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Grauen im Grand Hotel

Grauen im Grand Hotel

Titel: Grauen im Grand Hotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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und zog die Tür auf. Das Zimmer sah aus wie seines, nur war es etwas schmaler. Durch den engen Flur konnte er nach vorn in den normalen Raum schauen. Er sah das untere Drittel eines Betts und darauf zwei Beine. Die Füße steckten in Halbschuhen mit dicken Sohlen.
    Auf Zehenspitzen glitt Golenkow näher. Er hatte das Gefühl, der Lösung einen großen Schritt entgegengekommen zu sein, betrat den Raum, schaute nach rechts — und erstarrte.
    Ein älterer, grauhaariger Mann saß auf dem Bett. Er lehnte mit dem Rücken an der oberen Kante.
    Aufrecht saß er. Den rechten Arm hatte er angewinkelt. Seine Hand umklammerte den Griff eines Revolvers, auf dessen Lauf ein Schalldämpfer geschraubt worden war. Dessen Mündung berührte den Kopf, der Finger lag am Abzug.
    Der Mann mußte den Russen gesehen haben, denn sein Blick flackerte für einen Moment.
    »Nicht!« flüsterte Wladimir.
    Da drückte der andere ab!
    ***
    Golenkow nahm es hin wie eine eigene Niederlage. Wie im Zeitlupentempo kamen ihm die nächsten Sekunden vor. Das Geschoß war mit einer derartigen Wucht quer durch den Schädel gejagt, daß es an der anderen Seite wieder hervortrat und eine schreckliche Wunde riß. Dann sackte der Selbstmörder zusammen.
    Er kippte einfach weg, war zu einem Puppenkörper geworden, und die Waffe rutschte ihm aus der Hand. Sie blieb neben ihm auf der Decke liegen. An der anderen Seite war sie durch Blut und Gehirnmasse beschmutzt. Golenkow stand da, wie vom Donner gerührt. Der Tote bot wahrhaftig keinen schönen Anblick, er wollte ihn sich auch nicht länger und so genau ansehen, doch das gehörte leider zu seinem Job, denn es war durchaus möglich, daß er den Mann kannte. Geräuschlos trat er an das Bett heran. Von der Seite her beugte er sich dem Toten entgegen. Über die rechte Gesichtshälfte war Blut gelaufen. Es gab dem Toten ein monsterhaftes Aussehen. Zudem stand der Mund offen wie das Maul bei einem Nußknacker.
    Sehr genau schaute sich Golenkow das Gesicht an.
    Ja, er hatte sich nicht geirrt. Dieser Mann war ihm bekannt. Er stammte nicht aus dem westlichen und auch nicht aus dem östlichen Lager. Wenn ihn nicht alles täuschte, hatte man ihn den Wiener genannt. Doch seine Zeit war vorbei gewesen. In den sechziger Jahren hatte er als Nachrichtenhändler von sich reden gemacht.
    Wladimir hatte ihn zuvor nie persönlich kennengelernt, nun stand er da, schaute auf seine Leiche und stellte sich verzweifelt die Frage nach dem Grund des Selbstmords. Wer hatte ihn dazu angetrieben? Wer steckte dahinter?
    Satorius! Nur eine Gestalt wie dieser angebliche Psychologe konnte so etwas in die Wege leiten. Das war ein Satan in Menschengestalt, ein widerlicher Parasit, der all die Jahre im Hintergrund gelebt und auf seine Chance gelauert hatte.
    »Hatte ich dir nicht gesagt, mir nicht mehr unter die Augen zu kommen, Russe?«
    Nein, diese Stimme bildete sich Wladimir nicht ein. Er packte die Waffe mit dem Schalldämpfer, fuhr herum und richtete die Mündung auf die Gestalt, die im Zimmer stand.
    Dr. Satorius mußte lautlos gekommen sein. Nicht das geringste Geräusch hatte Wladimir von ihm gehört, aber auch nicht von seinen beiden Kettenhunden, die sich hinter ihm aufgebaut hatten und sich nicht rührten.
    Der KGB-Mann lachte scharf auf. »Okay, Satorius, okay, ich habe dich verstanden. Aber glaube nur nicht, daß ich deinen Befehlen nachkomme. Da hast du dich geirrt. Ich habe die Waffe, und bei mir spielt die Musik, verlasse dich drauf!«
    Satorius nahm die Hände nicht einmal aus den Manteltaschen, als er nickte. »Ja, da hast du recht.«
    »Wie schön, daß du es einsiehst. Jetzt zu deinen Kettenhunden. Ich will, daß sie ihre Kanonen ziehen und sie wegschleudern. Denn ich bin überzeugt davon, daß sie bewaffnet sind.«
    Der Psychologe nickte. »Da gebe ich dir sogar recht, mein Freund. Es stimmt alles.«
    »Schön. Dann sollen sie sich mal bewegen.«
    Satorius zeigte sich von der schallgedämpften Waffe unbeeindruckt. Er schüttelte den Kopf, hob gleichzeitig den Zeigefinger an und bewegte ihn hin und her. »Nein, Russe, den Befehl werde ich ihnen nicht geben. Um keinen Preis der Welt.«
    »Wohin willst du die Kugel haben, Satorius?«
    »Überhaupt nicht!«
    »Ich jage sie dir genau zwischen die Augen. Ich verpasse dir einen Blattschuß!«
    »Versuche es!«
    Wladimir Golenkow war lange genug im Geschäft, um Reaktionen genau analysieren zu können. Diese Sicherheit des Kerls machte ihn mißtrauisch, der bluffte nicht, diese

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