Grave Mercy Die Novizin des Todes
tun konnte. Und während Ihr und Euer Heiliger Euch dafür interessiert, Vergeltung zu üben, interessiere ich mich für Informationen, die unser Land aus diesem elenden Loch, in dem wir uns befinden, herausführen können.«
»Ihr wolltet sie befragen.« Der energische Tonfall der ehrwürdigen Mutter offenbart nicht, ob sie bedauert, seine Pläne gestört zu haben.
Duval nickt. »Ich bin mir sicher, dass diese Marionetten uns mit dem richtigen Anreiz zu dem Meister hätten führen können, der an ihren Fäden zieht.«
Crunard beugt sich, plötzlich wachsam, auf seinem Stuhl vor. »Gewiss kommen sie doch vom französischen Regenten?«
»Vielleicht«, sagt Duval vorsichtig. »Aber er arbeitet mit jemandem am Hof zusammen, und ich würde gern wissen, wer das ist.«
Crunard breitet die Hände mit einer einladenden Geste aus. »Wollt Ihr Euren Verdacht mit uns teilen?«
»Nicht zu diesem Zeitpunkt.« Duval spricht leise, aber seine Weigerung ist trotzdem außerordentlich brüskierend.
Crunard erholt sich als Erster. »Gewiss wollt Ihr nicht andeuten, dass wir nicht vertrauenswürdig sind?«
»Ich deute nichts dergleichen an, aber es wäre unklug, wenn ich irgendeinen Verdacht äußern würde, ohne hinreichende Beweise zu haben. Bedauerlicherweise« – er bedenkt mich mit einem weiteren vernichtenden Blick – »zerstört jemand ständig meine Beweise.«
Den Mund nachdenklich geschürzt, steckt die Äbtissin die Hände in ihre Ärmel. »Wie, schlagt Ihr vor, korrigieren wir das? Sollen wir Euch jedes Mal zu Rate ziehen, wenn der Heilige uns bittet zu handeln?«
Duval fährt sich mit der Hand durchs Haar und dreht sich zum Fenster um. »Nicht unbedingt. Aber wir müssen eine bessere Methode finden, unsere Bemühungen aufeinander abzustimmen. Wegen der Taten Eurer Novizin sind der Herzogin wertvolle Informationen entgangen.«
Ich habe das Gefühl, geohrfeigt worden zu sein. »Könnten ihr wertvolle Informationen entgangen sein«, korrigiere ich ihn leise.
Er sieht mich überrascht an. »Wie bitte?«
Ich beuge mich willig meinem Gott und meiner Äbtissin, aber ich will verdammt sein, wenn ich mich diesem Mann beuge. Ich hebe den Kopf und suche seinen Blick. »Ich sagte, es könnten ihr Informationen entgangen sein. Es ist nicht sicher, dass diese Männer über irgendwelche wichtigen Informationen verfügt haben.«
Er kommt auf mich zu und tritt so dicht vor mich hin, dass ich den Kopf in den Nacken legen muss, um in seine zornigen Augen zu blicken. Er legt die Hände auf die Armlehnen meines Stuhls und nagelt mich so fest. »Aber wir werden es nie erfahren, nicht wahr?« Seine Stimme ist sanft und spöttisch, und er ist so nah, dass ich seine Worte auf der Haut spüre.
»Duval!« Die ehrwürdige Mutter durchbricht unser angespanntes Schweigen in scharfem Ton. »Hören Sie auf, meine Novizin einzuschüchtern.«
Er errötet und stößt sich von meinem Stuhl ab.
»Ich war nicht eingeschüchtert«, murmele ich leise.
Er sieht mich wütend an, sagt jedoch nichts. Ein kleines Muskelzucken beginnt unten an seinem Kinn. Er wendet sich an Kanzler Crunard. »Erklärt es ihnen. Erklärt ihnen, wie heikel das Gleichgewicht ist. Und dass jede kleine Information die Macht hat, dieses Gleichgewicht zu beeinflussen.«
»Er braucht es mir nicht zu erklären«, erklärt die Äbtissin scharf.
Crunard breitet die Hände aus. »Dann wisst Ihr, dass es wahr ist. Die kreisenden Geier werden kühn. Der Regent von Frankreich hat verboten, dass Anne zur Herzogin gekrönt wird. Es ist der Wunsch unserer Feinde, sie zu Frankreichs Mündel zu machen, damit sie die Bretagne für sich fordern können. Sie fordern außerdem das Recht zu entscheiden, wen sie heiraten wird.«
Duval beginnt, auf und ab zu gehen. »Spione sind überall. Wir können sie kaum alle im Auge behalten. Die Franzosen schicken permanent Gefolgsleute an unseren Hof, was einige der angrenzenden Länder beunruhigt.«
Crunard fügt hinzu: »Ganz zu schweigen davon, dass ihre Anwesenheit es unmöglich macht, Anne ohne ihr Wissen als unsere Herzogin zu salben. Aber bis wir ihr vor ihrem Volk und der Kirche die Krone auf den Kopf gesetzt haben, sind wir verwundbar.«
Ich kann nicht umhin, Mitgefühl mit der armen Herzogin zu haben. »Gewiss gibt es irgendeinen Ausweg aus dieser Misere?«
Ich habe die Frage an die Äbtissin gerichtet, aber es ist Duval, der antwortet. »Ich werde einen mit bloßen Händen schmieden, wenn es sein muss«, erklärt er. »Ich schwöre,
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