Grave Mercy Die Novizin des Todes
Mitstreitern zu helfen, wird er in der Tat lernen, Wunden zu versorgen, und er wird lernen, gut zu nähen, wenn auch nicht hübsch. Jetzt haltet uns nicht länger auf.«
Langsam kehre ich zum Bett zurück, setze mich hin und drehe ihm den Rücken zu. Ich fühle mich innerlich hohl und rufe mir ins Gedächtnis, dass es kaum von Belang ist, was Duval von mir denkt. In der Tat, vielleicht wird sein Abscheu mir helfen, die Barriere wider aufzurichten, die einst zwischen uns stand. Die Worte, die er gesprochen hat, als wir das Kloster verließen, hallen in mir wider: »Mir scheint, dass der Umstand, dass Ihr durch einen der alten Heiligen gezeugt wurdet, eine Abstammung aus einer Klasse für sich bedeutet. Einer Klasse, die durch den Adel ebenso unberührbar ist, wie der Adel unberührbar ist von Rübenbauern.« Er mag solche abgehobenen Ideale vorgeben, aber es ist eine ganz andere Sache, mit eigenen Augen zu sehen, welche Male eine solche Herkunft hinterlässt.
Ich versteife mich, während er mein Mieder aufschnürt. Es fällt nach vorn, und ich fange es mit beiden Händen auf und drücke es wie einen Schild an mich.
Es folgt ein Rascheln, als er einen Dolch aus seinem Gürtel nimmt. Das reißende Geräusch, als er mein ruiniertes Leibchen durchschneidet, ist laut in dem stillen Raum, und die Berührung von Luft auf meinem feuchten Rücken lässt mich erschauern. Ich umklammere die vordere Seite meines Gewandes und wappne mich gegen das, was gewiss als Nächstes geschehen muss.
Die Stille dehnt sich unendlich in die Länge, und ich fühle mich schmerzlich an die grässliche Stille erinnert, als Guillo meinen Rücken sah. An seine Furcht, seine Wut und seinen Abscheu. Ich zwinge mich zu atmen.
»Ah«, sagt Duval. »Das ist es also, was ich nicht sehen sollte. Arme Ismae.« Seine Stimme ist sanft und zärtlich wie eine Liebkosung. Ich drücke die Schultern durch und starre geradeaus. »Wie seid Ihr dazu gekommen?«, fragt er.
»Das ist die Stelle, an der das Gift der Kräuterhexe mich verbrannt hat, als meine Mutter versuchte, mich aus ihrem Schoß zu verstoßen.«
Als er meine Schulter berührt, unterdrücke ich einen Aufschrei der Überraschung und meine Haut bebt unter seinen Fingern. Langsam streicht er über meine Narbe. Sie ist aufbesondere Weise empfindlich, und Wonne überläuft meine Haut, so intensiv und unerwartet, dass es sich anfühlt, als habe der Flügel eines Engels mich berührt.
Ich kann nur mit Mühe verhindern, dass ich vom Bett aufspringe und wegrenne.
Duval, der das vielleicht spürt, beginnt mit leiser Stimme zu sprechen. »Narben sind nichts, wofür man sich schämen muss, Ismae.«
Ich sehne mich danach, über seine sanften Worte zu lachen, sie ihm ins Gesicht zurückzuschleudern und zu behaupten, dass es mir gleich sei, was er denkt. Aber es ist mir nicht gleich. Es ist mir viel wichtiger, als es das sein dürfte, und seine Akzeptanz untergräbt noch meinen letzten Verteidigungswillen.
»Wir werden das auswaschen müssen«, murmelt er, und obwohl ich diese praktische Aufgabe willkommen heiße, bin ich, als er sich vom Bett erhebt, hin und her gerissen zwischen Erleichterung und Enttäuschung.
Er gießt Wasser aus einem Krug in ein flaches Becken und bringt es zum Bett. Nachdem er das Becken auf seinen Schoß gestellt hat, taucht er ein Stück Leinen in das Wasser. In sanften, wirkungsvollen Strichen wischt er das Blut aus meiner Wunde. Es ist eine praktische, nüchterne Berührung, ganz so, wie Schwester Serafina es machen würde, wenn sie mich versorgte. Trotzdem sind alle Nerven meines Rückens hochempfindlich. Jeder Zoll meiner Haut, jeder Wirbel meines Rückgrats und selbst meine Narbe scheinen Vergnügen an seiner Berührung zu finden. Die ganze Welt gerät völlig in den Hintergrund, sodass dies alles ist, woran ich denken kann.
Ich schließe die Augen und versuche, diesen Zauber zu durchbrechen, den er webt. »Habt Ihr Narben, gnädiger Herr?«
»Oh ja.« Er nimmt das Tuch von meinem Rücken und wringt es in der Schale aus. »Eine habe ich im Dienst meines gnädigen Herrn Vaters empfangen und eine andere im Dienst an meiner Schwester.« Er berührt mit dem angefeuchteten Leinen meinen Rücken, und ich erschauere. Ich möchte mich in diese Berührung hineinschmiegen, möchte mich an ihn lehnen, möchte spüren, wie seine Wärme mich umschlingt. Stattdessen zwinge ich mich, mich von ihm zu lösen. »Ich bin mir sicher, dass die Wunde inzwischen sauber ist.«
Er presst die Hand
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