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Grave Mercy Die Novizin des Todes

Grave Mercy Die Novizin des Todes

Titel: Grave Mercy Die Novizin des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: LaFevers Robin L
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stört die Heiligkeit der Kapelle. »Ich hätte nicht gedacht, Duvals Cousine in Trauer neben einem niederen Wollhändler aus Kastilien zu finden.«
    Steif wende ich mich zu dem Grafen um. Ich habe ihn nicht mehr gesehen seit meinem Versuch, ihn auf ein Todesmal hin zu untersuchen, und ich wappne mich, unsicher, ob ich Spott oder Wut erwarten soll. Ich finde keins von beidem. Stattdessen glitzert in seinen dunklen Augen unheiliger Schalk. Ich kann nicht umhin, mich zu fragen, ob es seine Hand war, die Nemours gestoßen hat. »Gewiss keine Überraschung.« Ich halte den Kopf gesenkt, als widerstrebe es mir, von meinen Gebeten abzulassen. »Ich wurde im Kloster großgezogen, und man hat mich gelehrt, die Toten zu ehren und um Gnade für sie zu beten.« Ich blinzele unschuldig. »Seid Ihr ebenfalls gekommen, um zu beten?« Ich weiß ganz genau, dass es nicht so ist. Aus welchem Grund er auch gekommen ist, es ist gewiss kein Gebet.
    »Ich fürchte, ich wurde überwältigt von morbider Neugier, Demoiselle«, gesteht d ’ Albret mit einem Anflug von Scham. »Ich gebe zu, dass mich dieser arme Kaufmann fasziniert, der in unserer schönen Stadt den Tod gefunden hat. Außerdem«, fährt d ’ Albret fort, »glaube ich nicht recht an Unfälle.« Er sieht mich vielsagend an. »Oder an Zufälle.«
    »Ah«, erwidere ich. »Dann habt Ihr und mein gnädiger Herr Duval etwas gemeinsam.«
    An der Tür zur Kapelle bemerke ich eine Bewegung, und die Herzogin und ihre Gouvernante treten ein. Ich mache einen tiefen Knicks. »Euer Hoheit.«
    Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass d ’ Albret eine flüchtige Verbeugung macht. »Meine liebe Herzogin«, sagt er. »Seid Ihr ebenfalls gekommen, um für einen niederen Wollhändler zu beten? Gewiss ist er über seinen Rang hinaus gesegnet.«
    Die Herzogin sieht in d ’ Albrets unverschämte Augen. »Ich würde für jede arme Seele beten, die unter meinem Dach den Tod gefunden hat.« Ihre Stimme ist voller Tadel. »Und Ihr, mein Herr?«
    D ’ Albret zuckt die Achseln und lässt die Arme sinken. »Ertappt! Meine Motive sind nicht annähernd so edel wie die Euren.«
    Die Herzogin wechselt geschickt das Thema. »Ich bin neugierig zu erfahren, warum Ihr Euch heute nicht den anderen zur Jagd angeschlossen habt.«
    D ’ Albrets Augen suchen unter halb geschlossenen Lidern Annes Blick, und der Affront, der in diesen Augen liegt, lässt mein Herz schneller schlagen. »Sie jagen keine Beute, die mich interessiert.«
    Die Herzogin erbleicht; die Finger, mit denen sie ihr Gebetbuch umklammert, werden weiß. Meine Hand, die auf dem Dolch in meinem Gewand versteckt ist, verkrampft sich ebenfalls, und ich stelle mir vor, wie es sich anfühlen würde, d ’ Albret abzustechen wie ein Schwein.
    Vielleicht spürt er meine Gedanken, denn er macht eine weitere knappe Verbeugung. »Ich werde Euch Euren Gebeten überlassen.«
    Immer noch bleich nickt die Herzogin, und d ’ Albret verlässt uns. Anne wendet sich an Madame Dinan. »Ihr könnt ebenfalls gehen. Ich weiß, Ihr habt nichts übrig für diese Aufgabe, die ich mir vorgenommen habe. Ich werde mit Demoiselle Rienne beten.«
    Und obwohl klar ist, dass ihre Gouvernante nicht hier sein möchte, will sie die Herzogin noch weniger meinem Einfluss aussetzen. »Aber, Euer Hoheit …«
    »Verlasst uns.« Die Stimme der Herzogin duldet keinen Widerspruch. Nach einem kurzen Zögern, währenddessen Groll über Madame Dinans hübsches Gesicht gleitet, macht sie einen Knicks und verlässt den Raum. Als sie fort ist, dreht die Herzogin sich zu mir um. »Sie mag Euch nicht.«
    »Sie denkt zweifellos, dass Ihr nicht in der Gesellschaft von Duvals zweifelhafter Cousine allein gelassen werden solltet, Euer Hoheit.«
    Ein befriedigtes Lächeln umspielt ihre Lippen, und mir wird plötzlich bewusst, wie sehr sie es genießt, die Wünsche ihrer aufdringlichen Gouvernante zu vereiteln. Dann verschwindet das Lächeln. »Also, warum seid Ihr hier?«
    »Ihr glaubt nicht, dass ich gekommen bin, um für die Seele des Mannes zu beten?«
    »Oh, ich glaube, dass Ihr betet, aber ich muss mich fragen, ob es etwas anderes ist, das Euch hierherführt.«
    Der bretonische Hof – nein, sämtliche Königreiche Europas – würden gut daran tun, diese Herzogin nicht zu unterschätzen. »Es gibt noch etwas, das mich herführt, Euer Hoheit.« Ich schaue auf Nemours’ reglose Gestalt hinab. »Habt Ihr gewusst, dass er tiefe Gefühle für Euch gehegt hat? Nicht nur für Euer Reich oder Eure Macht,

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