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Grappa und die keusche Braut

Grappa und die keusche Braut

Titel: Grappa und die keusche Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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oder? Maria – dieser Name will irgendwie nicht aus meinem Mund raus. Unter einer Maria stell ich mir eine schüchterne, dünne Frau vor.«

    »Das hab ich jetzt auch verstanden«, meinte ich, schmierte die Butter aufs Brötchen und legte ein Stück Appenzeller drauf. »Aber das ist okay so. Maria darf mich sowieso nur einer nennen.«
    »Ja, ja«, brummte Anton. »Der kleine Herr Friedemann.«

    »Klein isser nun aba gar nicht«, widersprach Frau Schmitz.

    »Thomas Mann. Der hat eine Novelle mit dem Titel Der kleine Herr Friedemann geschrieben. Ein gebildeter buckliger Mann verliebt sich in eine schöne, rothaarige verheiratete Frau. Als sie ihn – angeekelt von seiner Behinderung – von sich stößt, ertränkt er sich«, gab ich eine Kurzfassung.

    »Rothaarig bist du auch, Frau Grappa«, sinnierte die Bäckerin. »Aber dein Friedemann hat ja keinen Buckel. Insofern …«

    »… muss sich vielleicht niemand ertränken«, vervollständigte ich den Satz.

    Wir lachten. Vorn im Laden ging die Glocke. Frau Schmitz hatte Kundschaft und ließ uns allein.

    »Hast du die Waffen mal zu Gesicht bekommen, mit denen die Kinder am Schießstand trainieren?«

    »Nein. Die sind in einem Stahlschrank verschlossen – wie es Vorschrift ist. Und eine Maschinenpistole von Heckler & Koch gehört nicht zur Standardausrüstung schulischer Übungsschießanlagen. Das ist eine Kriegswaffe.«

    »Wenn die Lindenthal die Schützin ist, dann muss sie doch mal geübt haben«, grübelte ich. »Wie kommt man an eine Maschinenpistole heran? Wo übt man mit ihr, ohne dass es auffällt?«

    »Das Rankommen ist einfach, Grappa. Du gehst in den Norden von Bierstadt in irgendeine Kneipe und lässt fallen, dass du an so einem Ding interessiert bist«, erklärte Brinkhoff. »Dass die MP5 nicht registriert sein sollte, erhöht natürlich den Preis. Aber innerhalb einer Woche hast du so ein Teil – funktionsfähig, mit weggefräster Seriennummer. Und Munition.«

    »Gut. Dann hab ich so ein Ding. Und nun?«

    »Das zeigt dir der Verkäufer schon – jedenfalls theoretisch. Und wenn du bei der Bundeswehr gewesen bist, weißt du sowieso, wie du das Ding zum Schießen kriegst.«

    »Lara Lindenthal war bestimmt nicht bei der Bundeswehr«, wandte ich ein. »Und Patrick Sello auch nicht. Also, wo könnte die Lehrerin geübt haben? Wohl kaum in ihrem Appartement.«

    Brinkhoff überlegte. »Im Wald? Keine Ahnung. Du stellst dir das zu kompliziert vor. Schießen ist eigentlich einfach. Die MP5 hat drei Sicherungsstellungen: Sicher, Einzelfeuer und Dauerfeuer. Du gehst auf Feuerstoß, zielst grob in die Richtung, in die du schießen willst, und ab geht die Luzie.«

    »Man muss nur draufhalten?«

    »Im Grunde schon.«

    Frau Schmitz kam zurück. »Das war Olli, unser Dorfpolizist. Die Blagen, die mich überfallen haben, sind gefasst.«

    »Und? Was passiert jetzt mit denen?«

    »Nicht viel – sagt der Olli. Die haben schon öfters so was gedreht. Erst mal geht’s vors Jugendgericht. Aber das kennen die schon alles.«

    »Den Eltern müsste man mal die Super-Nanny auf den Hals schicken«, meinte ich. »Oder diese Frau Kallwass mit ihrem Ich-versteh-immer-alles-Blick.«

    »Nee, Frau Grappa!«, rief Frau Schmitz aus. »Die Jungs gehören zu Frau Salesch auf die Sünderbank.«

    »Oder in eins dieser Erziehungslager in der Wüste von Arizona«, machte Brinkhoff mit.

    Jetzt hatten wir die einschlägigen Serien durch und die Teller leer gegessen. Brinkhoff machte sich auf den Rückweg ins Schloss und ich fuhr in die Redaktion.

     
    Die Pressemitteilung lag auf meinem Schreibtisch. Ich überflog sie. Die Lindenthal war ein harter Brocken. Sie hatte das getan, was ich an ihrer Stelle auch getan hätte: Sie berief sich auf Erinnerungslücken. Nur eins wusste sie noch hundertprozentig sicher: Patrick Sello war der Täter. Er habe plötzlich die Waffe gezeigt und sie alle bedroht. Er habe sehr entschlossen gewirkt. Es sei ihr gerade noch möglich gewesen, eine SMS an Herrn Direktor Lerchenmüller zu senden. Die Vorkommnisse danach seien wie in einem Nebel verschwunden.

    Praktisch, dachte ich und las weiter:

     
    Die Beschuldigte wiederholte ihre Aussage, dass ihre Beziehung zu Patrick S. zunächst freundschaftlich und professionell, später dann eher distanziert gewesen sei. Gerüchte über eine Liebesbeziehung wies sie strikt zurück. Einen Film, welcher ihr vorgespielt wurde, bezeichnete sie als Fälschung. Die Beschuldigte sieht sich im Mittelpunkt von

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