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Grass, Guenter

Grass, Guenter

Titel: Grass, Guenter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grimms Woerter
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Dauerstreit gesichert. Das
war schon so, als Demokratie noch als umstrittenes Wunschwort galt. Weshalb die
Brüder Grimm, um sich als dauerhafte Stubengelehrte ein möglichst windstilles
Daheim zu sichern, sorgsam Distanz zum Dafür und Dagegen ihrer Zeit wahrten.
Weder suchten sie Staatsnähe im Hause Savigny, der unterm vierten Friedrich
Wilhelm als Justizminister Figur machte und in dessen Salon es steif höfisch
mit livrierten Dienern zuging, noch teilten sie Bettines immerfort Reibung
suchende Unruhe, die sich mal radikal-demokratisch, mal konstitutionell, sogar
urchristlich kommunistisch, aber immer in himmelstürmenden Wörtern ergoß.
    Bevor
es wegen der Fallersleben-Affäre zur Distanz kam, klagte Jacob in Briefen an
Dahlmann und Gervinus, wie störend die vielen Besuche in der Lennestraße
seien, besonders wenn Arnims Witwe komme und ihnen die Debatten der
Tagespolitik ins Haus trage. Durch ihr überschwengliches, endloses, wiewohl
immer anziehendes Gespräch störe sie ungeduldig und aufgeregt: »ihre natur ist
tag wie nacht unermüdlich Wilhelm hingegen, der ohnehin seit Jahren Arnims nachgelassenes
Werk gemeinsam mit der Witwe Band für Band herausgab, hielt insgeheim zu ihr,
auch als es zum Bruch kam, und er eigentlich der Freundin zu grollen gedachte.
Er war, außer, wenn Depressionen ihn heimsuchten, geselliger als sein sich
ständig selbst disziplinierender Bruder.
    Seit
jungen Jahren, als beide mit Vorschlägen und Beiträgen »Des Knaben Wunderhorn«
förderten, blieb er Bettine verbunden. Zudem hatten ihr Bruder Clemens und
dessen Freund Achim ihn angestoßen, im hessischen Umland und bei
erzählfreudigen Familien - den Hassenpflugs - mit genauem Ohr Märchen zu
sammeln, wozu gewiß dann auch Jacob beisteuerte, so daß im Jahr zwölf, als
allerorts die Herrschaft Napoleons immer noch drückte, die erste Ausgabe der
Kinder- und Hausmärchen erscheinen konnte. Deren derber, weil ungeschliffener Erzählton
trug allerdings keinen Erfolg durch Verkauf ein. Erst als im Jahr fünfundzwanzig
die kleine Ausgabe der Märchen auf den Buchmarkt kam, gefiel der dank
gründlicher Überarbeitung biedermeierliche Ton. Nun blühten die Rosen mit
weniger Dornen. Alles Derbe kam wohltuend gedämpft, alles Drastische gelindert
daher. Vom gedeckten Tisch stieg Duft auf. Und nachdem er die Großmutter
verdaut hatte, begann der Wolf Kreide zu fressen.
    So
fanden die Märchen eine breite Leserschicht. Auflage nach Auflage erschien. In
vielen Sprachen wurden Übersetzungen weltweit verbreitet und machten den
Brüdern Grimm sogar außerhalb eng bemessener Gelehrtenkreise einen Namen.
    »The
Grimm Brothers' Fairy Tales« sind bis heutzutage in Neuseeland und Alaska zu
haben, sogar abrufbar übers Internet. Im Fernsehquiz geben sie Fragen her.
Denkmäler und Gedenksteine stehen längs der deutschen Märchenstraße, die von
Hanau und Steinau über Marburg ins Schauenburgische bis nach Baunatal, Kassel
und Göttingen führt, so dankbar gedenkt man ihrer, so berühmt haben Rapunzel,
Hansel und Gretel, König Drosselbart, Schneewittchen, Rotkäppchen und
Dornröschen die Grimmbrüder gemacht.
    Jacob
wird dieser volkstümliche Ruhm eher störend gewesen sein; Wilhelm jedoch
vergaß nicht, wer ihn so beharrlich auf Märchensuche geschickt hatte. War doch
das Vorwort, das er im Frühjahr dreiundvierzig in Berlin für eine weitere
Ausgabe der Märchensammlung schrieb, an die Schwester und Witwe der
Jugendfreunde gerichtet: »dieses Buch kehrt abermals bei Ihnen ein, wie eine
ausgeflogene Taube die Heimat wieder sucht und sich da friedlich sonnt...«
    Und
gegen Schluß des Vorworts steht: »Diesmal kann ich Ihnen, liebe Bettine, das
Buch, das sonst aus der Ferne kam, selbst in die Hand geben...« Dann kommt er
auf die Nähe zum Tiergarten, wo es prächtige Gewächse und dunkle Wasser gebe,
über denen »das griechische Götterbild lächelnd steht«.
    Gemeint
ist das später Goldfischteich genannte Venusbassin, in dem sich seit barocker
Vorzeit jenes versteinerte und oberhalb des Bauchnabels ganz und gar nackte
Standbild spiegelte; eine Dame, die sogar von Jacob mit abtastenden Blicken
bedacht wurde, allseits dichtbei oder aus nur kurzer Distanz und sooft er ihr
begegnete.
     
    Um
diese Zeit war die Gestaltung des ehemals sumpfigen Geländes, gemäß Lennes Plan
durch Trockenlegung und dämmende Erdaufschüttungen als Landschaftsgarten abgeschlossen.
Vom Brandenburger Tor und dem Platz an den Zelten bis zur westlich

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