Grauzone: Der 13. Fall für August Häberle (German Edition)
so,
als habe er noch eine beiläufige Nachfrage: »Wie war noch mal ihr Geburtsname?
Der fehlt uns nämlich in unseren Akten.«
Der
Klinik-Chef sah nach und rückte seine Lesebrille zurecht. »Platterstein,
geboren in Bad Waldsee – und zuletzt wohnhaft – aber
das dürften Sie ja wohl wissen – in Wernau bei Plochingen.«
43
Chefinspektor Grantner hatte
den Plastikbeutel in den Kofferraum seines Fahrzeugs gelegt, das vor dem
Campingplatz stand, und war zum Wohnwagen Astors gegangen. An der Deichsel des
Anhängers lehnte ein verstaubtes Fahrrad, daneben standen eine graue Gasflasche
und eine Bierkiste mit leeren Flaschen. Grantner ging durchs weit geöffnete
Vorzelt und klopfte an die Tür, worauf sofort ein braun gebrannter Mann
erschien. Er beäugte den unerwarteten Besucher kritisch und besah sich den
vorgehaltenen Dienstausweis. Für einen Moment schien es, als versteinerte sich
seine Miene, doch dann setzte er ein gekünsteltes Lächeln auf. »Ein
Chefinspektor besucht mich – welche Ehre. Ich kann mir
denken, worum es geht. Kommen Sie rein.«
Grantner
stieg in den Wagen, wo Astor eifrig damit begann, auf dem Tisch mehrere Akten,
den Laptop und eine Kaffeetasse beiseitezuschieben. Die Luft war abgestanden,
es roch nach kaltem Fett. Das Bett im Heck des Wagens machte einen ziemlich
unordentlichen Eindruck.
»Sie
kommen wegen Frau Waghäusl«, begann Astor selbstbewusst. »Ziemlich schlimme
Sache. Hat uns alle, die wir sie kennen, ziemlich betroffen gemacht.«
Grantner
hatte seine gesamte Leibesfülle zwischen Rückenpolster und Tischkante der
kleinen Sitzecke gezwängt und überlegte, wie lang dieser Mann wohl schon in
seinem Caravan hauste. »Sie sind längere Zeit hier?«, fragte er deshalb.
»Ich
hab meinen Wagen hier fest abgestellt, falls Sie das meinen. Die meiste Zeit
des Jahres verbringe ich hier. Als Versicherungsagent und Anlageberater.
Heutzutage ist es doch egal, wo man sein Büro hat – Hauptsache, es gibt eine Internetverbindung.«
Schon
wieder einer, der am Computer hing, seufzte Grantner in sich hinein. Die Welt
musste völlig verrückt geworden sein. »Und Ihr Beruf macht dies möglich?«,
fragte er.
Astor
hob beschwichtigend die Unterarme. »Ich weiß, was Sie jetzt denken. Ein
Versicherungsmensch, der die Leute abzockt. Stimmt’s?«
»Von
Vorurteilen halte ich nicht viel«, erwiderte Grantner kurz. »Für mich zählt nur
der Mensch und das, was er tut. Und wenn ich Ihnen jetzt ein paar Fragen
stelle, dann auch nur, weil wir das Umfeld der Frau Waghäusl kennen müssen, um
einordnen zu können, ob es Anhaltspunkte geben könnte, die auf das, was
geschehen ist, schließen lassen.«
»Ich verstehe Sie voll und ganz, Herr Chefinspektor.
Möchten Sie einen Kaffee?«
Grantner lehnte angesichts des vielen ungespülten
Geschirrs, das sich auf dem Küchenblock stapelte, dankend ab.
»Ich weiß inzwischen, womit sich Frau Waghäusl
beschäftigt hat, und dass sie einer Gruppe angehörte, die sich regelmäßig hier
in den Bergen trifft. Es geht um … «, er rang nach Worten, »um grenzwissenschaftliche
Themen.«
»Das
haben Sie jetzt aber fein ausgedrückt«, lobte Astor. »Manche hier reden von
Satans- oder Hexenkult und halten uns für ein bisschen plemplem.«
Grantner
zog eine Augenbraue hoch und meinte süffisant: »Solang Frau Waghäusl in der
Seilbahngondel keinen Dämon getroffen hat oder einen Engel der Finsternis, oder
wie man das auch bezeichnen mag – so lang können S’ da ob’n
mach’n, was Sie woll’n.«
»Nichts
von alledem geschieht da oben. Das kann ich Ihnen versichern – auch
wenn ich zugeben muss … «, er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor seinem
bunten T-Shirt, »… ja, auch wenn ich zugeben muss«, wiederholte er, »dass wir
tatsächlich schon mal versucht haben, mit Verstorbenen in Kontakt zu treten.«
»Ach?«,
staunte Grantner jetzt ehrlich überrascht. »Und darf man fragen, mit welchem
Erfolg?«
Astor
zuckte vielsagend mit den Schultern. »Das ist schwer zu sagen. Wissen Sie,
früher hat man das mit Tische rücken oder irgendwelchen Karten versucht.
Heutzutage nimmt man technische Hilfsmittel, wie etwa ein elektronisches
Aufzeichnungsgerät, das man in der Stille der Nacht laufen lässt, um
irgendwelche Geräusche oder sogar Stimmen zu hören.«
»Und
das ist Ihnen gelungen?«
Astor
atmete ein paar Mal schwer durch. »Wie soll ich das sagen? Es gibt immer
irgendwelche Interferenzen oder wie man das nennen möchte, dass man
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