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Grappa dreht durch

Grappa dreht durch

Titel: Grappa dreht durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Wollenhaupt
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halten? Außerdem habe ich gefunden, was ich gesucht habe. Also, wer sind Sie und was wollen Sie von mir?«
    Er bemühte sich um Fassung. Die Kaumuskeln arbeiteten. Es gibt Männer, die können Frauen mit eigenen Ideen nicht leiden, dachte ich. Die Wut stand ihm gut. Betont lässig schlenderte ich zu dem zweisitzigen Sofa und ließ mich wieder in die Polster gleiten.
    »Also?! Hören Sie auf zu schmollen und sagen Sie, welches Spiel Sie treiben!«
    Er griff nach einem Stuhl und setzte sich. Seine Wut war verschwunden, nun bemühte er sich um eine geschäftsmäßige Miene.
    »Ich hatte heute abend vor, Ihnen reinen Wein einzuschenken«, behauptete er, »doch ich wollte den Zeitpunkt selbst bestimmen. Ich bin kein Organisationsanalytiker, sondern ...«
    »Ein mieser Schnüffler!« lächelte ich. »Einer, der sich im Auftrag von Masuls Versicherung in den Betrieb eingeschlichen hat, um Beweise für den Mord verschwinden zu lassen. Damit die Lebensversicherung nicht ausbezahlt werden muß.«
    »Ich brauchte nichts verschwinden zu lassen«, widersprach er, »denn Masul hat sich wirklich selbst getötet.«
    »Ach ja? Was spricht für einen Selbstmord?«
    »Das werde ich Ihnen gleich sagen. Wollen wir nicht zuerst essen?«
    Ich schüttelte den Kopf und wartete.
    »Frau Masul hat der Versicherung eine Klage angedroht.
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Nicht, daß das irgend jemandem Angst gemacht hätte, nein! Aber Frau Masul hat angedeutet, daß sie eigene Ermittlungen anstellen will, um einen Mord zu beweisen. Ich sollte diese Ermittlungen im Auge behalten und natürlich Beweise für den Selbstmord sammeln.«
    »Und? Was haben Sie rausgekriegt?«
    »Daß Sie im Auftrag von Rita Masul tätig sind. Ich habe Sie beobachtet und gesehen, wie Sie sich mit ihr getroffen haben. Also war der Fall klar. Nur Sie konnten es sein, Frau Grappa!«
    »Gewagte Interpretation«, beurteilte ich, »und jetzt erzählen Sie mir von den Beweisen, die Sie für eine Selbsttötung gefunden haben.«
    Er stand auf und holte den Aktenordner. Mit sicherem Griff zog er ein Schriftstück hervor. »Lesen Sie!«
    Es handelte sich um ein medizinisches Gutachten. Ich verstand nur so viel, daß John Masul todkrank war und nicht mehr lange zu leben hatte. Eine Operation hielt der behandelnde Arzt für zu spät.
    »Er war also schwer krank. Glauben Sie, daß er sich deshalb umgebracht hat? Obwohl er wußte, daß seine Familie unversorgt sein würde, weil die Versicherung nicht zahlt?«
    »Ja. Würden Sie weiterleben wollen, wenn Sie wüßten, daß Ihre letzten Wochen von wahnsinnigen Schmerzen bestimmt wären?«
    »Da gibt es noch mehr«, erzählte ich, »er hatte eine aussichtslose Affäre, die ihm den letzten Rest seiner Kraft raubte.« »Wie kommen Sie darauf?«
    »Ich bin im Besitz eines Liebesbriefes, den er an diese Frau geschrieben hat. Wahnsinnig schön, wahnsinnig traurig und von Todessehnsucht bestimmt. Wenn er sich wirklich umgebracht hat, spielte diese Frau auch eine Rolle.«
    »Wer war sie?«
    »Wenn ich das wüßte! Vielleicht Bettina Blasius? Ich bin leider noch nicht dahinter gekommen.«
    »Interessant!« grübelte er. »Sie haben eine ganze Menge raus-
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gefunden. Wollen wir uns nicht zusammentun? Wir zwei, nur der Wahrheit verpflichtet?«
    »Seit wann geht es Ihnen um Wahrheit?« höhnte ich. »Sie haben Ihre Beweise doch schon. Wenn Sie der Versicherung den Bericht des Arztes vorlegen, bekommt Rita Masul keine müde Mark. Also - warum interessiert Sie der Fall noch?«
    »Weil mehr dahinter steckt. In dieser Firma stimmt was nicht. Das entführte Mädchen, der Anschlag auf Sie, der Mord an Frau Ritzenbaum und der verschwundene Film.«
    »Und woher wissen Sie das alles?«
    »Ich bin wohl doch nicht der Dummkopf, für den Sie mich halten. Glauben Sie, daß sich meine Recherchen aufs Kaffeetrinken mit Rosemarie Ritzenbaum oder aufs Shopping mit Betty Blasius beschränkt haben?«
    Mir schwante etwas. »Dann haben Sie die Wanze in meinem Telefon installiert?«
    »Ja. Sie haben das Ding nur zu schnell entdeckt. Rudi Mühlen hat sich auf jeden Fall gewundert, als er es in seiner Post fand.«
    »Jetzt brauch ich was auf die Gabel.«
    Seine Enthüllungen hatten mich demoralisiert. Die 100.000 Mark Honorar flatterten in einzelnen Tausendmarkscheinen auf Nimmerwiedersehen davon. Jetzt gab es schon zwei gute Gründe, die John Masul zum Selbstmord hätten treiben können. Die verzehrende Liebe zu einer unbekannten Frau und eine tödliche Krankheit.
    Wir saßen schweigend

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