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Grau - ein Eddie Russett-Roman

Grau - ein Eddie Russett-Roman

Titel: Grau - ein Eddie Russett-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eichborn-Verlag
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plötzlich wieder etwas eingefallen.
    »Die Sache hat einen Haken.«
    »Einen dicken?«
    »Den dicksten überhaupt. Ich soll Violetta heiraten.«
    »Ja. Ich habe mich schon gewundert, wie du diese ausgesuchte Gemeinheit vergessen konntest.«
    »Jane?«
    »Ja?«
    »Willst du mich heiraten?«
    »Ich dachte, du bist Violetta versprochen.«
    »Ich persönlich habe nie irgendwem ein Versprechen gegeben.«
    »Dein Vater wird Einspruch erheben.«
    »Den kann man überreden. Und denk nur: Die von der Malves werden sich braun ärgern.«
    »Ich bin dabei«, sagte Jane, ohne zu zögern. »Du entscheidest, wann der richtige Zeitpunkt für die öffentliche Bekanntgabe gekommen ist.«
    Wir küssten uns. Ein warmes, unbeschreiblich wundervolles Gefühl. Aber es war mehr als nur körperlich, es war ein Zwiegespräch zwischen zwei jungen Menschen mit hohen Idealen und einem Großen Plan. Zugehörigkeit, Geheimnisse, Partnerschaft und Verpflichtung, um all das ging es. Und es war ein Kuss, der, anders als der erste, nicht nach Yateveoschleim schmeckte. Hinterher blieb sie stehen, die Augen geschlossen.
    »Mmm«, sagte sie. »Das war schön. Sag mal, warum bist du gestern eigentlich nicht nach Jade-unter-der-Limone abgehauen? Ich weiß, dass Violetta dir deinen Plan, Constance zu heiraten, versaut hat, aber deswegen brauchtest du doch nicht die riskante Tour nach Hoch-Safran zu unternehmen.«
    »Eigentlich«, sagte ich, »war Stafford der Grund. Das, was er gesagt hat.«
    »Ach ja?«, sagte sie misstrauisch. »Was hat er denn gesagt?«
    »Er sagte, dass ich niemals die Kraft romantischer Gefühle unterschätzen sollte, unter gar keinen Umständen. Ich glaube, damit meinte er dich.«
    »Immer diese Väter!«, schnaubte sie. »Mischt sich deiner auch so ein?«
    »Stafford ist dein Vater? Ich dachte, er sei ein G8.«
    »Ist er auch.«
    »Aber du bist doch eine G23.«
    Sie seufzte.
    »Der G-Code ist kein Familienname. Das ist unsere Adresse.«
    »Das wusste ich nicht«, sagte ich betroffen. »Aber ich habe mir auch nie die Mühe gemacht, es herauszufinden.«
    »Macht nichts«, sagte sie. »Es ist eine chromatische Macke. Keiner gibt sich Mühe mit den Grauen. Ach, und vielen Dank.«
    »Wofür?«
    »Für ein tolles erstes Rendezvous. Hat mir wirklich Spaß gemacht.«
    »Für unser zweites Rendezvous, habe ich mir gedacht, demontieren wir das ganze Kollektiv und ersetzen es durch ein System, das auf Fairplay, Gleichheit und echter harmonischer Koexistenz beruht. Was meinst du?«
    »Witzbold!«, antwortete sie und klopfte mir auf die Schulter.
    Wir rannten die letzten paar hundert Meter zur Kahlen Landspitze, denn der Ford Pritschenwagen war noch da. Die Sonne stand nur noch einen Daumenbreit über der Hügelkuppe – wenn wir schnell fuhren, würden wir es gerade noch vor Einsetzen der Dunkelheit bis zu den Staudämmen schaffen. Wir würden die Nacht über festsitzen, aber wenigstens wären wir näher an zu Hause.
    »Endlich!«, sagte Tommo, als wir keuchend vor ihm standen. »Wisst ihr, wie spät es ist? Schon weit nach acht.«
    »Danke, dass ihr gewartet habt.«
    »Warten? Unsinn!«, giftete Violetta. »Holzkopf Fox kann nicht Auto fahren.«
    »Du doch auch nicht.«
    »Ich bin auch eine Purpurne«, entgegnete Violetta hochnäsig. »Wir brauchen das nicht.«
    Jane befahl Tommo, den Wagen mit der Kurbel anzuwerfen, und nach drei, vier vergeblichen Versuchen erwachte der Motor stotternd zum Leben. Jane verlor keine Sekunde Zeit, wendete den Ford und raste zurück Richtung Ost-Karmin, so schnell sie konnte.

Rückkehr nach Ost-Karmin
    6.6.19.61.247: Falsche und vulgäre Aussprache von Alltagswörtern wird nicht geduldet.
    Die ersten zehn Minuten fuhren wir schweigend durch die Landschaft, mit Jane hinterm Steuer, voll darauf konzentriert, uns auf dem schnellsten Weg nach Hause zu bringen, möglichst ohne weitere Zwischenfälle. Ich saß mit Tommo hinten auf der Pritsche, Jane und Violetta waren vorne in der Fahrerkabine und ignorierten sich gegenseitig geflissentlich. Als Jane und ich an die verabredete Stelle gekommen waren, hatte Tommo in dem Faraday’schen Käfig am Straßenrand gesessen, während Violetta auf dem Trittbrett hockte und Tommo den Rücken zukehrte. Sie schien außer sich vor Wut und hatte ihren Zorn wahrscheinlich den ganzen Tag über an Tommo ausgelassen, was kein Zuckerschlecken gewesen sein kann, nicht mal für einen wie Tommo, der es mehr als jeder andere verdient hatte.
    Zum Glück war der Abend klar, Navigation wäre

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