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Grau - ein Eddie Russett-Roman

Grau - ein Eddie Russett-Roman

Titel: Grau - ein Eddie Russett-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eichborn-Verlag
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Violetta, die allmählich ungeduldig wurde.
    »Es gibt keine Abmachung. Ich gehe weiter.«
    »Diese Russetts!«, schrie Violetta. »Immer so selbstgerecht! Widerlich!« Sie verschränkte die Arme und blickte wütend, sah aber nicht mich an, sondern Courtland und Tommo. »Ehrlich. Ihr habt gesagt, ihr hättet das vorher alles geklärt. Wenn ich jetzt deswegen Ärger kriege, dann verspreche ich euch, werdet ihr dafür büßen, sobald ich Oberpräfektin bin.«
    »Wir haben ja vorher alles geklärt«, verteidigte sich Tommo mit schwacher Stimme. »Wir hätten nur nicht gedacht, dass Russett so ein Spielverderber und Präfektenprimus ist.«
    »Dann steige ich eben aus diesem Schlamassel aus«, verkündete Violetta, die rasch für sich entschieden hatte. »Ich glaube, ich habe mir gerade eben den Knöchel verstaucht. Ich kann gar nicht weitergehen.«
    Sie durchbohrte mich mit Blicken.
    »Solltest du die Unhöflichkeit besitzen, zu überleben, sodass ich dich heiraten muss, werde ich alles daransetzen, dich bis ans Ende deiner Tage unglücklich zu machen.«
    Violetta erhob sich, setzte sich den Rucksack auf und wandte sich uns noch mal zu.
    »Und welche Geschichte erzählen wir ihnen?«
    »Ganz einfach«, sagte Courtland, den Blick weiterhin auf mich gerichtet. »Dass wir hier eine Pause eingelegt hätten und dass du gestolpert bist, als wir über Trümmer geklettert sind, und dass du dann zurückgehumpelt bist.«
    »Und wenn Russett ausplaudert, das Ganze hätten wir nur gemacht, um uns Meriten zu erschwindeln?«
    »Keine Sorge«, antwortete Courtland. »Er wird schon einlenken, nicht wahr, Eddie?«
    »Ich will einzig und allein diese Exkursion zu Ende bringen«, sagte ich, Courtlands durchdringenden Blick erwidernd. »Alles andere geht mir am Gesäß vorbei.«
    »Na bitte«, sagte Courtland. »Er hat ein Einsehen.«
    Ohne ein weiteres Wort machte sich Violetta zügigen Schrittes auf den Weg.
    »Gut und schön für Violetta«, sagte Tommo, nachdem wir unsere Sachen wieder verstaut hatten, »aber das bedeutet, dass der Rest von uns jetzt tatsächlich nach Hoch-Safran gehen muss .«
    »Was ist?«, fragte Courtland. »Hast du Angst?«
    »Worauf du Gift nehmen kannst. Ich glaube, ich habe mir soeben auch den Fuß verstaucht – oder so.«
    »Du kommst mit uns«, sagte Courtland in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. »Du hast uns diese blöde Situation eingebrockt, jetzt sieh zu, wie du uns da wieder rausbekommst.«
    »Aber natürlich, klar«, sagte Tommo ohne jede Begeisterung, »mit Vergnügen.«
    »Wir brechen auf«, sagte ich. »Nächste Pause in einer Stunde.«
    Tommo und Courtland wechselten Blicke. Wenn Tommo zusammen mit Violetta zurückgegangen wäre, hätte ich ein mulmiges Gefühl gehabt. Courtland war zu allem fähig, aber in Tommos Gegenwart vielleicht nicht, bildete ich mir ein. Tommo war ein Kriecher, und Courtland zu verpetzen, sollte er irgendeinen Unsinn anstellen, würde ihm einen Batzen Meriten einbringen. Trotzdem, eins war mir klar: Ich musste ab jetzt ununterbrochen auf der Hut sein.
    Bevor wir losgingen, vermerkte ich in meinem Notizheft, Violetta sei umgekehrt, riss die Seite heraus, notierte noch die Zeit dazu, setzte meinen Namen darunter und legte das Stück Papier mitten auf die Straße, beschwert mit vier zu einer Pyramide geformten Steinen.
    Dann zogen wir weiter, und nach einer Weile dachte ich, dass sich diese Expedition von den anderen, die ich bisher mitgemacht hatte, eigentlich kaum unterschied – es gab Streit, und sie verlief alles andere als reibungslos.

Auf zum Flakturm
    3.6.23.12.028: Ovomaltine darf nur vor dem Zubettgehen getrunken werden.
    Die Straße war immer schlechter zu erkennen, und unser Weg wurde mühsamer. Fahrzeugverkehr hatte es auf diesem Abschnitt nach der Abspaltung der Perpetulitbahn offensichtlich kaum gegeben. Wir verloren viel Zeit damit, uns einen Weg durch die dichten Rhododendronbüsche zu bahnen, vereinzelt wachsenden Yateveobäumen auszuweichen und dabei zu versuchen, so gut es irgend ging, auf der Spur zu bleiben. Das grüne Dach über uns machte den Wald teilweise so dunkel, dass man kaum mehr etwas sehen konnte. An einer Stelle verlor ich das Bett der alten Straße vollkommen aus den Augen, und erst als der Wald ausdünnte und durch offene Heide abgelöst wurde, konnte ich die Spur wieder aufnehmen.
    Die ganze Zeit über spürte ich eine gesteigerte Nervosität in mir, die sich erst wieder legte, als ich Tommo und Courtland sich über Nichtigkeiten

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