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Grave Mercy Die Novizin des Todes

Grave Mercy Die Novizin des Todes

Titel: Grave Mercy Die Novizin des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: LaFevers Robin L
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Regel, die besagt, dass ich nicht gleichzeitig Wache halten und lauschen kann.
    Die Wand ist genauso dick wie die letzte, an der ich zu lauschen versucht habe, daher gehe ich direkt zum Fenster und hocke mich auf das Sims. Das Murmeln der Stimmen ist hier stärker, obwohl ich alle Mühe haben werde zu erklären, warum ich mich beim Sticken aus dem Fenster lehne, sollte zufällig jemand hereinkommen. Trotzdem, ich weiß, dass die Äbtissin einen vollen Bericht über die Gespräche wird haben wollen.
    Kanzler Crunard eröffnet mit seiner tiefen, dröhnenden Stimme die Versammlung. Irgendjemand will wissen, warum diese unerwartete Sitzung einberufen wurde, und wegen der Art, wie seine Stimme mich nervös macht, bin ich mir sicher, dass es Marschall Rieux ist.
    »Ich habe diese Sitzung einberufen.« Annes Stimme ist leicht zu erkennen. »Aber ich werde es dem gnädigen Herrn Duval überlassen, die Gründe zu erläutern.«
    Als Duval Nemours’ Angebot erklärt hat, kommt es zu einem kleinen Aufruhr im Raum.
    »Wie konnte das geschehen?«, fragt Madame Dinan, als sei es eine Katastrophe und kein Glücksfall. »Es hat keinen Gesandten aus Nemours gegeben.«
    »Nicht offen, nein«, erwidert Duval. Seine Worte lösen noch mehr Entrüstung beim Rat aus.
    »Warum ist Nemours zu Euch gekommen?«, fragt Marschall Rieux, dessen Eitelkeit und Selbstherrlichkeit durch diesen Bruch des Protokolls ernsthaft verletzt werden. »Ihr seid hier nicht der Regent; hört auf, Euch wie einer zu benehmen. Oder ist es das, woraufIhr aus seid?«
    »Wenn er nach der Regentschaft greifen wollte, bezweifle ich, dass er dies vor uns ausbreiten würde«, bemerkt Hauptmann Dunois.
    »Genug«, sagt Kanzler Crunard, und sie alle verstummen. »Dies sind gute Neuigkeiten für unsere Herzogin und unser Land, lasst uns das nicht vergessen. Wie viel Hilfe wird Nemours mitbringen?«
    »Dreitausend Soldaten und fünfzehnhundert Landsknechte.«
    Es folgt ein langes, quälendes Schweigen. »Gewiss macht Ihr einen Scherz«, meint Marschall Rieux schließlich.
    »Das sind nicht annähernd so viele, wie d ’ Albret angeboten hat«, bemerkt Madame Dinan.
    »Madame.« In Annes Stimme liegt ein schwaches Zittern. »Wie ich häufiger gesagt habe, als ich zählen kann: Ich werde ihn nicht zum Mann nehmen. Er ist über die fünfzig hinaus und bereits Großvater.« Sie spricht nicht aus, dass er hässlich und grob ist und dass ihre Haut sich in seiner Nähe so anfühlt, als würde sie sich vom Fleische schälen wollen, aber ich weiß, dass es so ist.
    »Aber er bringt verglichen mit Nemours’ schäbigem Angebot eine Armee mit!«, sagt Rieux erregt. »Eine Armee, die wir brauchen werden, um uns gegen die Franzosen zu behaupten.«
    »Lasst uns abstimmen«, schlägt Crunard vor. »Wer ist dafür?«
    Anne ist die Erste, die »Ja« antwortet, aber Duvals »Ja« belegt einen guten zweiten Platz.
    »Nein«, sagt Rieux, gefolgt von Madame Dinans leiserem »Nein«.
    Es entsteht eine Pause, dann ergreift Hauptmann Dunois das Wort. »Es tut mir leid, Euer Hoheit, aber als Hauptmann Eurer Armee muss ich darauf hinweisen, dass wir ohne d ’ Albrets Soldaten an unserer Seite zusätzliche Verbündete finden müssen, und bisher hatten wir kein Glück, andere auf unsere Sache einzuschwören. Aber als Vater kann ich nicht umhin, froh zu sein über diese neueste Entwicklung.«
    »Kanzler?«, fragt Anne. »Was sagt Ihr? Wie werdet Ihr in dieser Angelegenheit stimmen?«
    »Ich bin hocherfreut über diese neue Entwicklung«, erwidert Crunard. »Obwohl sie ihre eigenen Probleme schafft. Trotzdem stimme ich mit Ja.«
    Ich stoße einen Seufzer der Erleichterung um der Herzogin willen aus. Gerade als Duval daran erinnert, dass mit niemandem über Nemours’ Angebot gesprochen werden darf, nehme ich hinter mir ein schwaches Geräusch wahr. Ich reiße gerade rechtzeitig den Kopf herum, um zu sehen, wie der Riegel hochgehoben wird.
    Mit einer schnellen Bewegung ziehe ich meinen langen Dolch aus der Knöchelscheide und durchquere den Raum, um mich hinter die Tür zu stellen.
    Sie öffnet sich einen Spaltbreit, versperrt mir für einen Moment die Sicht und hält mich zwischen Tür und Wand gefangen. Wieder Madame Hivern, frage ich mich. Oder vielleicht François?
    Oder vielleicht Sybella, denn warum ist sie in Guérande, wenn nicht um unsere Herzogin zu beschützen?
    Beinahe so, als spüre der Eindringling, dass ich in meiner Wachsamkeit nachlasse, stößt er mir die Tür gegen den Leib. Ich fluche,

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