Grave Mercy Die Novizin des Todes
abermals zustoßen kann, hat uns ein anderer Mann erreicht.
Ich ducke mich tief, um seinem Kurzschwert auszuweichen, und wirbele aus seiner Reichweite. Nocturne wiehert, als die Klinge mich verfehlt und ihr die Flanke aufschneidet.
Eine heiße Welle des Zorns schlägt über mir zusammen, und ich richte mich zu meinem nächsten Hieb auf, aber meine Faust öffnet sich vor Schmerz, als der Tritt eines der Männer sein Ziel findet. Mein Messer fällt klappernd auf die Pflastersteine.
Zwei Männer bewegen sich auf mich zu, lautlos, aber unerbittlich, während ihr Gefährte sich auf dem Boden windet, die Hand auf den Leib gepresst, damit seine Eingeweide nicht auf die Straße quellen.
Ich greife durch den Schlitz in meinem Rock, und meine Hand schließt sich um den glatten silbernen Griff. Als ich die Reliquie herausziehe, lacht der Bandit zu meiner Linken über die Winzigkeit meiner Waffe.
Ich lächele.
Ein Kratzer, hat die Äbtissin gesagt. Nur ein winziger Kratzer. Und obwohl es mir widerstrebt, eine so ehrenvolle Waffe bei zwei Männern wie diesen einzusetzen, bin ich mir sicher, dass Mortain mir verzeihen wird, da es uns gestattet ist, zur Selbstverteidigung zu töten.
Ich nehme Kampfhaltung ein.
Der Mann spuckt einen Mundvoll Blut aus, dann kommt er mit gezücktem Kurzschwert auf mich zu. Merde, aber er ist dumm. Denkt er wirklich, ich werde einfach hier stehen und darauf warten, aufgespießt zu werden?
Ich ducke mich unter der auf mich zuschnellenden Klinge durch, lasse mich auf den Boden fallen und erwische im Vorbeirollen seinen Knöchel. Als ich mich auf die Knie aufrichte, steht ein verwirrter Ausdruck auf seinem Gesicht. Er hört auf, sich zu bewegen, und sinkt langsam zu Boden, wie eine Marionette, deren Schnüre durchschnitten wurden. Da ist ein Flattern seiner hinübergehenden Seele, aber es verschwindet schnell.
Die Augen seines Gefährten weiten sich angesichts dieses unheimlichen Tricks. Wenn er klug ist, wird er wegrennen, aber er ist nicht klug. Er gerät in Panik und greift an. Ich hechte zurück und bringe die Reliquie zwischen uns. Sie trifft seine knochigen Fesseln, nur ein Kratzer, aber er versteift sich, dann schaut er von seinem Schnitt zu meinem Gesicht.
»Gegen eine von Mortains Töchtern kannst du nicht gewinnen«, flüsterte ich. Dann sinkt auch er zu Boden, als mache er einen tiefen Knicks. Ein weiteres Flattern einer Seele, dann nichts mehr. Ich bin irritiert, weil kein Kontakt mit ihren Seelen zustande kommt, und frage mich, ob das bei der Reliquie ein weiteres Gnadengeschenk ist, dass die Opfer ihre Todesgedanken für sich behalten.
Das Geräusch von Stahl, der über Stein kratzt, lenkt meine Aufmerksamkeit wieder auf Duval. Drei seiner Angreifer sind am Boden; den vierten hat er gegen die Mauer getrieben. Als ich näher komme, schaut der Bandit in meine Richtung. Es ist nur eine winzige Unachtsamkeit, aber Duval nutzt die Abgelenktheit des Mannes, um seine Verteidigung zu durchbrechen und ihn mit dem Knauf seines Schwertes auf den Kopf zu schlagen. Die Augen des Mannes rollen in ihren Höhlen nach oben, und er gleitet zu Boden.
»Dich werde ich mir für ein Verhör aufsparen«, sagt Duval, dann richtet er seine Aufmerksamkeit auf mich. »Seid Ihr verletzt?«
Ich senke den Blick und sehe, dass eine der Klingen den Stoff meines Kleides durchschnitten hat. Eine schwache rote Linie zeigt sich in der Haut meines Arms. »Nur ein Kratzer. Und Ihr?«, frage ich, weil es mir höflich erscheint.
»Mir geht es gut«, antwortet er schroff. Sein Blick wandert an mir vorbei zu den drei Männern, die ich getötet habe. »Jesses Maria!« Er eilt zu ihnen hinüber und kniet sich hin, um ihren Puls zu fühlen. »Alle drei tot«, erklärt er.
»Ich weiß.« Ich versuche, mir meinen Stolz nicht anmerken zu lassen. Ein Gefühl des Triumphs rast durch meine Adern, und mir ist fast schwindelig davon. Ich habe drei Männer bezwungen, und obwohl die Prüfung härter war als jede Prüfung des Klosters, habe ich mit Bravour bestanden. Besser noch, ich habe genauso gut gekämpft wie Duval. Ich frage mich, wie ich meine Nachricht an die Äbtissin formulieren soll, ohne so zu klingen, als würde ich prahlen.
»Was ist mit Eurem Pferd passiert?«
Meine hochfliegende Laune verpufft, als Duval diese Frage stellt. Ich wirbele herum, entsetzt, Nocturne auf dem Boden liegen zu sehen; ihre glatte schwarze Flanke ist schweißnass und hebt und senkt sich wie ein Blasebalg. »Sie hat nur einen Kratzer
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