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Grappa und die Toten vom See

Grappa und die Toten vom See

Titel: Grappa und die Toten vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Wollenhaupt
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niemandem mehr gesprochen und sich dann umgebracht.
    »Das ist ein großer Schock für mich«, entgegnete ich. »Sie hat so liebevoll und voller Hochachtung von Ihnen geredet. Was ist denn nur auf dieser Reise passiert? Wo ist sie denn hingereist?«
    Ich tippte insgeheim auf Israel. Doch Valeria Ramsmeyer antwortete: »Sie war eine Woche am Lago Maggiore. Mit ihrer Tochter Miriam.«
    Ja. So konnte es gelaufen sein: Irene Motte entdeckt im Tresor alte Papiere, darunter Samuel Cohns Brief an den Bruder. Dazu vielleicht Bankunterlagen und Dokumente oder Hinweise darauf, dass Theodor Steiger sich nach dem Zusammenbruch des Nazireiches eine neue Identität als Laurenz Motte zugelegt hatte. Sie ahnt, dass der eigene Reichtum und das gesellschaftliche Ansehen auf Mord und Raub aufgebaut sind. Ihr Mann weicht ihr aus, als sie ihn zur Rede stellt. Sie kennt seine politische Einstellung, die ihn Freundschaften zu rechtsradikalen Gruppen pflegen lässt, und erzählt ihrer Tochter Miriam, was sie herausgefunden hat. Die beiden fahren nach Italien. Dort hört Irene Motte von dem Massaker und sieht sich in ihren Befürchtungen bestätigt. Miriam weiß auch nicht, wie mit einer solchen Familiengeschichte umzugehen ist, und wandert in die USA aus. Irene zweifelt, ob es gut ist, die Wahrheit an die Öffentlichkeit zu bringen – das würde Verzicht auf Reichtum und Ansehen mit sich bringen. Sie recherchiert, ob Samuel Cohn noch Nachfahren hat, und gerät an David. Sie spielt ihm die Dokumente zu. Dann begeht sie Selbstmord.
    Die Einzige, die mir erzählen konnte, ob meine Theorie stimmte, war Miriam Motte. Ich rief ihren Bruder auf dem Handy an, doch es war nur die Mailbox geschaltet. Wenn er wirklich an einer Aufklärung interessiert war, würde er mir den Kontakt zu seiner Schwester herstellen.
    Jeder Mensch hat Freunde
    Am Nachmittag gaben Polizei und Staatsanwaltschaft bekannt, dass die Männer, die meine Frau Schmitz zusammengeschlagen hatten, in Haft blieben. Auch Golombeck, der Auftraggeber, durfte seine Zelle im Lübecker Hof , dem gemütlichen Bierstädter Gefängnis, behalten.
    Schnack gab mir vierzig Zeilen und ich schrieb sie gerne.
    Anneliese S. aus Koma erwacht
    Das 65-jährige Opfer des brutalen Neonaziüberfalls in Dorstfeld ist auf dem Weg der Besserung. Frau S. ist ansprechbar. Ob körperliche Schäden nach der Attacke von drei rechtsextremen Schlägern zurückbleiben, können die Ärzte noch nicht ganz ausschließen. Die geständigen Täter bleiben in Haft, ebenso ihr Auftraggeber Heinz G., der Nachbar des Opfers. Der Tat vorausgegangen war ein monatelanger Nachbarschaftsstreit zwischen Anneliese S. und Heinz G. und seiner Frau …
    Nach der Freigabe durch Schnack speicherte ich den Artikel in der Onlineausgabe des Tageblattes und packte meine Sachen. Im Großraumbüro saß nur noch Bärchen Biber.
    »Machst du Überstunden?«, frotzelte ich.
    »So ähnlich«, antwortete er. »Ich hab kein Wasser zu Hause. Das Rohr ist gebrochen. Also übernachte ich hier im Sanitätsraum.«
    »Hast du keine Freunde, bei denen du schlafen kannst?«
    »Freunde? Nee! Hast du etwa welche?«
    Ich überlegte. »Doch. Vielleicht einen.« Ich dachte an Kleist.
    »Du meinst deinen Oberpolizisten.« Bärchen war mir gedanklich gefolgt. »Der kommt dir wohl bald abhanden.«
    »Wieso das?«
    »Hier. Lies.« Er reichte mir ein überregionales Blatt.

    Bundesinnenminister Friedrich (CSU) eröffnet demnächst beim Verfassungsschutz in Köln ein neues Abwehrzentrum gegen Extremismus und Terrorismus. Experten von vierzig Behörden aus Bund und Ländern sollen dort ihre Erkenntnisse bündeln. Die Zusammenarbeit zielt auf die Bekämpfung aller Arten von Extremismus. Dazu gehören Terror von Rechts und Links sowie Spionage. Bundeskriminalamt und Bundesverfassungsschutz sollen die Arbeit in der neuen Einrichtung koordinieren. Mit dabei sind Bundespolizei, Bundesnachrichtendienst, Zollkriminalamt, Bundesanwaltschaft und der Militärische Abschirmdienst. Als Leiter der neuen Einrichtung ist Dr. Friedemann Kleist (52), Leitender Hauptkommissar der Polizei Bierstadt, im Gespräch. Kleist selbst wollte sich zu der Personalie nicht äußern.
    Na toll, dachte ich grimmig, ich erfahre aus der Zeitung, dass sich mein gelegentlicher Liebhaber aus dem Staub machen will.
    »Ach, das wusstest du gar nicht?«, lächelte Bärchen lauernd.
    »Das ist noch nicht spruchreif«, lächelte ich zurück. »Presseleute lügen eh alle wie gedruckt.«
    Meine Laune war im

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