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Graues Land - Die Schreie der Toten (German Edition)

Graues Land - Die Schreie der Toten (German Edition)

Titel: Graues Land - Die Schreie der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Dissieux
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spielte mit ihren Haaren und ließ Büsche und Gräser am Straßenrand flüstern. Das einzige Geräusch, das aus der alten Welt geblieben war. »Du hast zwei Wochen in Devon überlebt. Ich habe eine anstrengende Reise von Deep River hierher auf mich genommen. Soll das alles umsonst gewesen sein?«
Wulf blickte über die Schulter, wo Murphy vor dem Wagen stand und Demi im Arm hielt. Das Mädchen wirkte schwach. Dennoch war sie zum ersten Mal aus dem Auto gestiegen.
»Denk auch an Demi. Sie hat vielleicht sogar mehr verloren als wir. Sie hat ihre Mutter sterben sehen, und heute Vormittag musste sie sich von ihrem Großvater verabschieden. Sie hat nur noch uns, Daryll.«
Bei der Erwähnung von Demis Namen spannte sich der Körper des Jungen unter Wulfs Berührung an. Er senkte den Blick und starrte auf den verblassten Mittelstreifen der Straße.
»Du hast gesehen, was in der Stadt passiert ist«, sagte er mit tonloser Stimme. Sein Fuß spielte mit einem Stein und rollte ihn hin und her. »Ich habe dasselbe in Devon erlebt.«
Darylls Stimme brach, als das Bild von Mary Jane vor seinen Augen auftauchte. Die Vision war so real, dass er das Mädchen mitten auf der Straße stehen sehen konnte.
»Wir werden vorsichtig sein müssen«, wiederholte Wulf seine Warnung von zuvor. »Du warst in Devon zwei Wochen lang sicher gewesen. Und ich hatte in Deep River keine Probleme mit diesen Monstern. Sie kamen nur in der Nacht.« Er betrachtete die Schatten der Stadt in der Ferne. Seine Augen versuchten eine Bewegung zu erkennen. Doch Kagan´s Creek war so tot, wie alles um sie herum. »Vielleicht war es nur ein Zufall, dass sich diese Kreatur im Drugstore verschanzt hatte. Vielleicht aber auch nicht.«
Wulf wusste, dass er den Jungen nicht mit billigen Versprechen beruhigen konnte. Daryll kannte die Wahrheit ebenso wie er.
»Die Städte sind nicht mehr sicher für uns. Aber das heißt nicht, dass wir uns keine Vorräte mehr besorgen können.«
Daryll warf Wulf einen kurzen Blick zu. Das Gesicht des Jungen glich einer mit roter, verwischter Farbe bemalten Maske.
»Sie haben uns aus unseren Städten vertrieben«, sagte er kraftlos. Dann drehte er sich zu Wulf um und ließ sich abrupt in die Arme des riesigen Mannes fallen. Wulf drückte ihn fest gegen seine Brust und verschränkte die Arme hinter dem schmalen Körper des Jungen. Er wünschte sich, seine Arme wären noch länger, um Daryll vor dieser gottverdammten Welt beschützen und verstecken zu können.
»Dann werden wir uns etwas Neues suchen«, flüsterte er und strich Daryll über das Haar.
»Wir werden uns etwas Neues suchen«, wiederholte er immer wieder, bis der Junge sich zu beruhigen begann.
So standen sie lange Zeit im kühlen Nachmittagswind und lauschten dem Schweigen dieser neuen Welt, aus der sie langsam aber sicher vertrieben wurden.
VI
Sie ließen Kagan´s Creek hinter sich, und somit auch Devon und die Hügel. Die Felder mit ihren Gehöften zogen verschwommen und unwirklich an ihnen vorbei. Die Welt hatte sich wieder ein Stück mehr verändert. Sie schien zu zerbrechen, als würde ihr jegliches Leben ausgesaugt. Die letzten Farben verblassten immer mehr und ließen ein düsteres, befremdliches Bild der Hölle in unterschiedlichen Graustufen zurück.
Als sich die Nacht als dunkles Schimmern über dem Horizont ankündigte, erreichten sie einen niedergebrannten Bauernhof, der nicht weit von der Straße entfernt lag. Ein breiter Sandweg mit tiefen, von Unkraut überwucherten Fahrrinnen führte zu der verkohlten Ruine und einer kleinen, unversehrten Scheune, die etwas abseits von dem ehemaligen Gehöft stand. Feine Rauchkringel stiegen zwischen den Überresten des Wohnhauses auf und ließen die Luft flimmern. Der Gestank von verbranntem Holz, Kunststoff und geschwärztem Stein hing durchdringend in der Luft. Nichts regte sich in den Trümmern, und auch die Scheune schien verlassen. Wer auch immer sich das Gehöft als Zuflucht erwählt hatte, war mit dem Feuer verschwunden.
Nachdem Wulf die Scheune genauestens untersucht hatte, winkte er Murphy und Demi zu, die auf der Straße warteten. Sie füllten eine kleine Kiste mit Proviant für die Nacht, schleppten diese auf den Heuboden der Scheune und zogen die hölzerne Leiter hinauf, so dass sie in der Nacht sicher waren.
Während Murphy Dosen mit Bohnen und Trockenobst öffnete, säuberte Wulf Demis Wunden und verband sie neu. Schweiß rann dem Mädchen über das fahle Gesicht, obwohl es kalt in der Scheune war. Wulf machte

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