren an die Wohnungstür gehängt hat.«
»So was kann bei ehelichem Zwist sehr hilfreich sein.«
»Leider war mir die Wirkung von Rizinus vor der Scheidung nicht bekannt«, seufzte Brinkhoff. »Sonst hätte ich die Unterhaltszahlungen nicht leisten und Mitglied in einem spießigen Sparclub werden müssen.«
»Ihre Ex war offensichtlich auch ahnungslos«, grinste ich. »Sonst würde sie jetzt eine fette Witwenpension beziehen.«
»Es kursieren offenbar seltsame Gerüchte über die Gehälter von Kriminalbeamten. Meiner Frau geht es heute viel besser als früher. Sie ist wieder verheiratet und ich hab mir einen netten Hund gekauft.«
Zehn Millionen und dreißig Stiche
Peter Jansen betrat das Haus – ich beobachtete ihn vom Fenster aus. Er ging beschwingt und schien alles Schwere abgelegt zu haben.
Hoffentlich kündigt er jetzt nicht, dachte ich. Ohne ihn wäre es beim Bierstädter Tageblatt nur halb so aufregend. Seit Jahren machte er meine Eskapaden mit, hielt mir den Rücken frei und zog mich aus jedem Schlamassel, in den ich mich hineinmanövrierte, und aus jedem Fettnapf, in den ich latschte. Ein anderer Chef würde das bestimmt nicht tun.
Ich fragte, ob er Zeit für einen Kaffee in der Kantine habe. Selbstverständlich. Eine große Tasse Milchkaffee stand schon dampfend auf dem Tisch, als ich mich setzte.
»Na, wie war's?«, fragte ich. »Was sagt die Bank?«
»Ich bin plötzlich ein sehr wichtiger Kunde«, erzählte Jansen. »Der Vorstandsvorsitzende höchstpersönlich stand auf der Matte und hat mir seine Aufwartung gemacht.«
»Für zehn Millionen kann der seinen Arsch ja auch mal anheben«, meinte ich.
»Kannst du ein Geheimnis für dich behalten, Grappa-Baby?«
Wir beide wussten, dass diese Frage rhetorisch gemeint war, deshalb musste ich nicht antworten.
»Es werden im Laufe der kommenden Jahre viel mehr als zehn Millionen. Ich habe auch ihre Tantiemen geerbt. Einfach alles.«
»Unfassbar! Warum habe ich die Frau nicht früher kennengelernt? Sie hätte mich vielleicht adoptiert.«
Jansen sah mich schräg an. »Das hätte nicht hingehauen«, sagte er dann. »Zwei Biester wie ihr ...«
»Ist ja jetzt auch wurscht. Was wirst du zuerst tun?«
»Ich werde eine Stiftung gründen«, kündigte mein Chef an. »Für missbrauchte Kinder.«
»Sehr löblich.«
»Was machst du für ein Gesicht, Grappa?«
»Wann wirst du kündigen?«
»Kündigen? Ich?« Er lachte. »So weit kommt das noch! Denkst du, ich habe Lust, den ganzen Tag mein Geld zu zählen? Ich arbeite durch bis zur Rente. Ich brauche diesen gottverdammten Job. Den Stress, den Ärger mit dir, die versifften Tassen in der Kaffeeküche! Die schrägen Typen und die chronisch beleidigten Sekretärinnen, die Bluthunde und nicht zuletzt die Leser, die auch ständig was zu kamellen haben. Bunter als hier kann das Leben gar nicht sein!«
»Und die Stiftung?«
»Gerda wird sich drum kümmern. Die Kinder sind aus dem Haus und sie hat Spaß an solchen Aufgaben.«
»Gott sei Dank«, brach es aus mir heraus. »Ohne dich hätte ich keine Zukunft in diesem Laden.«
»Stimmt. Dein schwieriger Charakter ist nur was für Genießer mit dem Gemüt eines Fleischerhundes.«
»Bin ich wirklich so schlimm?«
»Klar bist du das.«
»Darf ich dich küssen?«, fragte ich.
»Erst, wenn du deinen Artikel geschrieben hast.«
»Ich komme drauf zurück.«
Wer zahlte Arno W.
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