Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Grappa Und Die Seelenfaenger

Titel: Grappa Und Die Seelenfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
Vom Netzwerk:
andere Sendungen immer noch träumen.
 Schon seit einigen Monaten befürchten die Macher der Show, dass die Marktanteile noch weiter einbrechen könnten. Die anderen Fernsehanstalten versuchen, diesen Trend zu beschleunigen, setzen attraktive Sendungen in Konkurrenz zu WSDS in der Primetime und holen auf.
 Ein weiterer Einbruch gestern. WSDS startete mit sage und schreibe fünf Millionen Zuschauern – eine absolute Traumzahl! Doch nach fünfzehn Minuten halbierte sich der Marktanteil. Der Grund: Das ungewöhnliche Auftreten des Jurychefs Pitt Brett. Die Sendung wurde nach einer halben Stunde abgebrochen. Brett wurde ins Krankenhaus gebracht. Sein Verhalten könnte mit seiner Entführung vor einer Woche in Zusammenhang stehen, die noch immer nicht aufgeklärt ist.
     
    Im Gästebuch des Senders forderten die WSDS-Fans vehement die bösen Sprüche zurück. Ähnliches war auf der Homepage des Pop-Titanen zu lesen. Alle wollten ihren Pitt Brett so gemein und verletzend wie er gewesen war!
    Bis zum Mittag hatte ich meinen Artikel fertig. Ich hatte nicht mehr zu bieten als das, was die Agenturmeldungen hergaben. Bevor ich den Text endgültig im Redaktionssystem freigab, klingelte ich Jessica von Neuenfels an. Sie saß in ihrem Büro und übte sich in Krisenbewältigung.
    »Hier ist der Teufel los«, klagte sie. »Ohne Pitt ist WSDS so spannend wie der Musikantenstadl. Wenn der nicht wieder auf die Füße kommt, können wir die Sendung einstampfen. Was haben diese Leute bloß mit Brett angestellt?«
    »Er wollte sich doch gestern mit einem Hypnotiseur beraten«, erinnerte ich mich. »Was ist dabei herausgekommen?«
    »Nichts. Pitt hat den Mann nach fünf Minuten rausgeschmissen und ihn als ›geldgeilen Quacksalber‹ bezeichnet.«
    »Dann war er gestern Abend ja noch ganz der Alte. Verraten Sie mir noch, in welcher Klinik er ist?«
    »In keiner mehr. Er hat sich selbst entlassen. Seine Freundin hat ihn abgeholt. Ich hab keinen blassen Schimmer, wie das hier weitergehen soll. War sonst noch was, Frau Grappa? Ich würde mich gern weiter um die Beschwerdebriefe kümmern.«

Blechbläser, Holzbläser und die große Kultur
    »Die Luft ist raus aus WSDS«, teilte ich auf der Redaktionskonferenz am Montag mit. »Brett ist außer Gefecht und die Werbekunden des Senders wollen ihre Verträge nicht verlängern.«
    »Gut, dass diese schreckliche Musikveranstaltung ausgesetzt wird.« Margarete Wurbel-Simonis hatte ihren Krankenschein abgefeiert und spielte sich mal wieder als Gralshüterin der bürgerlichen Hochkultur auf. »Und – wenn ich noch etwas anmerken darf – Frau Grappas Geschichten dienen nicht gerade dazu, dieser Zeitung ein erträgliches kulturelles Niveau zu geben.«
    »Ihre Reportage über die Blechbläserfamilie auch nicht«, konterte ich. »Was ist daran kulturell, dass Papa Tuba, Mama Trompete, Tochter Nummer eins Saxofon und Tochter Nummer zwei Klarinette bläst? Es kommt doch wohl auf die Musik an.«
    »Die Klarinette gehört zu den Holzbläsern, Frau Grappa!«, belehrte mich Wurbelchen.
    »Na, und? Das Saxofon von Tochter Nummer eins auch, verehrte Kollegin.«
    Wurbelchen war schlecht beraten. Sie ging in die Falle: »Saxofone werden sämtlich aus Blech gefertigt, Frau Grappa.«
    Ich seufzte laut und machte auf Volkshochschule. »Frau Doktor Wurbel-Simonis, ein Holzblasinstrument kann aus jedem Material gebaut werden. Entscheidend ist, wie der Ton erzeugt wird. Bei Instrumenten mit Rohrblatt wie beim Saxofon oder Luftblatt wie bei Flöte und Orgel handelt es sich um Holzblasinstrumente. Es gibt sogar Blechblasinstrumente aus Holz, Alphorn und Zink zum Beispiel. Die haben ein Kesselmundstück wie die Trompete und sind daher hölzerne Blechblasinstrumente.«
    Das Wurbelchen sagte nichts und wurde rot.
    »Aber was soll’s?«, tröstete ich. »Blasen ist Blasen.«
    »Diese Töchter würde ich jedenfalls gern mal kennenlernen«, kicherte Pöppelbaum. »Die haben es bestimmt drauf.«
    »Und ich die Frau Mutter«, machte Harras mit. Die Männer lachten, die Frauen schwiegen.
    »Ich muss doch sehr bitten«, polterte Schnack. »Zickenkrieg hat in dieser Konferenz nichts zu suchen – genauso wenig wie schlüpfrige Bemerkungen, meine Herren. Und jetzt wünsche ich Ihnen allen einen angenehmen Arbeitstag.«
     
    Klara Billerbeck ging mir immer noch nicht aus dem Kopf. Hatte mir die Eifersucht einen falschen Weg gewiesen?
    Ich druckte den Artikel aus, in dem die Düsseldorfer Lokalzeitung über Justin Billerbecks

Weitere Kostenlose Bücher