Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grave Mercy Die Novizin des Todes

Grave Mercy Die Novizin des Todes

Titel: Grave Mercy Die Novizin des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: LaFevers Robin L
Vom Netzwerk:
und ein Lächeln, das pure Herablassung ist, erscheint in ihren Zügen. »Kommt mit, meine Liebe.« Sie hakt mich unter und beginnt mich den Flur entlangzuführen, weg von beiden Türen. »Sicher wisst Ihr, dass die beste Art, einen Mann zu verlieren, darin besteht, Jagd auf ihn zu machen?« Sie tätschelt meine Hand. »Erlaubt mir, die Geheimnisse unseres Gewerbes mit Euch zu teilen.«
    Ich habe alle Mühe, mich daran zu hindern, Ihre beunruhigende Vermutung zu korrigieren. Noch weniger traue ich diesem plötzlichen Wohlwollen von ihrer Seite. »Madame sind zu freundlich.« Ich bin erfreut zu hören, dass in meinen Worten kein Hauch von Ironie mitschwingt. In Wahrheit ist das Letzte, was ich will, ein Rat von Duvals Mutter darüber, wie man eine gute Mätresse ist. Doch vielleicht kann ich die Situation zu meinem Vorteil wenden und die Gelegenheit nutzen, mehr über Duval zu erfahren.
    Die Erinnerung an sein erschüttertes Gesicht an dem Abend, an dem sie gestritten haben, blitzt kurz vor meinen Augen auf, und mir wird übel angesichts meiner eigenen Hinterhältigkeit, Salz in die offene Wunde zu streuen. Nichtsdestotrotz, Misstrauen ist der Grund, warum ich hier bin, und ich weiß genau, was die ehrwürdige Mutter von solch irregeleiteten Skrupeln halten würde.
    Ohne die Edelleute und Höflinge zu beachten, die sich in Grüppchen im großen Salon aufhalten, geht Madame Hivern in eine Ecke abseits der anderen. Als wir allein sind, mustert sie mich. »Also.« Sie legt ihre anmutigen Hände in den Schoß. »Woher stammt Ihr, meine Liebe, und wie habt Ihr Gavriel kennengelernt?«
    Ich senke den Blick – ein junges Fräulein vom Lande würde sicherlich nervös sein – und beginne die Hände auf dem Schoß zu ringen. »Meine Familie lebt in bescheidenen Verhältnissen, Madame, und Ihr würdet sie ohnehin nicht kennen.«
    Sie legt den Kopf anmutig schräg, aber ihr Lächeln ist so brüchig wie Glas. »Wie habt Ihr Euch dann kennengelernt?«
    Halte dich dicht an die Wahrheit, um der Lüge Gewicht zu verleihen, das wurde uns im Kloster eingetrichtert. »In einer Taverne in der Nähe von Brest.« Ich vertraue Duval nicht ganz, aber seiner Mutter traue ich noch weniger, und ich werde ihr ganz gewiss nicht seine Geheimnisse auf einem Tablett servieren.
    Ihr Gesicht erbleicht, und sie prallt ein wenig zurück, als sei sie gerade geschlagen worden. »Bitte, sagt mir, dass Ihr nicht das Schankmädchen wart.«
    »Nein«, erwidere ich, sorgfältig darauf bedacht, nicht zu lächeln. »Ich war auf der Durchreise, weil ich für meine Familie etwas zu erledigen hatte.«
    Ich beobachte, wie sie im Geiste die Küstenlandschaft um Brest herum durchgeht und versucht herauszufinden, welche Angelegenheiten Duval dorthin geführt haben könnten. Nach einigen Sekunden ist ihre hübsche Maske wieder da. »Ihr müsst mir verzeihen«, beginnt sie, »aber mein Sohn hat bis jetzt so konsequent allein gelebt, dass ich kaum weiß, wie ich Eure Anwesenheit werten soll.«
    Ich mache meine Augen groß und unschuldig. »Aber, Madame, offensichtlich seid Ihr einander entfremdet, also hat er vielleicht solche Beziehungen Euch gegenüber einfach nicht erwähnt.«
    Ihr Mund wird hässlich und flach bei dieser unverfrorenen Erinnerung, aber sie verkneift sich eine Erwiderung, als ein Diener ein Tablett mit gewürztem Wein vor uns hinstellt. Als der Mann wieder geht, hat sie sich gefasst. Ich greife nach einem Weinkelch, und sie beugt sich vor und wechselt das Thema. »Nicht alle Männer sind gleich, wisst Ihr. Bei jemandem wie Gavriel würde ich vorschlagen, hochmütig zu wirken und ihn nicht allzu sehr zu verfolgen. Er könnte das eher erdrückend als charmant finden.« Ihre Worte sind scharf, aber ihre Stimme ist süß, wie Honig auf der Schneide einer Klinge. Ich tröste mich mit dem Wissen, dass es, falls Duval sich je von mir erdrückt fühlt, daran liegen wird, dass ich ein Kissen auf sein Gesicht halte und Mortain seine Seele empfehle.
    Sie runzelt die Stirn und fährt fort zu plappern. »Warum habt Ihr überhaupt gedacht, es sei eine gute Idee, ihn heute hierher zu verfolgen? Ist es das, was Mädchen in dem Dorf, aus dem Ihr kommt, tun?«
    »Ich habe ihn nicht verfolgt, Madame, sondern lediglich versucht, ihm eine Nachricht zu überbringen. Sie kam, nachdem er heute Morgen aufgebrochen war, und ich dachte, ich überbringe sie ihm persönlich.«
    Madame Hivern hebt in gespieltem Entsetzen die Hände. »Ihr seid seine Geliebte, nicht seine Dienerin.

Weitere Kostenlose Bücher