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Grave Mercy Die Novizin des Todes

Grave Mercy Die Novizin des Todes

Titel: Grave Mercy Die Novizin des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: LaFevers Robin L
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widerstrebt mir, mich wie eine Dirne zu kleiden. »Ich denke nicht, dass das funktionieren wird«, rufe ich; es ist mir zu peinlich, hinter dem Wandschirm hervorzukommen.
    Schon ist Schwester Beatriz da, wedelt meine unbeholfenen Finger zur Seite und schnürt das Mieder selbst. »Es ist perfekt. Es wird die Aufmerksamkeit eines jeden Mannes erregen, so dass sich niemand die Mühe machen wird zu beobachten, was deine Hände tun. Jetzt komm mit mir, Schwester Arnette wartet schon in der Waffenkammer. Hier sind deine Schuhe und dein Umhang. Ich werde dir das Haar machen, wenn sie mit dir fertig ist.«
    Obwohl die Waffenkammer verglichen mit Schwester Beatriz’ Ankleideraum karg ist, ziehe ich sie bei Weitem vor. Sie ist sogar einer meiner Lieblingsräume im Kloster. Neben Messern und Dolchen in jeder Größe und Form findet man hier Wurfscheiben, die benutzt werden, um aus einiger Entfernung zu töten. Armbrüste aller Dimensionen hängen von den Dachsparren, und Reihen von Bolzen liegen auf Tabletts ausgebreitet. Würgedrähte hängen an Haken, ebenso alle möglichen ledernen Gurte und Scheiden, um die Waffen an unseren Körpern zu verbergen. In der Luft liegt ein scharfer metallischer Geruch, der sich mit dem Duft von Gänsefett vermischt, das zum Polieren der Klingen benutzt wird.
    Schwester Arnette ergreift meine Hand und zieht mich zu einer Wand hinüber, die vollkommen mit Messern behängt ist. Sie wirft einen schnellen Blick auf meine engen Ärmel. »Da drunter werden wir niemals Klingen verstecken können. Hier.« Sie wirft mir eine Knöchelscheide zu. Als ich mich bücke, um sie umzulegen, fallen mir meine weiblichen Reize fast aus dem Mieder. Merde.
    Sobald die Knöchelscheide festsitzt, bekomme ich ein dünnes, mit Juwelen bedecktes Stilett. Ich lasse es vor Überraschung fast fallen. »Ist das schön!«
    »Es ist in Venedig der letzte Schrei. Aber das hier wird heute Nacht deine Hauptwaffe sein.« Sie fördert ein fein geschmiedetes Armband zutage, das aussieht wie schwere, goldummantelte Kordeln, die man wieder und wieder umeinandergeschlungen hat. Sie umfasst die Enden, dann zieht sie, und die goldenen Stränge entpuppen sich als Spirale, die nun ein Stück dünnen tödlichen Draht enthüllt.
    »Du brauchst nur zu einer Umarmung die Hände um seinen Hals zu legen. Wenn du dich schnell genug bewegst, wird er erst merken, was geschieht, wenn es viel zu spät ist. Wenn nötig, könntest du es sogar in einem schummrigen Winkel eines überfüllten Raums tun.«
    Sie lässt das Armband wieder zurückfedern und reicht es mir. Ich streife es mir übers Handgelenk.
    Schwester Beatriz mustert mich nachdenklich. »Vielleicht sollte ich ihre Brustwarzen mit rotem Ocker pudern.«
    »Schwester!« Ich bin echt schockiert. Annith hat mich gewarnt, dass Schwester Beatriz ziemlich schamlos ist, aber ich habe zu viele ihrer Stunden verpasst, um diese Seite von ihr zu kennen.
    »Stell dich nicht so an.« Sie tut mein Unbehagen mit einer knappen Handbewegung ab und wendet sich an Schwester Arnette. »Wenn sie die Arme so hebt« – die alte Nonne hebt ihre, als lege sie sie jemandem um den Hals –, »wird ihr Mieder aufklaffen. Da Venezianerinnen ihre Brustwarzen pudern, sollten wir mit ihren das Gleiche tun, meint Ihr nicht auch? Damit die Tarnung vollständig ist?«
    Schwester Arnette schenkt mir ein mitfühlendes Grinsen. »Ich denke, wenn er ihre Brustwarzen erblickt, wird es keine Rolle spielen, ob sie gepudert sind oder nicht. Er wird binnen Sekunden tot sein.«
    Es ist Schwester Arnette, die mich in das Sanktuarium des Klosters führt, wo Schwester Vereda residiert, und ich bin froh darüber, denn ich habe Schwester Beatriz herzlich satt. An der Tür der Seherin tätschelt die Nonne meinen Arm. »Viel Glück«, sagt sie, und ich weiß nicht, ob sie mir Glück für meinen Auftrag heute Abend wünscht oder für meinen Besuch bei der uralten Nonne. Schwester Arnette geht, und ich drehe mich wieder zur Tür um. Bevor ich auch nur anklopfen kann, ruft jemand: »Komm herein.«
    Ich trete in die Räume der Seherin, die so dunkel und warm sind wie ein Mutterschoß. Ein Kohlebecken spendet ein schwaches rötliches Licht. Schwester Vereda braucht kein Licht, aber ihre alten Gelenke mögen die Wärme. Ich spähe in die Dunkelheit und versuche, sie besser zu sehen. Sie legt ihren unter einer Haube steckenden Kopf zur Seite und mustert mich mit ihren blinden Augen. Es ist beunruhigend. »Komm näher«, verlangt sie.
    Ich taste mich

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