Grauzone: Der 13. Fall für August Häberle (German Edition)
Lieblingssatz
von sich geben.« Linkohr war überrascht, dass sein Chef ausgerechnet jetzt
diesen Ausspruch von ihm hören wollte.
»Was
steht hier?«, fuhr Häberle fort und deutete mit dem Kugelschreiber auf den
Computerausdruck. »Diesen Namen haben Sie soeben selbst genannt.«
Linkohr
zog das Blatt näher zu sich her. »Platterstein«, las er ungläubig. »Ich … « Er
schluckte und musste sich zunächst vergegenwärtigen, was dies bedeutete. »Das
heißt«, begann er langsam zu begreifen, »die Waghäusl hat mit der Professorin per
E-Mail Kontakt gehabt. Und zwar ziemlich intensiv.« Er musste noch einmal
nachdenken. »Und diese Professorin Platterstein wiederum ist mit einer
Patientin verwandt, die in der Klinik von einer Geistheilerin aufgesucht
wurde.«
»So
sieht es aus, Herr Kollege«, lobte Häberle. »Die Verstorbene war entweder eine
Tante der Professorin oder eine angeheiratete Verwandte, falls die Professorin
verheiratet ist und den Namen ihres Mannes angenommen hat.«
»Wenn
sie und Waghäusl sich gekannt haben, dann ist möglicherweise auch dieser
Vortrag mit dem Hochschulrektor nicht ganz so zufällig zustande gekommen«,
überlegte Linkohr. »Jedenfalls nicht nur den Besitzern dieses alten Weinkellers
zuliebe, und weil die Professorin kulturell engagiert ist. Da spielen sicher
die gemeinsamen Interessen mit Karin Waghäusl eine Rolle.«
»Mmh«,
machte Häberle und lobte seinen Kollegen. »Sehr gut kombiniert. Frau Waghäusl
und Frau Professor haben dieselben Ziele verfolgt.«
»Da
haut’s dir ’s Blech weg«, konnte sich Linkohr jetzt nicht mehr zurückhalten.
»Einerseits ein bisschen Spuk und Übersinnliches – und
andererseits der Kampf gegen Schwindler und Betrüger, die sich auf diesem
Gebiet tummeln.«
»Vielleicht«,
überlegte Häberle, »sollten Sie in den nächsten Tagen mit diesen
Blumenhändlern, in deren finsterem Keller der Weltuntergang diskutiert wurde,
auch mal ein paar Takte reden.«
»Sie
meinen aber nicht, dass der Professor Siegler … ?«
»Was
ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt meine, tut nichts zur Sache«, grinste Häberle.
Linkohr
wusste aus Erfahrung, dass sein Chef oftmals wie ein Schachspieler bereits drei
oder vier Züge im Voraus denken konnte.
»Auch
Professoren sind nur Menschen«, lächelte Häberle, »sowohl die männlichen als
auch die weiblichen.«
Linkohr
nickte. Ihm fiel jedoch etwas anderes ein: »Ist das nicht seltsam, dass sich in
der Ahnengalerie von Frau Waghäusl auch ein Winzer befindet?«
Häberle
staunte über die Kombinationsgabe seines jungen Mitarbeiters. »Sie haben recht.
Zufall oder nicht. In der Tat stellt sich die Frage: Welche Spur aus der
Vergangenheit führt in die ehemalige Weinhandlung?«
45
Josefina
hatte Kaffee gebrüht, während die drei Männer auf der sonnigen Terrasse der
Berghütte eine Biertischgarnitur aufbauten. Ein sanfter Sommerwind strich über
sie hinweg, als sie unter dem tiefblauen Himmel Platz nahmen. Larissa, die nach
dem nächtlichen Treffen im Hochsteinhof mit ihrem eigenen Geländewagen der
Gruppe hinterher gefahren war, um sich in diesen Stunden der tiefen Trauer
abzulenken, setzte sich neben Mullinger. Sie kämpfte noch immer mit den Tränen.
Mullinger sah sie von der Seite an und wünschte sich insgeheim, mit ihr allein
sein zu können. Sie hatte ihn mit ihren großen geröteten Augen angeschaut, ohne
dass er diesen Blick deuten konnte. Die weichen Züge ihres Gesichts, die
schulterlangen schwarzen Haare und die Art, wie sie sich bewegte, faszinierten
ihn. Aleen, die neben ihr Platz genommen hatte, legte ihr freundschaftlich eine
Hand auf die Schulter und sagte: »Deine Mutter hat den Tod deines Vaters nie
überwunden. Vielleicht ist es für uns alle ein Trost, wenn wir daran denken,
dass sie jetzt in einer anderen Welt mit ihm zusammen sein kann.«
Während eine Bergdohle im Tiefflug über ihre Köpfe
hinwegschwirrte, nippte Jensen an seiner Tasse und meinte anschließend: »Weißt
du, Larissa, du hast ja deine Familie. Du musst nach vorn schauen und du sollst
wissen, es wird nie einen Stillstand geben. Es geht immer weiter. Und glaube
mir: Mit dem Abstand von ein paar Monaten wird das, was jetzt geschehen ist,
auch wieder in einem milderen Licht erscheinen. Du solltest einfach loslassen
und vergessen, was deine Mutter so verbittert hat.«
Josefina,
die ihr gegenüber saß, streckte ihren rechten Arm zu ihr aus, um ihre Hände
berühren zu können. »Die Zeit heilt alle Wunden. Sogar die
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