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Graues Land (German Edition)

Graues Land (German Edition)

Titel: Graues Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Dissieux
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bewegt. Ganz schwach. Ihre Finger haben nach meinen getastet.«
    Danny atmet jetzt schwerer. Unter die Kälte des Tages mischt sich ein schleichendes Gefühl von Grauen, das mich frösteln lässt.
    »Ihre Hand war kühl, Harv. Noch nicht kalt, wie die einer Toten, aber auch nicht mehr lebendig. Ich wusste das. Ich wusste das in dem Moment, als sie sich zu bewegen begann. Frag mich nicht, wieso.«
    Ich kann förmlich sehen, wie der Schatten resignierend den Kopf schüttelt.
    »Ich wusste einfach, dass etwas nicht in Ordnung war. Die Art, wie sich Cindy bewegte; wie ihre kalten Finger nach meiner Hand tasteten. Ich weiß nicht ...«
    Einige Sekunden Schweigen, in denen die Totenstille in dem Haus wieder näher aus der Dunkelheit auf mich zu gekrochen kommt.
    »Kennst du diese Filme mit Untoten? Die, welche wir uns als kleine Jungs immer heimlich angeschaut haben? Du weißt schon ...«
    Danny lacht kurz auf. Doch es klingt bitter und voller Tränen.
    »Ich glaube, genau das war es, was aus Cindy geworden ist. Ihre Hand ... sie hat sich tot angefühlt. Und ihre Bewegung, als sei es nicht ihre eigene. Weißt du, was ich zuerst dachte?«
    Danny nimmt das Gewehr wieder herunter und der Schatten des Laufs verschwindet im Zwielicht.
    »Mein erster Gedanke war, dass sich jemand einen üblen Scherz erlaubt. Dass jemand in mein Haus gekommen ist und meine Cindy als Marionette benutzt. Mit Fäden und so, und dass er damit ihre Hand in meiner bewegt.«
    Bei Dannys Worten spüre ich, wie sich in meinem Magen ein gewaltiges Loch auftut, das den letzten Rest meines Lebens zu verschlingen droht. In Gedanken stelle ich mir die Folgerungen meines Freundes vor. Eine Szenerie, die eine groteske Komödie beinhalten sollte, über die man mit Gänsehaut schmunzelt. Doch das, was ich in meinem Kopf sehe, ist ein Gemälde abscheulichsten Inhaltes.
    »Cindy wollte sich aufsetzen. Sie war immer noch blutüberströmt. Aber sie wollte sich aufsetzen, und ich habe ihr geholfen. Dabei habe ich die Kälte ihrer Haut gespürt, und noch etwas anderes, das ich mir bis jetzt nicht eingestehen will.«
    Die Stille des Hauses kriecht noch näher an uns heran, als versuchte sie, uns zu belauschen. Ein schwarzes, schweigendes Vergessen.
    »Sie hat nicht geatmet«, flüstert Danny und beginnt zu weinen.
    Wüsste ich nicht, dass sich mein Freund und Nachbar vor mir im Dunkeln des Zimmers befindet, so wäre ich dem Irrtum erlegen, einen kleinen Jungen vor mir zu haben, den man ausgeschimpft hatte, weil er Äpfel vom Baum des Nachbargrundstückes gestohlen hat.
    »Sie hat nicht geatmet«, wiederholt Danny stockend. »Sie hat einfach dagesessen. Mit dieser fürchterlichen Wunde am Hals, aus der immer noch das Blut floss, da die Handtücher verrutscht waren, als sie sich aufsetzen wollte. Und sie hat nicht geatmet.«
    Wieder spüre ich Dannys flehenden Blick durch das Dunkel auf mich gerichtet. Er will Antworten auf all das, was er mir erzählt – und nicht versteht. Auf all die schrecklichen Dinge, die er in den letzten Tagen erlebt hat. Aber ich bin der Letzte, der ihm Antworten geben kann.
    Ich kann nur da stehen, für Danny nicht mehr als ein schwarzer Umriss in der Wohnzimmertür, und kann ihm zuhören; ihm das Gefühl geben, das er nicht alleine auf der Welt ist, auch wenn die Welt um uns herum, uns genau das die letzten Tage mitzuteilen versucht.
    »Und ihre Augen ...«
    Ich wünschte, Danny würde den Mund halten.
    »Ihre Augen waren nicht ihre Augen.«
    Seine Worte durchdringen die dichten Tücher in meinem Kopf wie die frisch geschärften Klingen eines Schwertes.
    »Cindy hatte blaue Augen. Du weißt doch, Harv. Dieses wunderschöne, leuchtende Blau.«
    Ich versuche mich an Cindys Augen zu erinnern. Doch alles, was ich sehen kann, ist eine trostlose und doch willkommene Dunkelheit in meinem Kopf.
    »Dieses ... dieses Ding ... hatte graue Augen. Milchige, graue Augen, als hätte man jede Farbe aus ihnen herausgewaschen.«
    Plötzlich, als hätten Dannys Worte einen Bann von mir genommen, sehe ich Cindy vor mir. In all der Abscheulichkeit, die ihr Mann mir geschildert hat. Ich kann das Blut sehen, farbenfroh und grässlich, das aus ihrem Hals schießt und das Leben mit sich nimmt. Ihre Kleider, auf die sie stets so viel Wert gelegt hat, mit dunklen Flecken überzogen, die seltsam schwarz und rot schimmern. Und ihre Augen ... die Augen ... des Dings , das aus Cindy geworden ist. Graue, leere ... tote ... Augen.
    Das alles verschlingende Loch in meinen

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