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Grappa und die Toten vom See

Grappa und die Toten vom See

Titel: Grappa und die Toten vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Wollenhaupt
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hatte den Ruf eines ebenso brillanten wie skrupellosen Geheimdienstes. Er führte weltweit generalstabsmäßig geplante Exekutionen unliebsamer Gegner durch, wann immer es das angebliche Interesse Israel erforderte – ganz im Sinne des Alten Testamentes: Auge um Auge, Zahn um Zahn.
    Den folgenden Sonntag verbrachte ich damit, mir alle Gehirnknoten wegzuarbeiten: Ich besuchte ein Fitnessstudio und danach das Solebad in unserem Revierpark. So konnte ich der kommenden Woche mit großem Seelenfrieden entgegenblicken.
    Die Kassen sprengen
    Am Montagmorgen hatte ich es eilig, in die Redaktion zu kommen. Im Verlag lud ich mich bei Schnack zu einer Audienz ein. Immerhin hatte ich vor, den israelischen Geheimdienst in aller Öffentlichkeit des Auftragsmordes zu beschuldigen. Solche Geschichten waren in unserer Familienzeitung nicht alle Tage zu lesen.
    Ich berichtete.
    »Eine gewagte Theorie«, meinte Schnack erstaunlich gelassen. »Und Sie sind sich sicher, dass der Zeuge bei seiner Aussage bleibt?«
    »Davon gehe ich aus. Außerdem war der Chef der Kripo bei dem Gespräch mit dem ehemaligen Mossadagenten dabei und kann die Aussagen bestätigen.«
    »Dessen Identität werden wir selbstverständlich nicht preisgeben«, stellte Schnack fest. »Sie können ihm vollen Informantenschutz zusichern, Frau Grappa.«
    »Das hab ich schon.«
    »Gut. Dann an die Arbeit!«
    Schnack war ungewohnt pflegeleicht. Ich griff mir in der Kantine einen großen Pott Kaffee, ging in mein Büro, stellte das Telefon ab, fuhr den Rechner hoch und legte los.
    Nach einer Stunde Konzentration hatte ich den Artikel fertig. Schnack las den Text gegen und schaltete die Rechtsabteilung des Verlages ein. Am frühen Nachmittag waren meine Zeilen juristisch abgeklopft.
    Auf der Onlineseite des Bierstädter Tageblattes wurde der Artikel geheimnisvoll angekündigt – schließlich sollten die Leser die morgige Ausgabe des Bierstädter Tageblattes kaufen und die Kassen des Verlags sprengen.
    Mossadagent packt aus: Israelischer Geheimdienst ist Auftraggeber der Morde am Lago Maggiore!
    Das würde Theater geben. Nach einer knappen Stunde, nachdem der Artikel im Internet angekündigt worden war, meldete sich Kleist.
    »Die Israelis fahren schwere Geschütze auf«, berichtete er. »Sie haben gegen deinen Artikel Protest beim Bundesinnenminister eingelegt. Dabei kennen sie die Details noch gar nicht. Wir müssen mit diplomatischen Verwicklungen rechnen.«
    »Unsere Juristen haben alles überprüft. Die können uns gar nichts«, entgegnete ich. »Und der Innenminister weiß bestimmt auch, dass wir in einer Demokratie leben, in der Presse- und Meinungsfreiheit grundgesetzlich garantiert sind.«
    »Ich glaube, er hat gerüchteweise davon gehört. Wo bist du gerade?«
    »Auf dem Weg nach Hause. Ich wollte den Tag heute etwas früher ausklingen lassen und Mandelhörnchen backen. Ich bin auf Entzug.«
    »Darf ich mitmachen?«
    Er durfte.
    »Lass mir einen Vorsprung von einer halben Stunde, ich muss die Zutaten noch besorgen.«
    Als ich den Supermarkt betrat, um einzukaufen, freute ich mich über die Händlerschürze mit der Ankündigung meiner Enthüllungsstory. Der Verlag hatte schnelle Arbeit geleistet.
    Kleist wartete bereits. Er hatte den Dreitagebart, den ich so an ihm mochte, abrasiert. Das machte ihn jünger und weniger verrucht.
    Ich stellte den Korb auf den Küchentisch und kramte nach dem Rezeptbuch.
    »Wie geht es Fellner?«, fragte ich.
    »Er hat sich in der Pension verkrochen«, antwortete er. »Er rechnet damit, dass er liquidiert werden soll, und schlottert vor Angst. Für einen Geheimagenten hat er ziemlich schwache Nerven. Er sollte sich einen anderen Beruf aussuchen.«
    »Er ist ja eher ein Gelegenheitsagent. Hoffentlich kriegt er keine kalten Füße. Einen Widerruf seiner Aussage können wir nicht brauchen.«
    Das Telefon klingelte.
    »Kannst du mal drangehen und jeden abwimmeln?«, bat ich.
    »Ich bin nur der Gärtner«, hörte ich Kleist nach einer Minute sagen. »Frau Grappa ist gerade nicht zu sprechen. Kann ich etwas ausrichten?« – »Gut. Ich werde es bestellen.«
    Er legte mir einen Zettel mit einer Telefonnummer hin.
    »Ein Fernsehteam will Informationen von dir zu den Morden und deiner Theorie.«
    »Die machen es sich einfach. Aber keine Chance! Ich brauche heute meine Ruhe. Ich will Mandelhörnchen backen.«
    Ich legte aufgetaute Marzipanrohmasse in eine Schüssel, schüttete Zucker und etwas Mehl dazu. »Du wolltest doch mithelfen. Bitte

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