Grauzone: Der 13. Fall für August Häberle (German Edition)
Hörer
weiter.« Ohne auf eine Antwort zu warten, reichte er das Gerät Linkohr über den
Tisch. Der Kriminalist stellte sich vor und versuchte kurz, die Situation zu
erklären, stieß jedoch auf kühle Skepsis. Natürlich wollte der Ravensburger
Beamte nicht so ohne Weiteres glauben, es mit einem echten Kollegen zu tun zu haben.
Linkohr hatte dafür Verständnis und schlug vor, die Göppinger Dienststelle zu
kontaktieren, wo man seine Handy-Nummer kenne und sie den Kollegen weitergeben
würde.
Knapp fünf Minuten später kam der Rückruf auf Linkohrs
Gerät. »Okay«, gab sich der Ravensburger Kriminalist jetzt eine Spur
freundlicher. »Um es kurz zu machen: Die Frau, nach der sich der Anrufer, den
Sie offenbar kennen, erkundigt hat, ist tot.«
Linkohr
war für den Bruchteil einer Sekunde nicht in der Lage, etwas zu erwidern. Die
Nachricht hatte ihn wie ein Blitz getroffen. Nena sah ihm die Erschütterung an
und hätte brennend gern das Telefonat mitgehört.
»Tot?«,
flüsterte Linkohr, damit es an den Nebentischen niemand hören konnte.
»Ja,
vermutlich erdrosselt. Ein Spaziergänger hat ihre Leiche im Steinacher Ried bei
Bad Waldsee gefunden. Heute Abend«, erklärte der Kollege aus Ravensburg. »Kurz
zuvor ist eine Streife von uns auf das Wohnmobil gestoßen, das ihr zur Fahndung
ausgeschrieben habt. Es steht südlich von Bad Wurzach an der B 465. Wir gehen
davon aus, dass sie dort ihren Mörder getroffen hat.«
»Und
wie kommt ihr jetzt zu ihrem Handy?«
»Ein
iPhone, Herr Kollege«, antwortete der Ravensburger, »mit vielen ›Apps‹ drauf,
die wir gerade mal abgecheckt haben, als der Anruf kam.«
Linkohr
wusste Bescheid: ›Apps‹ war die Abkürzung für ›Applikationen‹, also für die
Anwendung von Computerprogrammen, wie es sie inzwischen zuhauf für die
Smartphones gab, die in jüngster Zeit ziemlich schnell das normale Handy
verdrängt hatten. Über den Touchscreen-Bildschirm ließen sich diese Apps mit
einer Fingerberührung öffnen. Sie boten alles, was sich datenmäßig übermitteln
ließ. »Eine dieser Apps«, fuhr die Stimme im Gerät fort, »ist eine
Diktiergeräte-Funktion. ›Dictamus‹ nennt es sich. Benütze ich übrigens auch.
Tolle und einfache Sache.« Er schien stolz darauf zu sein, sich in der Materie
auszukennen. Linkohr überlegte, wie alt der Kollege wohl war.
»Wir
hören uns gerade an, was die Dame zuletzt aufgesprochen hat. Klingt ziemlich
interessant. Ich bin davon überzeugt, dass ihr etwas damit anfangen könnt.«
»Nennt
sie Namen?«
Siegler
gab Nena mit seinem Gesichtsausdruck zu verstehen, dass ihn die entstandene
Situation ziemlich überraschte.
»Es
sind Namen gefallen – aber wir haben das alles noch nicht protokolliert«, erfuhr
Linkohr weiter. »Die Rede ist vom Tannheimer Tal und von Geislingen. Es sieht
ganz danach aus, als sei’s ein astreiner Fall für euch.«
»Mein
Chef ist schon auf dem Weg«, erklärte Linkohr.
»Weiß
ich, Kollege, hat man mir in Göppingen gerade gesagt«, kam es zurück. »Spielt
eigentlich in eurem Fall auch eine Blumenhandlung in Geislingen an der Steige
eine Rolle?«
Linkohrs
innere Unruhe steigerte sich. »Wie kommen Sie da drauf?«
»Aus
dem bisher Abgehörten lässt sich schließen, dass es dort etwas gibt, auf das
sich die Recherchen dieser Frau konzentrierten.«
»Wie
muss man das verstehen?«
Der
Ravensburger Kollege ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Sie hat noch heut
Nachmittag diktiert – Moment, ich hab’s mir aufgeschrieben«, es war das Rascheln von Papier
zu vernehmen, »sie hat diktiert: ›Nachdem sich die Schlinge in Tannheim enger
gezogen hat, ist anzunehmen, dass sich das Interesse jetzt sehr schnell auf die
Geislinger Blumenhandlung konzentriert. Ich muss versuchen, dies heute Abend
rauszufinden‹. Soweit das, was ich mitgeschrieben habe.«
»Danke«,
sagte Linkohr. »Gibt es nähere Details dazu?«
»Um das
herauszufinden, muss man die Audio-Dateien komplett abhören. Das kann Stunden
dauern, Herr Kollege. Wir haben nur in das reingehört, was in den vergangenen
Stunden aufgezeichnet wurde. Aber vielleicht solltet ihr euer Hauptaugenmerk
noch heute Nacht auf diese Blumenhandlung legen. Mehr kann ich dazu zum
gegenwärtigen Zeitpunkt nicht sagen.«
101
Es war stockfinster. Der
schmale Strahl der LED-Handlampe fiel punktuell auf Gartengeräte, Keramiktöpfe
und Wasserschläuche. Die schwarz gekleidete Gestalt achtete sorgfältig darauf,
nirgendwo anzustoßen, um keine verräterischen
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