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Grau - ein Eddie Russett-Roman

Grau - ein Eddie Russett-Roman

Titel: Grau - ein Eddie Russett-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eichborn-Verlag
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hat und jeder seinen Platz kennt. Alle arbeiten unaufhörlich daran, Kontinuität zu erhalten. Nüchtern betrachtet wäre das Hauptziel dieser Gesellschaft Langlebigkeit statt Gerechtigkeit, alles wird daher Mittel zum Zweck und dazu degradiert, dieses Ziel zu erreichen. Statt so lange zu warten, bis ein Bewohner, der ausfällig geworden ist, die Harmonie stört, wird er frühzeitig aussortiert und zur Vorsicht gleich zum Reboot geschickt. Wenn man darüber nachdenkt, ist die Idee ziemlich genial.«
    »Ich wäre der Erste, der begeistert ja dazu sagen würde«, sagte ich. »Wenn es nicht diesen hässlichen Beigeschmack eines Mordes an Unschuldigen hätte. Aber wenn wir erst mal allen die Wahrheit gesagt haben«, fuhr ich fort, »muss die Zentrale Rede und Antwort stehen. Die Regeln gelten schließlich für alle, unabhängig von Farbton oder Position. Wenn der Prinzipal weiß, was in Hoch-Safran vor sich geht, kann er persönlich zur Rechenschaft gezogen werden.«
    »Davon können wir wohl ausgehen. Aber die Zentrale hat viele Freunde. Präfekten, Revisoren, NationalColor, die Nachtsichtigen. Wir müssen uns vorsichtig bewegen und dürfen keine Spuren hinterlassen.«
    »Aber einen Plan hast du doch, oder?«
    »Wir hatten einen, aber ohne Ocker und Zane weiß ich nicht, wie ich weitermachen soll. Montag soll ich zum Reboot antreten, aber wahrscheinlich fahre ich einfach mit dem Fließband in irgendeine entlegene Ecke des Kollektivs und schließe mich dem Gesindel an.«
    »Du bekommst siebenhundert Meriten dafür, dass du mich nach Hoch-Safran begleitet hast«, betonte ich. »Fehlen dir also nur noch einhundert. Dad schuldet mir tausend, und Tommo hat auch was am Laufen. Mit dem Geld können wir dir volles Wohnrecht kaufen.«
    »Ja, es wäre sicher sinnvoller, wenn ich hierbliebe«, sinnierte sie, und wir fielen wieder in Schweigen. Es war ein heißer Nachmittag, wir hatten es eilig, und den Steilhang hinaufzusteigen war weitaus kräftezehrender, als ihn hinunterzulaufen.
    »Und?«, sagte ich, als wir die letzte Wegbiegung geschafft hatten und der Flakturm in Sichtweite war. »Gibt es denn gar nichts Positives?«
    Sie sah mich an und lachte.
    »Ich glaube, das Zauberwort lautet: Schlupflöcher. Ein gewisses Maß an Regelumgehungen kann kleine Veränderungen bewirken. Wir benutzen die Regeln, um die Regeln zu verändern.«
    »Widerstand durch Anpassung?«
    Sie nickte.
    »Klingt gut, das Motto. Wie legen wir Hoch-Safran lahm?«, fuhr ich fort. »Das hat doch wohl absolute Priorität, oder?«
    »Nicht unbedingt. Bevor wir irgendwas in die Wege leiten, müssen wir wissen, wer und was sich uns entgegenstellt.«
    »Aber es werden Tausende sterben, wenn wir nichts unternehmen!«
    »Und Millionen werden sterben, wenn wir scheitern. Wir dürfen uns keine Fehler leisten, Eddie. Wie oft kommt es vor, dass eine Graue mit Nachtsicht und ein angehender Roter Präfekt, der sich ein eigenes Gewissen leistet, sich zusammentun, um etwas zu verändern, und zwar gemeinsam? Wenn wir vorschnell oder unüberlegt handeln oder eine schlecht geplante Aktion starten, wird man uns einfach nur zum Schweigen bringen. Und dann braucht es vielleicht wieder Hunderte von Jahren, bis ein erneuter Versuch möglich ist, gegen das System vorzugehen. Gedankenloses Gerede über Pukas hat in Rostberg tausendachthundert Leuten das Leben gekostet. Und vor hundertsechsundsiebzig Jahren fiel der gesamte Grüne Sektor Süd dem Mehltau zum Opfer. Womit haben sie das verdient? Was ist passiert? Aufwiegelung im großen Stil? Ein einziges falsches Wort? Wenn wir eins über die Zentrale wissen, dann, dass sie nicht zimperlich ist.«
    Wir kamen an dem Flakturm vorbei und durchquerten das Gebiet mit den Erdkuppen, und als die Schatten länger wurden, erreichten wir den Purpurbaum. Mein Marschtempo hatte sich verlangsamt, und wir hatten bereits Verspätung. Ich hoffte inständig, dass Tommo auf uns wartete.
    »Wie sieht denn dein Plan aus?«, fragte sie.
    Ich hatte darüber nachgedacht.
    »In Ost-Karmin bleiben und Roter Präfekt werden.«
    Sie lachte.
    »Du agierst von der Mitte der Gesellschaft aus und ich vom Rand«, sagte sie. »So können wir vielleicht was auf die Beine stellen. Einen Plan ausarbeiten. Und wenn die Zeit reif ist – zuschlagen.«
    »Das Leben geht also zunächst so weiter wie bisher?«, fragte ich.
    »Ganz genau. Das Leben geht so weiter wie bisher. Immer das gleiche chromatische Gewäsch, von morgens bis abends.«
    Ich blieb stehen. Mir war

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