Grauzone: Der 13. Fall für August Häberle (German Edition)
Frau Pladler, dass wir auch
technische Mittel anwenden, um das Umfeld Ihrer Mutter beleuchten zu können.
Handy-Verbindungsdaten gehören zu dem Repertoire, das uns in gewissem Maße zur
Verfügung steht.«
Larissas
Nervosität schien sich zu steigern. Sie begann, einige Finger der rechten Hand
abwechselnd durch die ovale Öffnung eines Flaschenöffners zu stecken.
»Wir
hätten gern gewusst, welchen Grund es gibt, dass Sie immer noch ein Handy
benutzen, das in der Schweiz registriert ist.«
Jetzt
war es raus. Klar, direkt und unverblümt. Larissas Gesicht wurde noch blasser,
als es schon war. Sie fühlte sich ertappt. Denn auch ihr Ehemann sah sie jetzt
verwundert von der Seite an. »Du hast ein Schweizer Handy?«, brach es aus ihm
heraus.
Larissa
schwieg.
»Um das
klarzustellen«, versuchte Häberle die Situation zu entschärfen, »das ist
natürlich nichts Verbotenes. Aber es ist uns halt bei der Auswertung der
Handy-Daten Ihrer Mutter aufgefallen.«
»Ich
hab’s noch von früher«, sagte Larissa schließlich wieder gefasst, »es ist
nämlich praktisch, wenn man mal wieder in die Schweiz rüberfährt, dann kann man
dort günstiger telefonieren.«
Häberle
wollte es bei dieser Antwort bewenden lassen, obwohl er kein Wort davon
glaubte. Vermutlich hatte sich Larissa dieses Handy geleistet, um mit ihren
eventuellen Liebschaften heimlich telefonieren zu können – und
sie glauben zu machen, sie lebe in der Schweiz. Vielleicht gab es aber auch
andere Gründe, sich telekommunikationsmäßig bei den Eidgenossen registriert zu
haben.
»Jetzt
haben wir Sie lang genug aufgehalten«, schaltete sich Grantner ein und tat so,
als wolle er Larissa von dieser Vernehmung erlösen. In Wirklichkeit jedoch war
dieses Vorgehen mit Häberle abgesprochen. Es schadete bei solchen Gesprächen
nichts, wenn einer den forschen Fragesteller mimte, während der andere gemäßigt
im Hintergrund blieb und damit eher das Vertrauen der vernommenen Person
gewann. »Aber eine Frage hätte ich noch«, sagte Grantner, während er bereits
aufstand. Er wandte sich direkt an Larissa: »Kann es sein, dass ich dieser Tage
ein Bildchen von Ihnen irgendwo g’seh’n hab? So ein Porträtfoto?«
Larissa
stand aus Verlegenheit ebenfalls auf. Die letzte Farbe war vollends aus ihrem
Gesicht gewichen. »Ich wüsste nicht, wo das gewesen sein könnte«, sagte sie
tonlos – aber ihre Stimme bebte wieder.
»Ich
auch nicht«, lächelte Grantner väterlich, »aber mir wird’s schon wieder
einfall’n.«
Er
wusste aber genau, wo er ihr Gesicht schon einmal gesehen hatte.
60
Linkohr
hatte die Sache mit dem Gewölbekeller keine Ruhe gelassen. Es war ihm zwar
unangenehm gewesen, noch am Sonntagabend die Vorbesitzer des Gebäudes zu
behelligen. Aber nachdem das Ehepaar am Telefon sehr freundlich gewesen war,
folgte er der Einladung, zu einem Gespräch vorbeizukommen. Eigentlich hatte er
früh abends schon in Schorndorf bei Nena sein wollen, doch erachtete er jetzt
die Geschichte des Gewölbekellers unter der Blumenhandlung für wichtiger.
Andreas und Sabine Harscher, beide um die 80, wie Linkohr
schätzte, waren über den Besuch des jungen Kriminalisten erfreut. Es schien
ihm, als sei er eine willkommene Abwechslung im eher eintönigen Rentner-Dasein.
Die Harschers bewohnten ein kleines Einfamilienhaus auf halber Höhe des
Geislinger Talkessels. Dass sie jahrzehntelang eine alt eingesessene Weinhandlung
betrieben hatten, wusste Linkohr aus den Schilderungen der Floristin Birgit
Landau.
»Auch uns hat die Zeit überrollt«, sagte Andreas Harscher
bitter, nachdem sie zu dritt auf der ziemlich durchgesessenen Sitzgruppe im
Wohnzimmer Platz genommen hatten. Das Mobiliar ordnete Linkohr dem Stil der
späten 50er Jahre zu. »Die Supermärkte haben uns letztlich den Garaus gemacht«,
fuhr Harscher fort und erhob sein Rotweinglas, um mit seiner Frau und Linkohr
anzustoßen. »Wir haben zwar erlesene Tröpfchen gehabt, aber der Markt dafür ist
in so einer Kleinstadt nicht groß genug, um finanziell davon leben zu können.«
Linkohr brachte sein Bedauern darüber zum Ausdruck, dass
es die schnuckeligen, kleinen Geschäfte, von denen die ältere Generation
schwärmte, nicht mehr gab. »Die Folge sind doch gesichtslose Großmärkte, die
nach Belieben überall stehen könnten«, sagte er. »Die Alten sagen zu Recht,
dass die Städte ihr Gesicht, ihren Charakter und den ihnen eigenen Flair
verloren haben.«
»Und
kleine Weinläden finden Sie so gut wie gar
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