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Graues Land (German Edition)

Graues Land (German Edition)

Titel: Graues Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Dissieux
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tatsächlich alle Toten verschwunden waren. Überall, wo ich am Tag zuvor gewesen war, waren die Leichen fort. Und auch sonst trafen wir niemanden. Die Straßen waren wie ausgestorben. An vielen Häusern standen die Türen offen. Aber es kam niemand, um sie zu schließen. Hinter den Fenstern zeigte sich kein Gesicht und selbst auf dem Marktplatz konnten wir keine Menschenseele finden. Es war wirklich, als würden wir durch die verlassene Kulisse eines billigen Horrorfilms fahren. Autos standen mitten auf der Straße. Mit offenen Türen und einmal sogar noch mit laufendem Motor. Aber kein Fahrer war weit und breit zu sehen.«
    Barry schüttelt den Kopf, als könnte er seine eigene Geschichte nicht glauben. Er betrachtet eine Weile Demi, die ihren Teller während der Erzählung ihres Vaters leer gegessen hat.
    »Weißt du, was das Schlimmste war?«
    Wieder sucht sein dunkler Blick den meinen. Ich habe das Gefühl in die Augen eines Mannes zu sehen, der um einige Jahre älter ist als ich.
    »Die Stille. Diese allgegenwärtige, bleierne Stille, die in den Straßen herrschte. Kein Autolärm, keine Schritte, kein Kinderlachen ... nichts. Es war einfach nur fürchterlich still. Als hätte jemand der Welt den Stecker rausgezogen. Vereinzelt konnten wir einige Hunde sehen, die ziellos durch die Gärten streunten. Doch die Tiere waren so verstört, dass sie davonrannten, als sie unseren Wagen sahen.«
    Barry betrachtet sein leeres Glas. Ich weiß, dass er es wieder aufgefüllt hätte, wenn er alleine am Tisch sitzen würde. Doch er tut es nicht, sondern beginnt das Glas zwischen seinen Handflächen zu rollen. Ein letzter Rest Whiskey glitzert im Kerzenschein.
    »Es war die Hölle. Diese Stille war die Hölle. Schlimmer noch als die Leichen. Oder diese merkwürdigen Wesen in der Nacht. Die Stille war ... wie der Tod.«
    Seine Worte jagen mir eisige Schauer über den Rücken. Sie drücken genau das aus, was ich in mir fühle, seit es begonnen hat. Die Stille ist der Tod. Diese Worte ausgesprochen zu hören war schrecklicher, als sie oftmals im Unterbewusstsein zu denken.
    »Auf dem ganzen Weg zum Hospital begegneten wir keiner Menschenseele. Und auch als wir im Krankenhaus angekommen waren, dachten wir zunächst das gesamte Gebäude würde leer stehen. Wir hatten panische Angst, dass es voller Leichen sein würde, die allesamt in ihren Betten gestorben waren. Ich wollte auch keinen meiner Kollegen tot auf dem Flur oder im Schwesternzimmer liegen sehen. Aber zu meiner Verwunderung gab es keine einzige Leiche im Gebäude. Dafür trafen wir auf drei Überlebende.«
    Barry blickt auf und zum ersten Mal kann ich den schwachen Anflug von Leben in seinen Augen erkennen.
    »Zwei Männer und eine Frau. Die Frau und einen der Männer kannte ich nicht. Der zweite Mann war Mark gewesen, ein Assistentsarzt in der Ausbildung, der seit etwa einem halben Jahr im Krankenhaus gearbeitet hatte. Du kannst dir nicht vorstellen, wie verdammt gut es tat, außer meiner Familie ein bekanntes Gesicht zu sehen. Überhaupt auf lebende Menschen zu treffen.«
    Ein bitteres Lächeln spielte um Barrys Mundwinkel. Ich weiß nicht, ob er über die Erinnerung an diese drei Menschen lächelt oder ob er einen Tränenausbruch zu verhindern sucht.
    »Die anderen beiden waren Jerry und Becky, zwei junge Leute von außerhalb. Sie hatten die gleiche Idee wie ich gehabt und sich gesagt, dass ihnen in einem Hospital am ehesten Hilfe widerfahren würde. Dort waren sie dann auf Mark gestoßen, der sich, wie er mir erzählt hatte, seit dem frühen Morgen des vorherigen Tages im Heizungskeller versteckt gehalten hatte. Dort wähnte er sich sicher. Besonders, nachdem in der Nacht das Gebäude vom Kreischen und Brüllen unzähliger Kreaturen erfüllt gewesen war, die zischend durch die Flure geeilt waren, Türen zugeschlagen und den gesamten Komplex die ganze Nacht lang in ein Inferno aus Jaulen und Heulen verwandelt hatten.«
    Barry wirft einen besorgten Blick auf Demi. Doch sie scheint die Worte ihres Vaters nicht zu hören. Schließlich lehnt er sich zurück, nimmt sein Glas und leert den letzten Rest Whiskey. Dann stellt er das Glas auf den Tisch und schiebt es zwischen den Händen hin und her.
    »Das hat auch erklärt, wieso wir keine Leichen in den Zimmern fanden. Mark hatte mir erzählt, das Gebäude sei am ersten Tag voll davon gewesen. Aus dem Grund hatte er sich auch im Keller versteckt, weil die ganze Sache über sein Begriffsvermögen stieg und er einen

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