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Grappa dreht durch

Grappa dreht durch

Titel: Grappa dreht durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Wollenhaupt
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die Sachen auf den Dachboden geschafft. Carola war in ein kleines Zimmer gezogen. An den Wänden hingen die üblichen Poster irgendwelcher Rockröhren, die Schallplatten und Compact Discs waren in einem Regal gestapelt, Plüschtiere und Puppen lümmelten sich auf dem schmalen Bett. Ein richtiges Kinderzimmer, dachte ich.
    »Elvira war ein bißchen älter als ich. So ungefähr vier Jahre«, berichtete Carola. »Wir haben uns auf dem >Platz< kennengelernt. Ich hab damals schon gedrückt, sie ging nur anschaffen.«
    »Wann war das?«
    »Vor anderthalb Jahren. Sie hatte großen Erfolg bei den Freiern.«
    »War sie hübsch?«
    »Sie war schön. Groß und etwas mollig. Ein großer Busen,
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der die Kerle anmachte. Sie waren ganz wild drauf. Sie hat ziemlich viel Kohle gemacht.« »Und Brokkoli hat abkassiert?«
    »Klar. So läuft das eben. Sie war sein bestes Mädchen, und sie war immer clean. Irgendwann kam sie nicht mehr zum >Platz<. Das war aber schon ein paar Monate vor ihrem Tod. Vorher hat sie mir etwas von einem festen Freund erzählt.«
    Ich überlegte. Wenn Elvira für Brokkoli eine Goldgrube war, hat er bestimmt versucht, noch mehr aus ihr rauszuholen. Ein Vollblutpferd setzt man bei Rennen ein, bei denen groß abzukassieren ist.
    »Weißt du, wo sie abgeblieben ist? Kennst du diesen Freund?«
    »Ich habe sie danach völlig aus den Augen verloren. Ach ja, sie sagte noch, daß ihr Brokkoli eine Filmrolle besorgen wollte und daß ihr Freund nicht damit einverstanden sei.«
    »Film? In einem Porno?«
    »Klar. Sie kannte das Geschäft schon ein bißchen. Was anderes konnte sie nicht.«
    »Ist etwas aus dem Projekt geworden?«
    »Ich weiß es wirklich nicht. Von Elviras Tod habe ich erst durch die Zeitungen erfahren.«
    »Wie hat die Szene darauf reagiert?«
    Carola überlegte. Sie mußte sich zwingen, über die Zeit zu sprechen. Bertha warf mir einen warnenden Blick zu.
    »Nur noch diese Frage!« sagte ich. »Also, was haben die Mädchen gesagt?«
    »Wir waren geschockt, weil es jede von uns treffen kann. Irgendein verrückter Sadist. Ihr Tod muß schrecklich gewesen sein. Ihr ganzer Körper soll ...»
    Carola schluchzte plötzlich auf.
    »Sie ist gefoltert worden, nicht wahr?«
    Das Mädchen nickte. »Es gibt Typen, die ihren Spaß an sowas haben. Elvira hatte einige perverse Stammkunden. Dafür bekam sie für jede Nummer eine Menge Kohle.«
    »Warum war sie so hinter dem Geld her?«
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»Ich weiß nicht. Als ich erfuhr, daß Brokkoli sie für spezielle Kunden reserviert hatte, hatte ich sie schon länger nicht mehr gesehen.«
    Ein verwirrter Mann und zehn Tage für jeden Toten
    Es blieben mir noch rund vier Wochen, um drei Todesfälle aufzuklären: John Masul, Elvira G. und Rosemarie Ritzenbaum. Ich hatte nämlich zum Quartalsende gekündigt. Das sind zehn Tage pro Mord, rechnete ich ohne Taschenrechner aus.
    Mein neuer Elan und die Aussicht, den Sender bald verlassen zu können, ließen mich auf einen Anruf von Mike Zech positiv reagieren. Er wolle endlich das längst ausgemachte Abendessen reklamieren, teilte er mir mit.
    »Wenn Sie keine Angst haben, mit einem noch immer Mordverdächtigen ein Mahl zu nehmen!« meinte er mit gezwungener Heiterkeit.
    »Wenn Sie nicht selbst kochen!« gab ich zurück.
    »Nein, ich lasse das Essen kommen.«
    »Sie wollen, daß ich Sie in Ihrer Wohnung besuche?«
    »Ja. Ich muß dringend mit Ihnen reden. Das geht in einem Lokal nicht.« Sein Ton war energisch. »Bitte!« schob er nach. Diesmal klang es fast flehend.
    »Warum müssen Sie gerade mit mir reden? Wollen Sie sich nicht lieber der Polizei anvertrauen?«
    »Dazu ist es zu früh. Sie sind die einzige, die nicht in die Geschäfte der Firma >Teleboss< verwickelt ist. Bitte, kommen Sie!«
    »Welche Geschäfte?«
    »Nicht am Telefon.«
    Da hatte er recht. Schon einmal hatte ich eine Wanze aus dem Telefonhörer geholt. Wer weiß, wo jetzt eins dieser kleinen »Tierchen« lauerte. In dieser Redaktion stimmte vieles nicht, und das war das meiste.
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»Ich bin um sieben bei Ihnen.«
    Er beschrieb mir den Weg zu seinem Heim. Ich packte meine Sachen zusammen, fuhr nach Hause und machte mich frisch. Ohne den großen kosmetischen Aufwand von neulich, als er mich in dieser schrecklichen Kneipe hatte sitzen lassen. An dem Abend, als jemand Rosemarie Ritzenbaum ins Jenseits geschickt hatte.
    Nur wir zwei - der Wahrheit verpflichtet
    Die Wohnung lag in einer schmalen ruhigen Straße am westlichen Ende der Stadt. Das Haus

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