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Grappa dreht durch

Grappa dreht durch

Titel: Grappa dreht durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Wollenhaupt
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Adrenalinspiegel stieg schlagartig auf die Höchstmarke. »Ich entscheide, welche Bilder ich für meinen Film brauche!«
    Ich holte noch ein Betroffenheitsstatement bei dem Krötenretter ein, wies Elster-Elvis an, die vorbeirasenden Autos zu drehen und beendete den Einsatz. Schweigend kämpften wir uns danach durch den Waldboden zu dem Dienstwagen zurück. Wüsten verstaute seine Geräte, schlug den Kofferraumdeckel zu, daß es nur so schepperte, und setzte sich ans Steuer. Vorher drückte er mir die Drehkassette in die Hand.
    Ich ging zur Beifahrertür, um einzusteigen. Sie war verschlossen. Wüsten startete den Kombi, setzte zurück und fuhr davon. Die Rücklichter des Autos waren nach wenigen Sekunden im aufsteigenden Nebel des Waldes verschwunden.
    Zum Glück graute der Morgen. Es war so hell, daß ich wenigstens die größeren Bäume rechtzeitig erkannte, bevor ich gegen sie lief. Finstere Rachegedanken beflügelten meine Schritte. Endlich eine Telefonzelle! Die Frau in der Taxi-Zentrale hatte sie ihren Spaß, als ich ihr erzählte, ich stünde im Wald.
    Ein neues Gesicht mit Grübchen
    Am anderen Morgen traf ich im Sender die Person, die mein Privatleben während der nächsten Wochen in Schwingungen bringen würde. Doch der Reihe nach.
    Mein Schnitttermin lag bei neun Uhr. Mühsam quälte ich mich aus dem Bett. Der nächtliche Drehtermin, der mit einem Marsch durch den dunklen Wald geendet hatte, saß mir noch in den Knochen. Dieser Wüsten war ein härteres Kaliber, als ich dachte. Mich mitten in der Nacht im Wald zurückzulassen - das war schon ein dreistes Stück. Er hatte mir gestern den Krieg erklärt. Nun lag es an mir, nach einer geeigneten Strategie zu suchen.
    Um acht Uhr morgens war ich in der Redaktion und sichtete
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das Material. Wüsten hatte wirklich gute Bilder gemacht. Die Ranfahrten und Aufzüge hatten die richtige Geschwindigkeit und Länge, das Licht war so gesetzt, daß die Szenerie im Wald geheimnisvoller wirkte, als sie es in Wirklichkeit gewesen war. Auch mit den Zwischenschnitten hatte er sich viel Mühe gegeben. Zweifellos hatte der Mann Talent.
    Da waren die letzten Bilder: Ein blutverschmiertes Stückchen Asphalt, auf dem die zerfahrene Kröte lag. Ihre Innereien lagen zerquetscht neben den Beinen, die vom Körper abgespreizt lagen. Die Kamera zoomte auf den Kopf des sterbenden Tieres. Zwei, drei Zuckungen und es war vorbei. Das Auge der Kamera verharrte regungslos auf dem Kopf des toten Tieres. Wie bei einer Gedenkminute, schoß es mir durch den Kopf.
    »Igitt!« meinte die Cutterin. »Ich hab zum Glück noch nicht gefrühstückt.«
    »Liefert Herr Wüsten häufiger solche Bilder ab?« fragte ich sie.
    »Sein Material ist fast immer Klasse, aber er scheint einen morbiden Geschmack zu haben. Einmal mußte ich einen Film über einen Massenunfall auf der Autobahn schneiden. Fahrzeuge brannten, Menschen waren eingequetscht und schrien fürchterlich. Er hat voll auf die schmerzverzerrten Gesichter der Leute gehalten.«
    »Und warum macht er das?«
    Sie zuckte die Schultern. »Viele Journalisten sind so. Chronistenpflicht nennen sie das. Vielleicht wollen sie die Zuschauer mit der Wirklichkeit konfrontieren ... Was weiß ich? Ich schneide das Material so zusammen, wie es die Autoren der Filme wünschen. Widerspruch ist nicht gefragt, besonderes nicht von jemandem, der nur einen befristeten Arbeitsvertrag hat, so wie ich. Aber ich rede zuviel. Wollen Sie die Bilder von der zerquetschten Kröte nehmen, oder nicht?«
    Ich wollte nicht. In zwei Stunden war der Bericht geschnitten. Ziemlich verwirrt und nachdenklich setzte ich mich in mein Zimmer und entwarf den Text. Durch die Tür hörte ich,
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wie die Kollegen langsam eintrudelten. Auch Elster-Elvis‘ Krächzen war nicht zu ignorieren.
    Ich tippte den Text sauber ab und ging zum Kopierer. Ich öffnete die Klappe. Da lag etwas! Zuerst dachte ich, jemand habe seine Kopiervorlage vergessen. Ich griff nach dem Blatt und schaute es an.
    Verpiß dich, Grappa stand dort in schönstem Hochdeutsch geschrieben. Ich lachte los.
    Na warte, dachte ich. Ich nahm das Blatt und stiefelte zu Wüstens Zimmer. Ohne anzuklopfen, trat ich ein und knallte ihm den Zettel auf den Schreibtisch.
    »Sie haben etwas auf dem Kopierer liegen lassen, Herr Wüsten!« Ich versuchte, meine Stimme mit Rasiermessern zu bestücken.
    Die Tür fiel mit einem lauten Knall ins Schloß.
    Auf dem Flur lief ich Rudi Mühlen in die Arme. »Was spielt sich denn hier

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