Grauzone: Der 13. Fall für August Häberle (German Edition)
man inzwischen
zugeschüttet hat.«
Linkohr
verstand nicht so recht, was dies mit dem Gewölbekeller zu tun hatte. Er wollte
die Erzählungen Frau Landaus aber nicht unterbrechen.
»Was
dort in den Stollen alles produziert oder ausgebrütet wurde, darüber schweigt
man sich aus. Sie wissen ja selbst: Die Kriegsgeneration hat später nicht gern
darüber gesprochen.«
Linkohr
nickte, obwohl dies in der Dunkelheit nicht zu sehen war. »Sie wissen, den
Nazis hat man allerlei nachgesagt. Da war ja immer auch von einer Superwaffe
die Rede.«
Sie zögerte und richtete den Lichtstrahl noch einmal auf
die besagte Steinreihe. Nachdem ihre Worte verhallt waren und es für ein paar
Sekunden totenstill war, erzählte sie langsam weiter: »Es soll hier in dieser
Stadt eine Gruppe gegeben haben, die sich mit sogenannten PSI-Phänomenen
befasst hat.«
Linkohr
versuchte sich krampfhaft daran zu entsinnen, wo er diese Bezeichnung schon
einmal gehört hatte.
Frau
Landau bemerkte seine Ratlosigkeit. » PSI – diese
drei Buchstaben P-S-I stehen für paranormale Ereignisse. Muss man nicht
wissen, hat mir alles diese Professorin erklärt.«
Linkohr
kam sofort ein Fall in den Sinn, den er vor Jahr und Tag mit Häberle bearbeitet
hatte, als sie sich ganz intensiv mit der Relativitätstheorie hatten
auseinandersetzen müssen – ein Fall, der bis heute rätselhaft geblieben war und sich über
weite Strecken als Trugschluss erwiesen hatte. Ihn fröstelte plötzlich, als sei
ein undefinierbarer kalter Luftzug aufgekommen.
Frau
Landau fuhr fort: »Aus dieser Zeit, so wird offenbar gemunkelt, soll es ein
Gerät oder eine Maschine geben, mit der der Nachweis für Gedankenübertragung zu
erbringen ist.« Um gleich gar nicht den Verdacht aufkommen zu lassen, sie
glaube an Hokuspokus, fügte sie rasch an: »Solche Gerüchte jedenfalls will die
Frau Professor herausgefunden haben, ohne natürlich behaupten zu wollen, dass
es so was gibt. Ihr Interesse gilt nur der Frage, ob tatsächlich an so einer
Vorrichtung herumexperimentiert wurde. Und wenn ja, wie sie ausgesehen hat.«
Linkohr
war für einen Moment sprachlos. Mit allem hatte er gerechnet, nur mit so etwas
nicht. »Aber wer diese Gruppe war, die sich damit beschäftigt haben soll – das
weiß niemand mehr?«
»Frau
Platterstein hat versucht, auch dies herauszufinden. Aber wie das so ist bei
solchen Dingen: Jeder kennt irgendetwas vom Hörensagen, verweist wieder auf
einen anderen, der es wiederum von einem anderen weiß. Auch die vorherigen
Besitzer dieses Hauses haben keinerlei konkrete Hinweise. Sie sagen allerdings,
dass sie in diesen chaotischen Wochen und Monaten nach dem Kriegsende nie hier
runtergekommen seien, weil dieser Teil des Kellers schon seit den 20er Jahren
nicht mehr genutzt wurde.« Die Blumenhändlerin ließ den Lichtstrahl auf den
Boden sinken, um den Raum indirekt zu beleuchten, ohne Linkohr zu blenden. »Ich
befürchte nur«, erklärte sie weiter, »dass so ein Gerücht schnell zu wilden
Spekulationen ausufern kann, wenn erst einmal etwas davon an die Öffentlichkeit
dringt.«
»Und
vorletzten Samstag, als diese Veranstaltung im oberen Keller war, hat man aber
nicht darüber geredet?«, bohrte Linkohr weiter.
»Ich
hab nichts davon gehört. Außer, dass sich Frau Platterstein ganz intensiv mit
einer Dame darüber unterhalten hat, die wohl eine gute Bekannte von ihr war.«
»So?«,
zeigte sich Linkohr interessiert.
»Fragen
Sie mich aber bitte nicht, wie sie heißt. Ich könnte sie Ihnen nicht einmal
beschreiben. Ich hab nur mal im Vorbeigehen gehört, dass sie einen leichten
Schweizer Akzent hatte.«
»Eine
Schweizerin?«
»Wahrscheinlich
nicht wirklich – aber vielleicht jemand, der schon lange Zeit in der Schweiz
wohnt.«
»Sagt
Ihnen der Name Waghäusl etwas?«
»Waghäusl?
Nein, nie gehört.«
48
Häberle hatte schon viel von
diesem Mann gehört. Er galt nicht nur als ein weithin anerkannter
Unfallforscher, sondern war auch ein begnadeter Jazzmusiker, der sich mit
seiner Band im ganzen süddeutschen Raum einen Namen gemacht hatte. Dr. Joachim
Beier hatte sich als Schwabe in München niedergelassen und sogar den dortigen
Dialekt angenommen, der bekanntermaßen bundesweit einen besseren Klang hatte
als das Schwäbische. Beier war seiner Heimatstadt Geislingen trotzdem treu
geblieben und leitete an der Hochschule das Institut für forensisches
Sachverständigenwesen. Häberle hatte mit Erleichterung festgestellt, dass er sich an
diesem Wochenende
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