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Grappa und die Toten vom See

Grappa und die Toten vom See

Titel: Grappa und die Toten vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Wollenhaupt
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Blutbad anzurichten.«
    »Moment. P8? Wie kommen Sie darauf?«
    »Gewöhnlich gut informierte Kreise«, grinste Fellner abwinkend.
    »Keine Antwort ist auch eine Antwort. Vielen Dank.«
    »Ich spinne das mal weiter. David weiß, er wird sterben und verschluckt den Stick, um wenigstens einen Hinweis zu geben, in welcher Richtung man suchen muss.«
    »Das alles liegt ja irgendwie auf der Hand und ist nicht schwer auszudenken. Aber wie passt der Radfahrer dazu?«
    »Er kam zufällig vorbei.«
    »Eben nicht. Der Typ hat in dem Wald gewartet. Auf jemanden oder etwas. Vermutlich auf das Auto. Er hatte Schmauchspuren an der Hand und man hat zahlreiche Zigarettenkippen mit seinem genetischen Fingerabdruck gefunden. Diese Informationen werden morgen in der Zeitung stehen.«
    Fellner war baff. »Dann war der Radfahrer der Killer? Und wer hat den Killer gekillt?«
    Ich zuckte die Schultern. »Vielleicht der Mann, den wir Zeitgenosse genannt haben. Wenn der aber zu den Mördern von 1943 gehört hat, müsste er über neunzig sein.«
    Wir bestellten zwei Espressi.
    »Werden Sie den Fall journalistisch verwerten?«, fragte ich.
    »Nein. Das überlasse ich den aktuellen Reportern. Holger Bruns ist ein politischer Journalist mit Tiefgang und Durchblick.«
    Das saß. Plötzlich gefiel mir der Kollege gar nicht mehr so gut.
    »Ich war erst einmal hier«, vernahm ich im nächsten Moment eine mir bekannte Stimme. »Und da war das Essen ganz vorzüglich.«
    Ich guckte durch die Grünpflanze. Dr. Friedemann Kleist und – ja, sie war es wirklich! – Giaconda Maronetti. Was machte diese Tussi hier?
    Ein inneres Grollen stieg in mir auf. Wozu brauchte er in Bierstadt eine Übersetzerin?
    »Was ist? Sie machen ein Gesicht, als hätten Sie den Teufel persönlich gesehen«, fragte Fabian und guckte dorthin, wohin ich guckte.
    Kleist und Condi hatten inzwischen Platz genommen. Die Italienerin trug keine Uniform mehr, was ihre Erscheinung nicht gerade unattraktiver machte.
    »Nur ein Bekannter«, murmelte ich und rückte den Stuhl so, dass mein Gesicht von der Pflanze verdeckt war. »Und ich will ihm nicht gerne begegnen. Haben Sie eine Idee, wie wir hier rauskommen?«
    Der Zufall half. Kleists Handy klingelte und er ging in den Vorraum zu den Toiletten. Condi saß mit dem Rücken zu uns. Bezahlen und nichts wie weg!
    Wieder in der Redaktion, googelte ich Holger Bruns, den politischen Journalisten mit Tiefgang und Durchblick. In der Tat hatte er sich durch ausführliche Analysen zum Faschismus, Neofaschismus und zur Neonaziszene einen Namen gemacht. Er hatte in vielen linken, liberalen und demokratischen Zeitschriften veröffentlicht und war als Interviewpartner ausgesprochen beliebt. Er saß in Gutachtergremien und unterstützte mit seinen Kenntnissen politische Vereine und Verbände.
    Nirgendwo war ein Foto von ihm zu finden, aber das ließ sich mit seiner Angst vor Angriffen erklären.
    Er schien jede neonazistische Gruppe zu kennen und hatte vor Jahren ein Buch über die Verbrechen der SS während des Dritten Reiches geschrieben.
    Ob SS-Hauptsturmführer Theodor Steiger auch darin erwähnt wurde? Leider war das Buch vergriffen. Aber ich stöberte es dennoch auf – ein Antiquar offerierte im Internet ein gebrauchtes. Ich bestellte das Buch und bat um Expresszustellung.
    Bruns’ jüngste große Veröffentlichungen bezogen sich auf die Morde des Nationalsozialistischen Untergrunds.

    Die neonazistischen Gefahren wurden viel zu lange verharmlost, ihre Strukturen, die sich im Laufe der Jahre verstärkten, von den Sicherheitsbehörden abgestritten. Die braune Szene wurde nie als politische Bewegung gesehen. Eine eklatante Fehleinschätzung, die in den Versäumnissen und Pannen bei den Ermittlungen rund um den NSU-Terror ihren traurigen Höhepunkt fand.
    Ja, da hatte Fellner recht. Der Verfassungsschutz hatte die Zwickauer Terrorzelle zwar seit Jahren beobachtet, aber von den Morden nichts mitbekommen oder mitbekommen wollen.
    Auch im Norden von Bierstadt hatte die Terrorzelle zugeschlagen. Ein türkischer Kioskbesitzer war durch mehrere Kopfschüsse hingerichtet worden. Ich war damals als Reporterin vor Ort gewesen: ein kleiner Laden in einer Straße, in der die Ausländerquote bei rund achtzig Prozent lag.
    Zeugen sagten aus, dass die Mörder am helllichten Tag das Geschäft betraten, die Schüsse abgaben und dann ohne Eile verschwanden. Die Nachbarn glaubten an eine Schutzgelderpressungsgeschichte und unterstellten dem Opfer, in

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