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Grave Mercy Die Novizin des Todes

Grave Mercy Die Novizin des Todes

Titel: Grave Mercy Die Novizin des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: LaFevers Robin L
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atmend einen letzten Stoß, und der leblose Körper fällt aus dem Fenster. Es folgt ein Moment der Stille, dann ein dumpfer Aufprall, als der Tote in den wartenden Wagen fällt. Ich spähe gerade rechtzeitig hinaus, um zu sehen, wie der Fahrer die Zügel schnalzen lässt und die Pferde in Bewegung setzt.
    Ich weiß nicht, wohin er den Leichnam bringen wird oder was er tun wird, um ihn verborgen zu halten, aber das ist nicht meine Aufgabe.
    Mit gerötetem Gesicht und zittrig nach meiner Begegnung mit Martels Seele sehne ich mich danach, mich in einen der Sessel zu setzen und mich zu sammeln. Oder auf die Knie zu fallen und um Verständnis zu beten. Aber ich muss zu Crunard zurückkehren, damit wir gehen können.
    Ich stoße mich von der Wand ab und gehe auf die Tür zu, da höre ich draußen im Flur Schritte. Zu spät! Es kommt jemand. Baron Lombard vielleicht? In der Hoffnung, Martel zu treffen?
    Ich versuche nachzudenken. Soll ich ihn verführen oder ihn töten? Natürlich würde ich es vorziehen, ihn zu töten, aber das kann ich nicht – es sei denn, er versucht, mich zu töten, oder ich sehe das Todesmal.
    Der Riegel der Tür wird angehoben, und ich ziehe mich einige Schritte zurück, umfasse meine Arme und ziehe die Schultern nach vorn; ich schlüpfe bereits in die Rolle, die ich spielen muss. Einmal mehr steigt Erwartung in mir auf. Vielleicht ist es aber auch Panik.
    Als die Tür sich öffnet, rufe ich aus: »Jean-Paul? Weshalb hast du so lange gebraucht? Ich hatte fast aufgegeben – oh. Ihr seid nicht Jean-Paul«, sage ich anklagend.
    »Nein«, erwidert er, dann schließt er die Tür leise hinter sich. »Der bin ich nicht, aber vielleicht kann ich trotzdem etwas für Euch tun«, erbietet er sich.
    Und in der Tat, er ist nicht Jean-Paul und auch nicht Baron Lombard. Dieser Mann ist viel größer als der Baron, und wo Lombard fett geworden ist, besteht dieser Herr ganz aus geschmeidigen Muskeln. Sein kostbarer brauner Umhang wird von dem silbernen Blatt des heiligen Camulos gehalten, des Schutzheiligen der Schlacht und der Soldaten. Darunter trägt er ein schmuckloses schwarzes Wams, das in seiner Schlichtheit sehr elegant ist. Er tritt weiter in den Raum hinein, und mich beschleicht das Gefühl, in der Falle zu sitzen. Voller Angst vor dem, was seine scharfen grauen Augen in meinem Gesicht sehen werden, verschränke ich die Arme, sodass sich meine Brüste verlockend heben. »Da Ihr nicht Jean-Paul seid, denke ich nicht, dass Ihr mir helfen könnt.« Noch während ich spreche, betrachte ich forschend sein Gesicht, seinen Hals und bete, dass das Mal mir erlauben wird, ihn umzubringen. Aber da ist keins. Oder zumindest keins, das ich sehen kann.
    »Aber ich bin hier, und er ist es nicht.« Der Mann lässt seine Blicke – so dunkel und wechselhaft wie Sturmwolken – über meinen Körper gleiten, doch da ist keine Hitze. Sein scharfen Augen lassen von mir ab und richten sich auf das Fenster.
    Ich trete einen Schritt näher, um ihn abzulenken. »Ah, aber ich möchte Jean-Paul nicht hintergehen, mein Herr, selbst wenn Eure Reize zahlreich sind.« In Wahrheit ist er weniger reizvoll als gefährlich, und ich würde alles sagen, um seine Aufmerksamkeit von diesem Fenster abzulenken.
    Beinahe so, als lese er meine Gedanken, geht er aufs Fenster zu und späht nach draußen. Ich halte den Atem an. Mortain, mein Angebeteter, bitte, mach, dass der Wagen schon aus dem Innenhof gefahren ist!
    Der Blick des Mannes flackert zu mir zurück und geht mir durch und durch. »Ihr verletzt mich, Demoiselle. Ich bin mir sicher, ich könnte Euch dazu bringen, Jean-Paul vollkommen zu vergessen.«
    Ich spiele noch immer die Kokotte und lege den Kopf schräg, aber irgendetwas stimmt nicht. Er sagt die richtigen Worte, doch seine Augen passen nicht zu seinem flirtenden Gehabe. Ein tiefer Ton der Warnung erklingt in mir. »A-Aber ich will ihn gar nicht vergessen«, sage ich, als sei ich gekränkt.
    Er macht drei riesige Schritte auf mich zu, und sein ganzes Benehmen verändert sich, als er mich an den Schultern packt. »Genug mit den Spielchen. Wer seid Ihr? Was tut Ihr hier?«
    Ich tue so, als sei ich Wachs in seinen Händen, schwach oder verängstigt. »Ich könnte Euch das Gleiche fragen. Wer seid Ihr, und was tut Ihr hier?«
    »Gavriel Duval. Und wenn Ihr auf eine Tändelei aus seid, kann ich Euren Wunsch erfüllen.« Er zieht mich näher an sich, sodass ich seine Körperwärme spüren kann, er riecht schwach nach irgendeinem Gewürz.

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